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Buch-Tipps 2020/05 – Florian Heigenhauser

Untertitel
Popmusik, Harmonielehre
Publikationsdatum
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Reinhard Amon: Funktionelle Harmonielehre. Lehr- und Handbuch zur Funktionstheorie und Funktionsanalyse. +++ Dirk Zuther: Popmusik aneignen. Selbstbestimmter Erwerb musikalischer Kompetenzen von Schülerinnen und Schülern.

Reinhard Amon: Funktionelle Harmonielehre. Lehr- und Handbuch zur Funktionstheorie und Funktionsanalyse. Universal Edition UE26337

Historischer Abriss, Würdigung, Handbuch, Arbeitsbuch und ein – gewollt oder auch vielleicht teils ungewollt – immer präsenter, immanenter Diskurs über die Sinnhaftigkeit einer nicht unumstrittenen Methode: So ließen sich die Hauptaspekte des vorliegenden Bandes umreißen. Dank seiner ausgewiesenen Expertise gelingt es dem Autor, sowohl die große Entwicklungslinie der theoretischen Grund­überlegungen und deren Evolution, als auch die konkret-fokussierende analytische Bezugnahme auf zahlreiche Beispiele aus der Musikliteratur des „durmoll-tonalen Zeitalters“ überzeugend darzustellen. Hierbei erzeugen die explizit spürbare Nicht-Objektivität des Autors gegenüber dem Sujet und der „prophylaktische“ Einbezug einschlägiger Kritikpunkte an der funktionsanalytischen Sichtweise der Dinge eine Art „dialektischen Charme“, dem man sich als Leser nicht entziehen kann. Die funktionsharmonische Bezugnahme auf Ravels „Pavane“ – um nur ein Beispiel zu nennen – offenbart trotz der korrekten Zuweisung der Klänge im Rahmen der Methode die Schwächen der auf harmonische Progression eingeengten Perspektive und lässt dadurch die eher durch eine linear-modale Konzeption geprägte Harmonik umso plastischer hervortreten. Denn gerade dadurch wird klar gemacht: Jede Methode kann nur ein möglicher Weg zum besseren Verständnis künstlerisch-energetischer Prozesse im Kunstwerk sein. Ein Erkenntnisprozess dieser Art dürfte einer landauf-landab gerne praktizierten monothematischen Militanz, respektive einer Schützengrabenideologie in jedem Fall vorzuziehen sein. In diesem Sinne erfolgt hier – nicht nur für die Novizen in der funktionsharmonischen Welt – eine eindeutige Leseempfehlung: Lesen, lernen und sich im Dissens reiben, sowie im Konsens bestätigt fühlen.

Dirk Zuther: Popmusik aneignen. Selbstbestimmter Erwerb musikalischer Kompetenzen von Schülerinnen und Schülern, Bielefeld, transcript 2019, 524 S., e 59,99, ISBN: 978-3-8376-4843-0

Die Arbeit intendiert eine grundsätzliche Verlagerung des über lange Zeiträume dominierenden Fokus wissenschaftlicher Auseinandersetzung mit Popmusik auf strukturelle und verwertungsbezogene Aspekte hin zu möglichen alternativen Fragestellungen. Zuthers Ansatz befasst sich mit dem selbstgesteuerten Kompetenzaufbau im kreativen wie ausübenden Umgang mit Popmusik. Neben der auf Interviews und informellen Gesprächen gründenden Hauptstudie und der Bezugnahme auf ihre musikpädagogische Relevanz findet man eine umfassende Darstellung des relevanten Forschungsstandes, interessante Einblicke in spezifische Bereiche popmusikalischer Produktionsvorgänge sowie ein Interview mit Volker Schütz, einem der Wegbereiter der Popmusikdidaktik der letzten Jahrzehnte in Deutschland. Wer jenseits der Legendenbildung wirklich genauer wissen will, wie sich die Entwicklungsverläufe von Popmusikerbiographien verstehen beziehungsweise interpretieren lassen: Hier böte sich die ultimative Gelegenheit zur Vertiefung.

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