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Musikalische Bildung von Anfang an“ in Ebersberg

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Der Fachtag „Musikalische Bildung von Anfang an – Elementare Musik- und Bewegungserziehung im Umfeld der Kindertagesstätte“ führte auf Einladung des Verbandes Bayerischer Sing- und Musikschulen (VBSM) etwa 60 Experten aus Kindertagesstätten (KiTa), öffentlichen Musikschulen, Fachakademien und Aufsichtsbehörden in Ebersberg zusammen. Auch Elternvertreter informierten sich darüber, wie die Gestaltung musikalischer Bildung für Kinder im KiTa-Alter sinnvoll ist.

Der neue Bayerische Bildungs- und Erziehungsplan für Kindertagesstätten misst der Zusammenarbeit von öffentlichen Musikschulen und KiTas „besondere Bedeutung“ bei. Voraussetzung dafür ist der fachliche Dialog zwischen Erzieherinnen und Musikschullehrkräften. Deshalb hatten sich bereits vor zwei Jahren die Pädagogen aus Kindergärten und Musikschulen zu einem Fachtag zusammengefunden. Sie formulierten den Auftrag, Angebotsformen der Musikalischen Früherziehung zu entwickeln, die sich an ausnahmslos alle Kinder einer Tageseinrichtung richten. Der diesjährige Fachtag wendete sich konkret der Praxis zu. Vorgestellt wurden funktionierende Kooperationsmodelle von Musikschule und Kindertagesstätten. Darunter war auch das Pilotprojekt der Musikschule Ebersberg-Grafing, das aus einer Idee des ersten Fachtags entstanden ist. Musikschulleiter Peter Pfaff, der im Auftrag der vom Kultusministerium eingesetzten Beratungsstelle des VBSM als Fachsprecher fungiert, erläuterte die Struktur und die organisatorischen Rahmenbedingungen der ersten „MusiKita“-Projekte, die allen Kindern im Aßlinger Gemeindekindergarten „Berger Spatzennest“ und bei den „Kleinen Strolchen“ in Grafing offen stehen. Früherziehungslehrerinnen der Musikschule und das pädagogische Personal der beiden KiTas haben gemeinsam die Konzeption auf den Alltag der Kindergärten abgestimmt – im „Dialog auf Augenhöhe“. Projektleiterin Barbara Fischer konnte in ihrem Vortrag eindrucksvoll zeigen, auf welchen fruchtbaren Boden die Elementare Musikpädagogik in Form dieser „MusiKita“ fallen kann. Dabei scheint es gelungen zu sein, den Bereich der Musik- und Bewegungserziehung durch die Zusammenarbeit aufzuwerten. Die Eltern setzen sich nun für eine Fortsetzung dieser Arbeit ein.

Auch Kerstin Kern, Dozentin am Heinrich-Schütz Konservatorium Dresden, berichtete über gute Erfahrungen aus ihrer Arbeit an mehreren Kindergärten in der Stadt Dresden. Sie stellte verschiedene Lernfelder vor und erläuterte die jeweiligen Bildungsziele. Dabei halfen Geschichten, Spiele, Materialien und szenische Gestaltungsvorschläge, den Stoff auf die Erlebniswelt des Kindes zu übertragen. Eine „Reise ans Meer“ gab Anlass, musikalische Strukturen differenziert wahrzunehmen, Klangqualität zu werten, rhythmische Muster in Beziehung zu Metrum und Takt zu setzen und die Geräusche des Meeres mit Handtrommeln, Rasseln, Claves und dem eigenen Körper instrumental zu begleiten. Die erfrischend authentische Vorgehensweise von Kerstin Kern hat viele Teilnehmer animiert, solche Gestaltungsvorschläge und didaktischen Konzepte unmittelbar in ihre eigene Arbeit aufzunehmen. Vor allem aber wurde deutlich, dass der Kindergarten der beste Bildungsort für die Musikalische Früherziehung ist. Die Musik- und Bewegungserziehung kann aber ohne eine sehr umfassende und vertiefte Berufsausbildung in diesem Bereich vielfach ins Leere laufen.

