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Das 2000er-Album „Spiritual Machines“ wird nun als 20th Anniversary Auflage angeboten. Und es gibt einen wunderbaren Überblick, was Our Lady Peace an Potenzial zu bieten hatten.
Das 2000er-Album „Spiritual Machines“ wird nun als 20th Anniversary Auflage angeboten. Und es gibt einen wunderbaren Überblick, was Our Lady Peace an Potenzial zu bieten hatten.
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Mit der exakten Impfdosis fürs Volk – Neuerscheinungen der Popindustrie

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Vorgestellt von Sven Ferchow
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Es ist still geworden um Ryan Adams. Powderfinger waren zu Beginn der 2000er eine der fabelhaftesten Rockbands dieser Welt. Für jeden echten Rockfan ist ein Leben ohne The Black Keys unvorstellbar. Eddie Vedder verzückt mit der EP „Matter of Time“. Ebenfalls mit einer bezaubernden EP meldete sich Tori Amos zwischen den Jahren zurück. Das AC/DC Album „Power Up“. Kanadier Our Lady Peace gehören zu der Gattung „Band, die alles hatte, aber irgendwie den großen Wurf verpasste“. Mumford & Sons sind irgendwie immer einen Hördurchgang wert.

Es ist still geworden um Ryan Adams. Gut zwei Jahre ist es her, dass er sich massiven Vorwürfen über sexuelles Fehlverhalten gegenüber Frauen und Machtmissbrauch in seiner Partnerschaft ausgesetzt sah. Vorwürfe, die er letztendlich eingestand. Für die er sich entschuldigte. Das damals vor der Veröffentlichung stehende Album „Big Colors“ entrückte der Popwelt. Nun gibt es mit „Wednesdays“ ein neues Album. Ein sehr gedämpftes, ein sehr verletzliches Album. Nicht, dass Ryan Adams das vorher nicht konnte. Sehr viele Songs hat er in dieser Qualität abgeliefert. Meilensteine gesetzt. Sein Charisma gepflegt. „Wednesdays“ ist musikalisch ein absoluter Glanzpunkt. Mehr als zuvor kratzt Adams seine Seele zusammen. Ob das nun autobiografisch ist, ob er Läuterung, Buße oder Verzeihung in diesen Texten und Melodien sucht oder andient – man weiß es nicht. Reinhören sollte man unbedingt. Ob man ihn dabei mit seiner Vergangenheit in Ruhe lässt, muss dann wohl jeder selbst entscheiden. (Paxam)

Powderfinger waren zu Beginn der 2000er eine der fabelhaftesten – leider auch der ungehörtesten – Rockbands dieser Welt. Ihr moderner Riffrock mit knarzigen Schoten der 70er war eventuell der damaligen Zeit voraus. Empfehlenswert ist weiterhin das Album „Vulture Street“. Wer mal schwelgen möchte. Nun geben sie uns mit „Unreleased (1998–2010)“ das unveröffentlichte Brett zur Kostprobe. Und ganz ehrlich. Was die Jungs unveröffentlicht ließen, reicht bei vielen anderen für fünf Jahre Ruhm. Schade, dass das mit Powderfinger nie so richtig gefunkt hat. (Universal)

Für jeden echten Rockfan ist ein Leben ohne The Black Keys unvorstellbar. Deshalb sei als Erinnerung und Mahnung, wie Rockmusik geht, auf die „Anniversary“-Ausgabe von „Brothers“ in restaurierter Version aufmerksam gemacht. Allein der Opener „Everlas­ting Light“ verpflichtet zum Kauf. Stehen Sie dazu! (Nonesuch)

Pearl Jam Frontmann Eddie Vedder verzückt mit der EP „Matter of Time“, die allerdings nur digital zu erwerben ist und deren Erlöse einem guten Zweck zugeführt werden. Zu hören gibt es akustische Klassiker der Pearl Jam Ära und Coversongs. Darunter Bruce Springsteens „Growin’ Up“. Sicherlich eher eine Fan-Veröffentlichung, aber wer die sanglichen Qualitäten Vedders schätzt, bekommt mit der EP den Rock-Olymp. (Republic)

Ebenfalls mit einer bezaubernden EP meldete sich Tori Amos zwischen den Jahren zurück. Oder wieder mal. „Christmastide“ glänzt mit nachweihnachtlichem Mandelguss und brutzelndem Kastanienduft. Vier Songs zwischen positiver Depression, fragilen Wahnvorstellungen und grundsätzlichen Lebensfragen. Genial, diabolisch, verstörend. Für alle, die bereits im Januar eine Herausforderung suchen. (Decca)

Weniger herausfordernd natürlich und überraschenderweise: das AC/DC Album „Power Up“. Wie immer gilt es zu schreiben: Mei, ist halt AC/DC. Geiler Sound, geiler Beat, geiles Feeling. Songs wie „No man’s Land“ oder „System Down“ sind exakt die Impfdosis, die dem Volk verabreicht werden muss. Jedes weitere Wort wäre klischeehaft.  (Columbia)

Ebenfalls wie die zuvor erwähnten Powderfinger gehören die Kanadier Our Lady Peace zu der Gattung „Band, die alles hatte, aber irgendwie den großen Wurf verpasste“. Das 2000er-Album „Spiritual Machines“ wird nun als 20th Anniversary Auflage angeboten. Und es gibt einen wunderbaren Überblick, was Our Lady Peace an Potenzial zu bieten hatten. Das damalig oft bemüht wirkende Laut-leise-Spiel vieler Bands beherrschten Our Lady Peace nicht nur perfekt. Sie etablierten es. Unbewusst. Die süßen Refrains, die bitteren Strophen, die Abgründe. All das führte bei vielen Entdeckern der Band zu gern vollzogener Abhängigkeit. Leider gibt es Our Lady Peace nicht mehr. Leider wird es keine neue Musik mehr geben. Leider müssen wir hier in der Vergangenheit leben. Die war damals rosigste Zukunft. (Imports)

Mumford & Sons sind irgendwie immer einen Hördurchgang wert. Klar, die EP „Delta Tour“ bringt nichts Neues, dafür vitales Livefeeling und ein sehr brauchbares Cover von „With a little help from my friends“. „Delta Tour“ taugt ohne Zweifel für einen kleinen, zarten Ausblick auf bessere Zeiten. Mit Livemusik, grölenden Menschen und einem normalen Leben. (Island)

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