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Neue Led Zeps zwischen alten Vier

Untertitel
Neue Veröffentlichungen der Popindustrie, vorgestellt von Sven Ferchow
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Neue CD von und mit: Greta Van Fleet, Bazzi, James Bay, den Fantastischen Vier und Courtney Barnett.

Was für ein Name: Courtney Barnett. Was für ein Album: „Tell Me How You Really Feel“. War ihr Debütalbum „Sometimes I Sit and Think, and Sometimes I Just Sit“ vielleicht noch ein kleiner Hinweis oder eine aufkeimende Hoffnung auf eine kommende große Künstlerin, ist die aktuelle Veröffentlichung schlichtweg eine Sensation und der benötigte Beweis. Redundanter Rock. Unaufgeregt und lakonisch. Präzise zwischen Independent, Stadionrock und wohligen Sonnenstunden am See. Eckiges Songwriting. Ohne schwülstige Refrainauflösung. Musik für die Generation Praktikum, die ohne Marketing-Tools auskommt. Die aber bei Barnett durchaus einmal über das Leben nachdenken kann. Und wie es so weitergeht. Nach dem Praktikum. Musik, zu der man sich bei jedem Song ein schwarz-weißes Video vorstellen kann. Bitte! Das muss man sich anhören und dann auch genießen. Anspieltipps: City Looks Pretty, Help Your Self, Walkin’ On Eggshells. (Marathon Artists)

Die Fantastischen Vier mit „Captain Fanstastic“. Das ist halt einfach grundsolide, was die Vier abliefern. Mehr natürlich als grundsolide und verlässlich. Schon die Texte sind wieder ein Leckerbissen. Charmant, witzig, auch mit Hintergrund, manchmal Parallelen ziehend. Zum eigenen Leben. Musikalisch auch stark. Der Rap steht über allem, aber im Hintergrund geile Musiker, die das veredeln. Ja. Jetzt kann man jammern. Die machen doch schon immer das Gleiche. Mag sein. Aber sie machen das Gleiche eben auch immer irgendwie anders. Vielleicht ist das die Kunst. Dahinter. Anspieltipps: Tunnel, Affen mit Waffen, Endzeitstimmung. (Sony Music)

James Bay hatte und hat eine sehr eindeutige, aber auch eigenwillige Vorstellung von Popmusik. Einmal mehr zu hören auf seinem zweiten Studioalbum „Electric Light“. Sehr bewusst enthalten seine Songs Sperrigkeiten und Hindernisse, die allerdings nicht groß genug sind, um die Songs nicht doch als massenkompatibel zu bezeichnen. Aber es gelingt ihm recht gut, auch in Zusammenarbeit mit den erfahrenen Mitarbeitern Jon Green und Paul Epworth, diese beliebige Austauschbarkeit der aktuellen Popmusik zu umschiffen. Auch macht er sich von jeglich inszenierter Schwermut frei und lässt die Songs „laufen“. Wo viele Popalben schnell oder nach zwei Songs schwierig werden, bietet James Bay konstante Auswege an und überzeugt letztendlich mit seiner Art des hochklassigen Pops. Anspieltipps: In my Head, Wild Love, Wanderlust. (Universal)

Ja, so kann es klingen, wenn man R&B mit Pop kreuzt. Bazzi macht es auf „Cosmic“ vor. Lockere Beats, unaufdringliches Strandfeeling, angenehmes Ohrwurmpotential und mit einer aufgeräumten Instrumentierung, die nicht zeigt, was man im Studio alles machen kann, sondern was man in Studio auch weglassen kann. So klingt Bazzi tatsächlich eigen und wiedererkennbar. Und das ist in der heutigen Zeit fast schon ein Lob wert. Irgendwie, aber es bleibt unbewiesen, vermutet man auch dezente Songwriterarbeit hinter den Tracks. Zumindest erwecken sie nicht Eindruck, als wären sie aus wilden Samples diverser frei erhältlicher Softwareanwendungen zusammengewürfelt. Anspieltipps: Star, Mirror, BRB. (Warner)

Unter Greta Van Fleet mag und kann man sich zunächst nichts vorstellen. Könnte alles sein. Klassik, Rap oder R&B. Nun, das Album „From The Fires“ stellt einiges klar. Greta Van Fleet ist eine astreine Riffrockband, die mitunter von Robert Plant himself als „ganz groß“ bezeichnet wird. Und tatsächlich. Das erinnert schon an Led Zeppelin. Aber auch an Guns’n’Roses. Aber auch an Grunge. Und letztlich an alles Gute, das die Rockmusik in den letzten 30 Jahren so hervorgebracht hat. Die US-Band bedient sich da schon sehr gnadenlos, aber: die können das. Sich bedienen ohne abzukupfern oder gar zu paraphrasieren. Ohne sich damit das Attribut „klingt wie“ zu verdienen. Wärmstens ans Herz zu legen ist somit dieses schöne Album von Greta Van Fleet, das traurigerweise nur acht Songs bereithält, aber: Auftritte der Band bei deutschen Open Air Veranstaltungen sind geplant. Anspieltipps: Edge of Darkness, A change is gonna come, Black Smoke Rising. (Republic)

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