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Dr. Dirk Hewig. Foto: Andrea Fink
Dr. Dirk Hewig. Foto: Andrea Fink
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Kreativ, kompetent, fair und liberal

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Dr. Dirk Hewig, der seit über 30 Jahren Bayerns Musikleben maßgebend gestaltet, wird 70
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„Es kommt in der Welt auf die Helfer an – und auf die Helfer der Helfer.“ Dieser Satz von Albert Schweitzer sagt auch viel über den außergewöhnlichen Beitrag Dirk Hewigs zum Musikleben in Bayern aus. Dirk Hewig sah sich als Helfer, er stand nicht im Rampenlicht wie viele der Künstler, deren Weg er ebnete, er blieb im Schatten der Minister, denen er als Ministerialrat mit seinem immensen Wissen zur Seite stand, er trat bescheiden, menschlich, rücksichtsvoll auf.

Doch hinter diesem Understatement des Ministerialbeamten verbirgt sich einer der kreativsten, durchsetzungsstärksten, künstlerisch offensten und liberalsten Musikpolitiker Bayerns, der keine Dogmen, Scheuklappen oder Präferenzen kannte, sowohl sich für Klassische Musik als auch für Popularmusik einsetzte, sowohl historische Aufführungspraxis förderte als auch zeitgenössischen Komponisten half, ihre Werke dem Publikum zu präsentieren. Er lernte den Musikern, die von Beruf wegen oft Individualisten und Einzelkämpfer sind, sich als Gruppe zu organisieren.

Damit half er Pädagogen, Komponisten, Interpreten, Pop- und Jazzmusikern, sich als kulturpolitische Größe zu etablieren, sich dadurch in die demokratischen Prozesse einzubinden und ihre Bedürfnisse öffentlich wahrnehmbar zu machen. Er vermittelte im Landtag den Politikern mit „seinen ruhig, sachlich, höflich und präzise vorgebrachten Sachkenntnissen“, wie Alexander L. Suder 2004 zum 65. Geburtstag von Dirk Hewig schrieb, soziale, pädagogische und künstlerische Anliegen der Musiker und erreichte, „dass die Abgeordneten in den Ausschüssen auch dadurch der Musik sehr positiv gegenüberstanden“. Doch so sachlich Dirk Hewig auftrat, so leidenschaftlich setzte er sich sein ganzes Leben für die Musik ein. Sie ist bis heute sein Lebensmittelpunkt.

Dass Dirk Hewig einmal das bayerische Musikleben über ein Viertel Jahrhundert lang gestalten wird, war ihm nicht in die Wiege gelegt worden. Im von Bayern aus gesehen fernen westfälischen Rheine wuchs er auf. Seine Interessen richteten sich zunächst auf Germanistik, Geschichte und Philosophie, Fächer, die er in Freiburg, Münster und München studierte. Die Liebe zu Büchern erfüllt ihn bis heute. Er ist außerordentlich belesen, kennt sich in der alten und der zeitgenössischen Literatur bestens aus, sein literarisches Urteil ist stets fundiert und von höchsten Ansprüchen geprägt. Antiquariate sind für ihn ein Refugium nach anstrengenden Verhandlungsmarathons im Ministerium gewesen.

Der Sammlung von Erstausgaben bedeutender Werke gilt seine besondere Liebe. Doch neben diesen schöngeistigen Fächern widmete er sich vor allem dem Jurastudium, das er mit der Promotion über ein rechtshistorisches Thema abschloss. Dieses Gleichgewicht von Geistes- und Rechtswissenschaft prägt den Juristen Dirk Hewig, der alles andere als ein Paragraphenkrämer ist, der vielmehr sein profundes juristisches Wissen für eine kreative Gestaltung des Musiklebens einsetzt.

