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Musikvermittlung – kein Zauberwort

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Zur neuen Rubrik „Musikvermittlung“ &#183
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Die vorliegende Ausgabe der neuen musikzeitung beinhaltet erstmalig diese neu eingerichtete Seite mit dem (möglicherweise vorläufigen?) Titel „Musikvermittlung“. Zukünftig widmet sie sich „Vermischtem“ aus unterschiedlichen Bereichen, in denen Musik aller Genres, Stile und Epochen live präsentiert wird.

Konzepte, Berichte und Kritiken über vermeintlich unkonventionelle Konzertformen für alle Altersstufen stehen neben Ankündigungen von Fort- und Weiterbildungsangeboten oder Rezensionen von Hör- und Printprodukten, die sich explizit diesem Thema angenommen haben. Damit sich eine kultur- und bildungspolitisch aktuelle Rubrik wie diese langfristig einen Standort sichern kann, ist die Redaktion auch auf Artikel und Beiträge der Leserinnen und Leser angewiesen. Vom Konzert für Eltern mit Kleinkindern bis zum interdisziplinären Klang- und Geräuschevent für alle Sinne – sämtliche noch so kleinen Hinweise, Ankündigungen und Hintergrundberichte sind willkommen!

Musikalisch-künstlerisch präsent, pädagogisch up to date, kultur- und bildungspolitisch korrekt – diese und weitere Ansprüche an die vermeintlich eigenen Kompetenzen verbergen sich hinter dem Ausdruck Musikvermittlung, welcher seit geraumer Zeit zu einem Modewort der besonderen Art zu mutieren scheint. Im Wortsinn sollen sich darunter wohl all die methodisch-didaktischen Raffinessen sub-summieren, die für gestandene Musikpädagoginnen und –pädagogen längst eine Selbstverständlichkeit darstellen, wenn es um eine lebhaft-lebendige Präsentation von Musik geht. Alle, die sich einmal mit handlungsorientierten Unterrichtskonzeptionen, mit zeitgemäßen Grundzügen der ästhetischen Erziehung oder Ansprüchen an eine moderne Produktionsdidaktik oder Ähnlichem beschäftigt haben, wissen, dass in diesen Bereichen längst all die Dinge zu finden sind, die man derzeit vielerorts als „neue Formen der Musikvermittlung” deklariert. Dennoch ist das Klientel, welches sich in den vergangenen Jahren zunehmend für eben diese Thematik einer live präsentierten Musikvermittlung im künstlerisch-praktischen Tun zu interessieren begann, oftmals ein vollkommen anderes als die Menschen, die sich bis dato ohnehin musikpädagogisch und musikpädagogisch-wissenschaftlich damit beschäftigt haben.

In den großen Konzerthäusern macht sich seit geraumer Zeit ein neuer Trend zur intensiveren Förderung des jungen Publikums bemerkbar. War es lange Jahre Aufgabe des Intendanten, „fertige” Programme für Familienkonzerte zu buchen und unter Aspekten eines möglichst geringen Probenaufwandes „kompakt einzukaufen”, sind mittlerweile zunehmend die Dramaturg/-inn/-en gefragt, eigene Konzepte zu entwickeln, aufzuarbeiten und selber an das junge Publikum zu vermitteln. Auch die Orchestermitglieder selber werden in Zukunft verstärkt aufgerufen sein, gestalterisch tätig zu werden und Programmvorschläge einzubringen, die eine entsprechend größere Identifikation mit der Art der Vermittlung möglich werden lassen. In diesem Zusammenhang wird der Begriff Musikvermittlung auch in Kombination mit dem Terminus Konzertpädagogik verwendet.

In kommunalen Institutionen, sei es in Kulturbüros oder gar auf kulturpolitisch-ministerialer Ebene, wächst der Anspruch, kulturelle Angebote für junge Leute qualitativ auch selber beurteilen zu können. Oftmals sind es ausgebildete Musikwissenschaftler, die in diesen Instanzen tätig sind und besonderen (Nachhol)-Bedarf an einem Musik vermittelnden Methoden-Repertoire haben. Der kritische Fachjournalismus ist unter den Feuilletonisten bislang wenig bis gar nicht in die Gefilde des Veranstaltungswesens für Kinder und Jugendliche vorgedrungen. In der Regel darf man froh sein, wenn ein Familienkonzert im Lokalteil mit großem Foto und kleiner Bildunterschrift frei nach dem Motto „... alles war schön und bunt und alle, Klein und Groß, Jung und Alt hatten ihren Spaß…” besprochen wird. Auch hier trifft der Begriff der Musikvermittlung den Kern, denn einige der aktuellen Fortbildungsangebote befassen sich konkret mit Grundtechniken einer gezielten Presse- und Öffentlichkeitsarbeit für junges Nachwuchspublikum.

Keine Frage, Musikvermittlung ist ein Mode- und kein Zauberwort, das vielerorts als Platzhalter für all die Angebote steht, die sich mit der Präsentation live gespielter Musik auf praktischer wie theoretischer Ebene befassen. Um jeden Preis möchte man sich damit distanzieren von einer tradierten, „verstaubten” und unzeitgemäßen Musikpädagogik, aber wer möchte das nicht? Allein die Tatsache, dass sich diverse Expertinnen und Experten bislang vergeblich Gedanken über die ein oder andere noch „treffendere” Alternative gemacht haben, ist meines Erachtens ein gutes Zeichen dafür, dass die Verantwortlichen dieser Zeitung richtig liegen, wenn sie ihre neue Rubrik zunächst auch wieder einmal Musikvermittlung nennen ...

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