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Umringt von seinen Bewunderinnen und Bewunderern: Lothar Knessl.  Foto: Wladimir Fried
Umringt von seinen Bewunderinnen und Bewunderern: Lothar Knessl. Foto: Wladimir Fried
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Die Bewegung hört nicht auf

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Konzert für Lothar Knessl zum 85. Geburtstag
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Die Wegstrecke, die Lothar Knessl durchmessen hat, ist unvergleichlich weit dimensioniert. Dass er der Musik im weiten Feld die Präferenz einräumt, mag man dabei fast als akzessorisch ansehen. Und es gibt Eckpfeiler, die diesen Weg umfrieden und abstecken. Am 15. April 2012 feierte Lothar Knessl seinen 85. Geburtstag.

Die Wiener Konzerthausgesellschaft lud aus diesem Anlass zu einem Festkonzert, welches sich konzeptionell von so manchem anderen erfreulich abhob. Die Musik rückte ins zweite Glied sozusagen, und alles, was gesagt werden wollte, bekam seinen Platz, bevor diese erklang. Und zu sagen gab es einiges. Sven Hartberger, der Intendant des Klangforum Wien, überraschte mit einem Gedicht Knessls, als müsse er den Beweis dafür liefern, dass der Jubilar bei der Angabe seiner (zuletzt ausgeübten?) Berufe den des Dichters verschwiegen habe. Das ließ sogleich aufhorchen, denn Informationen solcher Art dürften wohl nur für kulturelle Verantwortungsträger von Interesse sein. 

Nun gehört Knessl nicht zu den Personen, die sich reichlich und gern dekorieren lassen. Die Verleihung des „Ehrenkreuzes für Wissenschaft und Kunst“ anlässlich dieses Festkonzerts würdigt in der Endkonsequenz den Universalisten, der wie kaum ein Anderer das österreichische Musikleben formte. Zu seinen Verdiensten gehört, neben den vielen an diesem Abend noch genannten, insbesondere das Engagement für die Neue Musik. 

Er zeichnet sich verantwortlich für so ungemein wichtige Institutionen wie das mica (music information center austria) und begleitete wohlwollend das Klangforum Wien. Das von Beat Furrer gegründete Ensemble („um Musik hören zu können, die sonst in Wien nicht gespielt wurde“, wie dieser einmal sagte) verweist in seiner Programmgestaltung für dieses Festkonzert zugleich auf Schnittpunkte. Furrer war Schüler von Roman Haubenstock-Ramati (von ihm erklang das höchste gläserne Sinnlichkeit ausstrahlende „Pluriel für Streichquartett“) und bekam einen engeren Bezug zur Musik von Feldman erst in gemeinsamer Arbeit mit dem Klangforum. Im Konzert war „Bass Clarinet and Percussion“ zu hören. Es ist die Schönheit der befreiten, der losgelassenen Zeit, die uns hier verzaubert. Auch Georg Friedrich Haas gehört zu diesem „hintersinnigen“ Programm, wie es Knessl bezeichnete – „Nach-Ruf…ent-gleitend“ –, in dem er seine Auseinandersetzung mit den Intervallen der Teiltonreihe fortsetzt und die „mikrotonale Intonation ausschließlich der Kontrolle der Interpret/-innen“ überlässt. 

„Zehn Märsche um den Sieg zu verfehlen“ von Mauricio Kagel schritten zum wirkungsvollen Abschluss des Programms, auch wenn die Wirkung der „akustischen Werkzeuge unserer Zunft“, wie Kagel notiert, die „hier waffenähnliche Aufputschmittel sind“, als ungefährlich erscheint. Dass Musik trotzdem Leben bedeutet, das unterstrichen die hochformatigen und Lust exerzierenden Musiker des Klangforums Wien. Bleibt nur, Lothar Knessl noch viele Jahre, angefüllt mit solch zwielichtigen Randnotizen gegen unsere hoffentlich erschütterliche Ruhe zu wünschen.

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