Nach seinem Eintritt in den Staatsdienst arbeitete er zunächst in den Referaten für die Bayerischen Staatstheater, die Universitäten Würzburg und Bamberg und die Olympischen Spiele, war dann ein Jahr lang wissenschaftlicher Referent am Bayerischen Staatsinstitut für Hochschulforschung und -planung, um schließlich im jetzigen Bayerischen Staatsministerium für Wissenschaft, Forschung und Kunst Referatsleiter zu werden. Er war nun 21 Jahre lang zuständig für die Musikhochschulen, die Konservatorien und Berufsfachschulen für Musik, für die Bayerische Theaterakademie „August Everding“ und die allgemeine Musikförderung, einschließlich musikalischer Veranstaltungen und Festivals, für die Förderung der nichtstaatlichen Orchester und des musikalischen Nachwuchses. Dirk Hewig war in dieser Zeit maßgeblich beteiligt am Erlass der Bayerischen Musikschulverordnung, an der Errichtung der Hochschule für Musik Nürnberg-Ansbach, der kirchlichen Hochschulen Bayreuth und Regensburg, dem Auf- und Ausbau der Bayerischen Theaterakademie, an der Errichtung des Orff-Zentrums München und des Richard-Strauss-Instituts Garmisch-Partenkirchen. Unter seiner Federführung oder maßgeblichen Mitwirkung wurden zahlreiche wichtige Projekte in Bayern verwirklicht, etwa 1985 das Europäische Jahr der Musik, 1989 der 2. Bayerische Musikplan, 1990 das Jazzinstitut in Regensburg und die Bereitstellung der Mittel für einen Rockbeauftragten, 2000 die Initiative zur Gründung der Landesarbeitsgemeinschaft Alte Musik in Bayern, die Gedenkjahre für Carl Orff, Richard Strauss, Werner Egk und Josef Gabriel Rheinberger in Bayern, die „Rettung“ der „Bamberger Symphoniker“, des „Münchner Kammerorchesters“ und der „Münchner Symphoniker“. Auch im Ruhestand blieb Dirk Hewig als Präsident der Deutschen Mozart-Gesellschaft, als Mitglied im Präsidium des Bayerischen Musikrates, als stellvertretender Vorsitzender des Deutschen Tonkünstlerverbandes, des Bayerischen Volksbildungsverbandes und der Neuen Bachgesellschaft und als Vorsitzender des Kuratoriums der Richard-Strauss-Festspiele Garmisch aktiv.

Dass er sein umfassendes Wissen, seine Kreativität, seine Energie und seine außergewöhnliche Fähigkeit zur Integration einsetzte, um den Landesverband Bayerischer Tonkünstler sechs Jahre lang zu führen, war ein besonderer Glücksfall. Hartnäckig und mit großer Sachkenntnis kämpfte er dafür, dass die Privatmusiklehrer in die Ganztagesbetreuung einbezogen werden. Ein von ihm entwickeltes Zertifikat ermöglicht es Privatmusiklehrern, in Schulen zu werben, in öffentlichen Gebäuden Räume zu erhalten und bei der Ganztagesbetreuung mitzuarbeiten. Außerdem kann es gegenüber Behörden und Institutionen und zur Werbung genutzt werden. Bei den Plänen zu einem flächendeckenden Musikunterricht in Bayern erreichte Dr. Hewig, dass hier neben den Musikschulen auch die Privatmusiklehrer einbezogen werden. Im Auftrag des Deutschen Tonkünstlerverbandes kümmerte er sich um die schwierige Lage der Lehrbeauftragten an Musikhochschulen und Universitäten, die vielfach unter einer schlechten Bezahlung leiden. Er initiierte ein Netzwerk zwischen den Lehrbeauftragten, weckte in der Politik und an den Hochschulen das Bewusstsein für diesen ungerechten Zustand und erreichte erste Erfolge. Unter seiner Federführung konnten wichtige Projekte für die Neue Musik verwirklicht werden, so die Notenreihe „Neue Töne“ mit Neuer Musik für den Unterricht und der deutsch-polnische Wettbewerb für moderne Streichquartettmusik „Klangbrücke“. Mit dem 7. Bayerischen Tonkünstlerfest mit zentralen Konzerten in München, Augsburg und Würzburg und zahlreichen Konzerten der Orts- und Regionalverbände lenkte er 2008 zum 60-jährigen Bestehen des Verbandes die Aufmerksamkeit der breiten Öffentlichkeit auf die Arbeit der Bayerischen Tonkünstler. Dabei wurde nach außen deutlich, dass der Verband durch sein Wirken neue Stärke, Einfluss und Selbstvertrauen gewonnen hat.

Für seine zahlreichen Verdienste wurde Dirk Hewig vielfach geehrt: mit dem 1. Bayerischen Jazzpreis, der Carl Orff Medaille des Verbandes Bayerischer Sing- und Musikschulen, der Silbernen Mozart-Medaille der Internationalen Stiftung Mozarteum. Der Landesverband Bayerischer Tonkünstler wählte ihn zu seinem Ehrenvorsitzenden. Er, ebenso wie die ganze Bayerische Musikwelt, dankt Dirk Hewig dafür, dass er so Vieles gefördert und bewegt hat, und wünscht ihm zu seinem 70. Geburtstag Gesundheit, reichlich Muse für seine literarischen Interessen, für Musik und Reisen, und hofft, dass er noch lange dem bayerischen Musikleben mit seinem Rat, seiner Begeisterung und seinem beispielhaften menschlichen Format als Lotse durch schwierige Zeiten erhalten bleibt.

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