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Weihnachtstipps aus der nmz-redaktion. Foto: Hufner
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Musik hält einen am Leben

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Die Weihnachtsgeschenk-Tipps der nmz-Redaktion 2016
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Die Redaktion der neuen musikzeitung hat wieder einige Geschenktipps für Weihnachten herausgesucht. DVDs, CDs und Bücher von: Helge Schneider, Leonard Cohen, Deutscher Jugendkammerchor, Keith Jarrett, Otto Klemperer, Hans Zender, Henriette Pfaender, James Rhodes, Bálint András Varga. Da ist bestimmt das eine oder interessante Stück dabei.

Helge Schneider: Super Helges phantastisches Video-Sammelsurium! (Auftritte des deutschen Superstars). Die 11-DVD-Box von den 80ern bis heute! Turbine Home Entertainment 2016, Spielzeit über 28 Stunden, € 78,99

Helge Schneider öffnet seinen Videokeller und präsentiert über 28 Stunden historisches Material. 13 komplette Live-Shows von 1989 bis 2016 sowie Video-Zusammenschnitte des schrulligen Stars – kann man ihn Underground nennen bei seiner ungebrochenen Poularität? Natürlich kann man seine Hits wie „Katzeklo“, „Es gibt Reis, Baby“ oder „Sommer, Sonne, Kaktus“ hier ungestört vor dem Fernseher wieder erleben. Und man muss ja nicht 28 Stunden am Stück …
Ursula Gaisa

Leonard Cohen: You Want It Darker, Capitol (Sony Music)

Ausnahmsweise öffne ich – vorweihnachtlich aufgeweicht – meine heimliche sentimentale Musik-Kiste und rate zur Anschaffung eines sehr besinnlichen Albums als Geschenk: Leonard Cohens „You Want It Darker“ –wenige Wochen vor seinem Tod veröffentlicht – ist ein ahnungsvolles, dunkles meisterliches Testament. Der rauhe Sprech-Gesang des kanadischen Barden – diesmal etwas weniger süßlich als sonst gestützt von The Shaar Hashomayim Synagogue Choir – triebe einem, wäre man nicht so hartgesotten wie ich, durchaus Tränen in die Augen. Sensible, intelligente Texte und der wehmütig verführerische Cohen-Sound laden zum Druck auf die Repeat-Taste. Und wer es nicht so dunkel haben möchte, dem sei Leonard Cohens vorletzte CD anempfohlen:  „Popular Problems“ – 2014 veröffentlicht und auch schon sehr angenehm altersweise. Beide erschienen bei Sony-Capitol, und natürlich bei allen erdenklichen Streaming- und Kauf-Portalen sofort erhältlich.
Theo Geißler

Deutscher Jugendkammerchor: Nachtschichten (CD), Leitung: Florian Benfer, Carus Verlag

Viele Werke auf dieser CD (nicht alle) handeln vom Abend, von der Nacht, vom Schlaf. Von Gabriel Rheinberger über Fanny Hensel, Johannes Brahms und Maurice Ravel bis zu diversen neueren und zeitgenössischen Komponisten reicht das Repertoire, das der Deutsche Jugendkammerchor mit wunderschönen, klaren und jungen Stimmen eingesungen hat. Alles andere als „einschläfernd“, klingt diese Musik belebend und vermittelt einen guten Eindruck von der Qualität dieses großartigen Auswahlchores unter der Leitung seines Dirigenten Florian Benfer.
Barbara Haack

Keith Jarrett: A Multitude Of Angels (4 CDs), ECM 2005-03.

Vier Solo-Konzerte in Italien (Modena, Ferrara, Torino und Genova) führen an das Ende der großen langen Improvisationen am Stück von Keith Jarrett. Kaum viel später erkrankte er, danach gelangen ihm diese großen Bögen bislang nicht wieder. Jarrett hat die Konzerte mit seinem Equipment mitgeschnitten. Nach 20 Jahren finden sie den Weg in die Öffentlichkeit. Ein Hauch von Blässe ist wohl schon zu spüren, das Licht ist etwas gedimmt, ein Hauch von Schwermut lässt sich spüren. So etwas darf natürlich in keiner Jarrett-Sammlung fehlen.
Martin Hufner

Otto Klemperer’s Long Journey through His Times; Klemperer – The Last Concert. Two Films by Philo Bregstein. 2 DVDs, 2 CDs. Arthaus 109289

