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Von links: Moderator und nmz-Herausgeber Theo Geißler, MdB Christiane Schenderlein (CDU), Christian Höppner, der Generalsekretär des Deutschen Musikrates, Präsident des Deutschen Kulturrates und des Deutschen Tonkünstlerverbandes sowie Prof. Irmgard Merkt
Von links: Moderator und nmz-Herausgeber Theo Geißler, MdB Christiane Schenderlein (CDU), Christian Höppner, der Generalsekretär des Deutschen Musikrates, Präsident des Deutschen Kulturrates und des Deutschen Tonkünstlerverbandes sowie Prof. Irmgard Merkt
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Ethische Dimension der KI in den Künsten

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Ist die Wahrheit tot? Ein Gespräch im Leipziger Musik-Café über Künstliche und künstlerische Intelligenz
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Zu ethischen und kulturpolitischen Dimensionen der KI in den Künsten tauschten sich MdB Dr. Christiane Schenderlein (CDU), der Generalsekretär des Deutschen Musikrates und Präsident des Deutschen Kulturrates und des Deutschen Tonkünstlerverbandes Christian Höppner sowie Prof. Dr. Irmgard Merkt von der TU Dortmund aus. Es moderierte Theo Geißler.

Keine Angst vor KI – das rät Chris­tian Höppner. Die Entwicklung sei nicht aufzuhalten, entscheidend sei, wie man ihr begegne. Eine fundierte humanistische Bildung sei angesichts des Manipulationspotenzials wichtiger denn je. Vor allem die künstlerischen Fächer würden die Menschen befähigen, mit Unbekanntem umzugehen. Zweifelsohne gehen mit der KI viele Variablen einher – mit Blick auf Fake News und Deep­fakes formuliert Theo Geißler treffend: „Man könnte sagen, die Wahrheit ist tot.“ Das wirft die Frage nach Regulierungen auf.

CDU-Politikerin Christiane Schenderlein berichtet, dass aktuell erst einmal die Datengrundlage dafür geschaffen werde. Allerdings weist sie darauf hin, dass etwaige Regulierungen europaweit gedacht werden müssten, da die digitale Welt auch keine Grenzen kenne. Erschwerend hinzu komme die Tatsache, dass Europa im Vergleich zu den USA zum wiederholten Male Gefahr laufe, zu spät zu sein – die großen Tech-Unternehmen hätten ihren Sitz alle in den Vereinigten Staaten. Aktuell habe die EU den AI Act in Bearbeitung. In diesem Rahmen werde differenziert, wie risikobehaftet ein Bereich sei und wie stark man dementsprechend regulieren müsse. Kultur wolle man im Ranking sehr weit oben einsortieren – das sei auch die Forderung ihrer Partei. Denn die Gefahren für kulturelle Vielfalt und geistiges Eigentum seien zahlreich.

Ein Lösungsansatz für den Urheberschutz könnte die Angabe von Quellcodes sein. Doch die Möglichkeiten der Erfassung seien im Endeffekt begrenzt, die Authentizität ließe sich oft kaum mehr zurückverfolgen. So stelle sich die Frage, ab wann vielleicht auch mehr getan werden müsse. Auf der anderen Seite seien auch die Stimmen der Digitalisierungsfreunde zur Kenntnis zu nehmen: „Wenn wir anfangen, zu regulieren, dann findet europäische Kultur in diesen Plattformen nicht statt.“

Irmgard Merkt, die sich selbst als „digital naiv“ statt „digital native“ bezeichnet, bereichert die Runde mit ihrer optimistischen Perspektive auf die technischen Entwicklungen. Sie zeigt großes Interesse daran, KI nutzbar zu machen für Menschen mit eingeschränkten physiologischen Möglichkeiten. Bewegt erzählt sie von neu entwickelten Instrumenten und Programmen, von einer Frau, die durch Nicken mit dem Kopf in einem Streichquartett die Hauptmelodie von „Freude schöner Götterfunken“ übernehmen konnte. Auf diese Weise speise KI in ein Leben eine künstlerische Aktivität ein, die sonst nicht möglich wäre.

Der Deutsche Musikrat und alle Mitgliedsverbände seien laut Höppner vor allem darauf bedacht, die Chancen und Risiken in ein Verhältnis zu setzen.

An zwei Punkten sei Arbeit angesagt: Einerseits müsse man politisches Handeln einfordern, und zwar schnell. Höppner begrüßte es sehr, dass das Europäische Parlament schon eine entsprechende Empfehlung verabschiedet hat. Außerdem müsse man bewährte Prozesse der Meinungsbildung modifizieren und im Kern die Werte unserer Gesellschaft in das Zeitalter der künstlichen Intelligenz übertragen. „Die Musik spricht für sich allein. Vorausgesetzt, wir geben ihr eine Chance“, zitiert Höppner den ­Violinisten Yehudi Menuhin. Genau das müssten Zivilgesellschaft und Politik zusammen leisten.

O-Töne von der Buchmesse

Christiane Schenderlein: „KI ist der zentrale Begriff aktuell. Wir brauchen, wenn wir eine Regulierung schaffen wollen, eine europäische Regulierung, es bringt nichts, nur für Deutschland alleine etwas auf den Weg zu bringen.“

Christian Höppner: „Die künstlerischen Fächer in der allgemeinbildenden Schule, das sind die Kernfächer, die wir brauchen, um Menschen zu befähigen, auch mit Unbekanntem umzugehen.“

Irmgard Merkt: „Auf der einen Seite denke ich nach wie vor, KI reagiert nur auf Befehle. Bisher ist das jedenfalls so. Ohne dass einer auf den Knopf drückt und den Befehl gibt, wird KI bisher nicht tätig.“  ¢

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