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Doppeltes Jubiläum in der Klaviermethodik

Untertitel
80 Jahre Werner Müller-Bech und 25 Jahre Saarbrücker Gesprächskreis
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Selten gibt es Gelegenheiten, in der Klaviermethodik ein Doppeljubiläum zu feiern: Der Saarbrücker Gesprächskreis feierte in diesem Jahr den 80. Geburtstag seines Begründers und Leiters Prof. Dr. Werner Müller-Bech und beging 25 Jahre nach Gründung des Gesprächskreis seine 50. Sitzung.

Das Doppeljubiläum war für den Gesprächskreis Grund genug, in einem Festakt zugleich Werner Müller-Bech zu ehren und an die Anfänge, wichtige Stationen im 25-jährigen Verlauf der Gespräche zur Klaviermethodik und -didaktik und an ihren Geist zu erinnern. Die Besonderheit dieses Gesprächskreises ist schon immer der Verzicht auf Vereinsorganisation, Internetauftritt und Kongressatmosphäre. Dafür treiben künstlerisch-pädagogisch-wissenschaftlich Lehrende der führenden Musikausbildungsstätten in deutschsprachigen Ländern regelmäßig die Klaviermethodik und -didaktik intensiv, in sorgfältiger gemeinsamer Themenauswahl und auf hohem Niveau in einer Art Klausurtagung voran.

Erfahrungsaustausch

1986 also hatte Werner Müller-Bech die Idee für die Saarbrücker Gespräche und lud die damaligen Vertreterinnen und Vertreter des Faches Klaviermethodik an Musikhochschulen und Konservatorien sowie darüber hinaus einen Vertreter der Musikermedizin sowie des Instrumentenbaus ein. Dieses Konzept traf wohl auf so fruchtbaren Boden, dass ein großer Teil der Lehrenden für Klaviermethodik den weiten Weg nach Saarbrücken zur ersten Sitzung auf sich nahm, unter ihnen die noch heute großen Namen des Fachs. Sie fühlten die Notwendigkeit, sich zu vernetzen, den Austausch von Erfahrungen, von wissenschaftlichen und praktischen Erkenntnissen zu fördern sowie die methodischen und didaktischen Inhalte des Faches wie auch das Fach selbst voranzutreiben. Dieser Geist hat sich bis heute auch nicht geändert. Seither trifft sich der Kreis regelmäßig zweimal im Jahr und überzeugte mehr und mehr Fachvertreterinnen und -vertreter. Eine Handvoll der ersten Teilnehmenden ist auch heute noch mit großem Interesse dabei. Deren Stellennachfolgerinnen und -nachfolger kamen hinzu sowie eine erfreuliche Anzahl von Lehrenden auf neu geschaffenen Stellen, sodass über die Jahre eine ausgeglichene Mischung der Generationen entstand. Dieses Gremium von höchst kompetenten, künstlerisch-pädagogisch und wissenschaftlich qualifizierten Fachleuten leitet seither auf sehr individuelle Weise und mit besonderem Geschick der promovierte und habilitierte Künstler – Pianist und heute auch Maler –, Pädagoge, Wissenschaftler und ehemalige Rektor der Saarbrücker Musikhochschule Dr. Werner Müller-Bech. Sein Führungsstil als Garant von kompetenter Arbeit und hochkarätigen Vorträgen ist geprägt zum einen von der Forderung nach Kontinuität der Anwesenheit, aber auch von dem sicheren Gespür für das Zulassen von Individualität und das Einräumen von genügend Zeit für die unterschiedlichen Themen und den anschließenden Diskussionsbedarf. Durch diese glückliche Mischung aus Freiraum und disziplinierter Arbeitsweise konnte gegenseitiges Vertrauen entstehen.

Die Themenauswahl – praxisorientierte, künstlerische und wissenschaftliche Forschungsthemen stehen hier gleichwertig nebeneinander – trifft auch heute noch der Kreis gemeinsam. Dabei gibt es große Themen, wie pianistische Bewegungslehre, Kommunikation im Klavierunterricht, kindgerechtes Instrument und andere, die dann über einen längeren Zeitraum aufgearbeitet werden, teilweise auch durch mehrere Referentinnen und Referenten aus dem Kreis, wie beim Thema Üben oder Klassenmusizieren. 

Bei vielen der hoch innovativen Präsentationen, teilweise mit musikalischem Vortrag, spielen das Vertrauen zueinander und die disziplinierte, aber feinfühlige Moderation eine wichtige Rolle. Das gilt im Besonderen für Vorträge zu noch in der Entwicklung befindlichen Themen wie beispielsweise zum „Wissenschaftsbegriff in der Instrumentalmusik“, die sich dann auch durch die konstruktive Kritik des Kreises weiterentwickeln. Fächerübergreifende Themen zur Musikermedizin wie zum Beispiel „Welcher Musiker wird krank?“ und „Neues zum Pianistenhirn“ oder „Der Computerflügel“ als Brückenschlag zum Instrumentenbau bringen die Teilnehmer auf den neuesten Kenntnisstand. Auch weitere aktuelle Themen wie „Kooperation zwischen Musikschule und allgemeinbildender Schule“ oder „Struktur des Studiums/Studieninhalte der Instrumentallehrerausbildung/Berufsfeld des Instrumentallehrers (Bachelor/Master)“ schaffen Sensibilisierung für eventuellen Handlungsbedarf. Hier bietet der Kreis Hilfe zur Beurteilung neuester Entwicklungen. Tendenzen können nach ausführlicher Diskussion im Extremfall auch in eine Resolution an die Adresse der jeweils Verantwortlichen münden. 

Spezialthemen

Auch Spezialthemen wie „Das Pedaltreten und seine Anatomie“, „Metronom – Möglichkeiten seiner Verwendung“, „Hochbegabte und hochsensible erwachsene Musiker“, „Varró-Bartók-Reschofsky“ oder „Chopin als Interpret und Lehrer“ haben ihren festen Platz. Bei aller Fülle an Themenangebot und -bedarf wird dabei eine Überfrachtung der Tagungen bewusst vermieden. Neben den Referaten sind die Möglichkeit zu Gesprächen im kleinen Kreis und das gemeinsame Erleben eines kulturellen Ereignisses fester Bestandteil der Saarbrücker Gespräche.

Typisch für den Kreis war daher auch der Jubiläums-Festakt mit individuellen, sprachlich-intellektuell und musikalisch-künstlerisch anspruchsvollen Beiträgen aller Anwesenden, die aber im Detail bis zuletzt für jeden eine Überraschung blieben. In den Festvorträgen wurde in immer neuen Aussagen umfassende Zustimmung zum Gründer und Leiter und zu Arbeitsinhalten, Diskussionskultur, Qualität und Nutzen für alle Teilnehmenden zum Ausdruck gebracht. Eingerahmt wurden diese von etlichen, teils eigens komponierten und arrangierten Konzertstücken zu zwei, vier, sechs und zwölf Händen. Der Saarbrücker Gesprächskreis hat nach seiner 50. Tagung allen Grund zur positiven Reflexion des Erreichten und zum Optimismus für die Zukunft.

 

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