Ein weiterer Schwerpunkt des Fachtages in Ebersberg war das Thema „Stimme“ sowie die musikpädagogischen Beiträge zur Unterstützung der sprachlichen Entwicklung. Die Buchautorin Anne Zehnbauer erläuterte Ansätze und Konzeption des bundesweiten Projekts „Sprachliche Förderung in der Kita“ am Deutschen Jugendinstitut und berichtete von ersten Erfahrungen mit der praktischen Umsetzung in den Projekt-KiTas. Sie zeigte wie Sprachentwicklung und Sprachförderung im Alltag des Kindergartens gelingen können, wenn Querverbindungen zu den Bildungsbereichen Musik und Bewegung eröffnet werden. Musik hilft schon bei der Koordination der Sprachwerkzeuge, bei der differenzierten Klangwahrnehmung und Klangbildung, beim Erzeugen einer Sprachmelodie und bei der Artikulation. Aber auch die Erweiterung des Wortschatzes wird durch Musik unterstützt: Kinder erleben unabhängig von ihrer Muttersprache Musik als Mittel der Kommunikation. So werden sprachliche Unterschiede bei der Integration von Kindern mit Migrationshintergrund nicht als problematisch empfunden. Auch die Bewegungserziehung ist laut Anne Zehnbauer eine große Hilfe für die Sprachentwicklung. Da geht es neben der Mundmotorik und der Tonusregulierung um das körperliche Erleben und die Relation von Begriffen, die besser im Gedächtnis bleiben und für den Sprachgebrauch zur Verfügung stehen.

Die Themenbereiche aller Referenten wurden im zweiten Teil des Fachtages kritisch besprochen, hinterfragt und ergänzt. Aus den Musikschulen in Starnberg und Vaterstetten wurde von geglückten Kooperationsformen zwischen öffentlichen Musikschulen und KiTas berichtet, die alle Kinder einbeziehen. Peter Hoenke-Eisenbarth, Leiter der Musikschule Wallerstein, stellte die „Musikalische Früherziehung für alle“ vor, die dort in kurzen Unterrichtseinheiten (15 oder 22 Minuten pro Woche) das ganze Jahr über erprobt wurde. Die Kinder in Wallerstein zeigten sich begeistert, von Elternseite kam große Zustimmung und der entstandene Dialog zwischen den pädagogischen Fachkräften wurde vom Musikschulleiter als „sehr fruchtbar“ bezeichnet. Er hofft nun, die Gemeinde überzeugen zu können, sich dauerhaft an der Finanzierung dieses Projekts zu beteiligen. Im gemeinsamen Resümee des Fachtages wurde mehrfach die Forderung nach einer deutlichen finanziellen Beteiligung von Staat und Kommunen laut. Musik- und Bewegungserziehung in der frühen Kindheit erfordert einen hohen und spezialisierten Ausbildungsstand der pädagogischen Kräfte sowie besondere Rahmenbedingungen. Man war sich einig, dass die „Musikalische Bildung von Anfang an“ im Zeitabschnitt von KiTa bis hinein in die Grundschule so viele Chancen und Querverbindungen eröffnet wie kein anderer Bereich innerhalb der Bildungs- und Erziehungspläne.

Die Anwesenheit von Ministerialrat Hans-Jürgen Dunkl, Staatsministerium für Arbeit, Sozialordnung, Familie und Frauen, wurde als Signal dafür gewertet, dass man im zuständigen Ministerium die Bestrebungen nach partnerschaftlicher Ergänzung für richtig und begrüßenswert hält. Denn sowohl KiTas als auch Musikschulen arbeiten im öffentlichen Bildungsauftrag auf der Grundlage kommunaler und staatlicher Rahmenbedingungen. Beide Institutionen verbinden im Wirkungskreis des regionalen Gemeinwesens hohe Qualitätsanforderungen mit dem Bildungsprozess der ihnen anvertrauten Kinder. Sie sind frei von kommerziellen Interessen und verpflichtet, eine möglichst gleichberechtigte Teilhabe an ihren Angeboten sicherzustellen – unabhängig von der sozialen Herkunft der Kinder.

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