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„Große Bäume brauchen Zeit um zu wachsen …“

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Nachruf zu Karl-Heinz Kämmerling
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Der Nestor der deutschen Klavierpädagogen schloss am 14. Juni nach längerer Krankheit für immer seine Augen. Seinen 80. Geburtstag im Mai 2010 hatte er noch vergnügt und mit großer Freude gefeiert, als die Hochschule für Musik, Theater und Medien Hannover (HMTMH) zu seinen Ehren ein Geburtstagskonzert veranstaltete. Nun begleiteten ihn seine Schüler wiederum mit einem Konzert, das am 15. Juli mit einer Auswahl seiner Lieblingswerke und persönlicher Worte in seiner Wirkungsstätte stattfand, auf seiner letzten Reise.

Der Beginn von Kämmerlings Laufbahn zeigte sich bereits beim Staatsexamen, das er mit Auszeichnung in Leipzig abschloss. Schon bald nach einer Tätigkeit an der städtischen Musikschule Braunschweig wurde er als Professor an die HMTMH berufen und war dort über vierzig Jahre als Leiter des Seminars, der Soloklassen und sechs Jahre als Vizepräsident tätig. Von 1989 bis 2009 lehrte er als Professor am Mozarteum in Salzburg und als Gastprofessor an der Musikuniversität in Zagreb. Sein Wirken setzte er außer-
dem als Juror bei den bedeutendsten internationalen Klavierwettbewerben fort. Er erhielt den Kunstpreis des Landes Niedersachsen, 1999 den Bundesverdienstorden 1. Klasse der Bundesrepublik Deutschland und im Jahr 2000 das Große Ehrenzeichen für Verdienste um die Republik Österreich.
„Generationen von Studierenden und jungen Pianisten lehrte, förderte und unterstützte er und prägte diese mit seinem außergewöhnlichen Talent entscheidend“, so Susanne Rode-Breymann, die Präsidentin der HMTMH über Karl-Heinz Kämmerling. 21 seiner ehemaligen Studenten sind weltweit als Professoren an Hochschulen und Universitäten tätig; über 100 nationale und internationale Preise und Auszeichnungen wurden bei den renommiertesten Klavierwettbewerben an seine Schüler vergeben, und aus Kämmerlings Schule gehen so bedeutende Pianisten hervor wie Lars Vogt, Ragna Schirmer, Alexej Gorlatch oder Alice Sara Ott.
Sein Anliegen war die Förderung hochbegabter Kinder und Jugendlicher, die er nicht nur mit der Gründung des Instituts zur Frühförderung musikalisch Hochbegabter an der HMTMH ins Leben rief, sondern vor allem in seinen Meisterkursen engagiert vertrat. Er unterrichtete seine Klaviertechnik und seine musikalischen Prinzipien in Asien und den USA, vor allem aber in Europa.
Seit über zehn Jahren hatte der TKV Bayern seinen Meisterkurs als festen Bestandteil im Fortbildungsprogramm, der jährlich in der Musikakademie in Alteglofsheim stattfand. Es war seine ganzheitliche Methode kombiniert mit Spannung, Sturm und Widerstand, die seine Schüler an ihm so schätzten und die sie so ausgezeichnet werden ließen. Er lehrte, spontan zu sein, niemals aufzugeben und an Träume zu glauben. „Ein Klavierstück zu üben, ist wie ein Garten, den man pflegen muss“, so Kämmerling und so war auch seine Devise „Große Bäume brauchen Zeit um zu wachsen“. Das Leben eines der bedeutendsten Klavierpädagogen des vergangenen Jahrhunderts ist zu Ende gegangen. Sein Lächeln in der letzten Reihe während des Vorspiels wird uns fehlen. 

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