Annäherungen an einen Jahrhundertdirigenten: Anfang der 1970er Jahre hatte Philo Bregstein diese beiden Filme gedreht. Nun sind sie – im ersten Fall neu geschnitten, im zweiten um aktuelles Interviewmaterial ergänzt – in einer schönen, geschenkwürdigen Box erschienen. Der biografische Film lebt von den his­torischen Aufnahmen und Fotos und von den Erinnerungen damals noch lebender Zeitzeugen, darunter Ernst Bloch (das komplette Interviewmaterial mit ihm ist als Bonus verfügbar). Im Zentrum des zweiten Films stehen die Proben zu Klemperers letztem Konzert mit dem New Philharmonia Orchestra, dessen Mitschnitt auf einer Doppel-CD beigefügt ist. Wie der Maestro mit wenigen Ansagen und sparsamen Bewegungen für Brahms’ Dritte Klarheit, Dichte und Ausdruck erzeugt, ist frappierend zu beobachten.
Juan Martin Koch

Hans Zender: Denken hören – Hören denken, Verlag Karl Alber, 158 Seiten, € 20,-

Sein 80. Geburtstag am 22. November 2016 war der Anlass für ein neues Bändchen mit Aufsätzen von Hans Zender zur Musik unter der Überschrift „Musik als eine Grunderfahrung des Lebens“. Der Dirigent und Komponist Hans Zender ist ohne den Schriftsteller Zender nicht zu denken. Die neueren Aufsätze aus Zenders Hör- und Denktagebuch stehen im Dialog mit der Weliteratur – vom I Ging bis zu Nietzsche, von der Bibel bis zum Herz-Sutra. Alfred Brendel schreibt im Klappentext: „Zender weiß, dass Sprache der Musik nicht gerecht werden kann, sieht aber auch die Lage, in der sich ein heutiger Komponist befindet. Durch den Zusammenprall der Weltkulturen ist eine Simultaneität aller Arten von Musik entstanden“.
Andreas Kolb

Henriette Pfaender: Vom Zuhörradio zum Begleitprogramm. Öffentlich-rechtlicher Kulturfunk in der Fast-Food-Falle. Tectum Verlag Marburg, 2016, 225 S. ISBN: 978-3-8288-3757-7

Dass die Zeit des Zuhörens im öffentlich-rechtlichen Rundfunk der Vergangenheit angehört, dürfte an keinem aufmerksamen Hörer vorbei gegangen sein. Trimedialität und Tagesbegleitprogramm lösen das klassische traditionelle Radio ab, die „Macher“ unterwerfen sich ohne Not dem Quotendruck und liefern sich dem Mainstream aus. Waren lange durchgehende Sendeinhalte mit ausgewogenen Wort- und Musikanteilen das Markenzeichen für klassisches Radio, so wird im heutigen Radio nur noch „Häppchenjournalismus“ geboten und die Musik wird zum „Schmier- und Bindemittel“ degradiert. Henriette Pfaen­der schildert in ihrer Untersuchung den Wandel der Kulturprogramme der ARD am Beispiel von MDR Kultur (Figaro) und BR Klassik. Aufschlussreich und lesenswert!
Barbara Lieberwirth

James Rhodes: Der Klang der Wut. Wie die Musik mich am Leben hielt. Nagel & Kimche Verlag, Zürich 2016, ISBN 9783312006540, Geb. 320 S., € 22,90

Eigentlich zögere ich, diese Vita eines Konzert-Pianisten als von-und-zu-Herzen-gehend anzubieten. Abschreckend die abgrundtiefe Sprache, die kaum verarbeiteten Erlebnisse, Verführung, Drogen, all der Abschaum der Zivilisation. Davor flüchtend sucht der Autor die Kehrseite, vertrauend dem Hölderlin-Wort „Wo aber Gefahr ist, wächst das Rettender auch“ und klammert sich an das Überlebens-Mittel, die heilenden Kraft der Musik. Eine Summe von Fallbeispielen, nicht nur für Psychagogen.
Eckart Rohlfs

Der Komponisten Mut und die Tyrannei des Geschmacks, hrsg. v. Bálint András Varga, Wolke Verlag, Hofheim 2016, 224 S., € 24,00, ISBN 978-3-95593-071-4

In Fortführung seines wunderbaren Bandes „Drei Fragen an 73 Komponisten“ (ConBrio 2014), in denen es um künstlerische Erweckungserlebnisse, die Bedeutung anregender Klangerfahrungen für die kompositorische Arbeit und die Selbsteinschätzung des Personalstils ging, versucht Varga nun über Selbstzeugnisse von Komponisten, Kritikern und Festivaldirektoren dem Fragenkomplex nachzuspüren, welchen Einfluss Vorurteile, ästhetische Ideologien und der Druck der Szene auf den Schaffensprozess haben und was Komponisten bestärkt, dennoch immer wieder eigene Wege zu gehen.  
Michael Wackerbauer

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