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Quelle: Schreiben des Bayerischen Staatsministeriums für Bildung und Kultus, Wissenschaft und Kunst
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Passgenauigkeiten

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Sondierungen zum Studienerfolg und zum Verbleib von Absolvierenden von Lehramtsstudiengängen an bayerischen Musikhochschulen
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Sowohl in der Musikpädagogik als auch in der Hochschulforschung werden Lehramtsstudiengänge Musik, die dort gegebenen Angebote und deren Relevanz für das spätere Berufsfeld nur punktuell empirisch verfolgt. Im Zuge qualitätssichernder Bemühungen an den Musikhochschulen sowie der zunehmenden Notwendigkeit, für unterschiedliche Stakeholder statistische Daten oder andere Formen von Dokumentationen vorzuhalten, verstärkt sich jedoch der Wunsch nach belastbaren Informationen. Dabei geht es nicht so sehr um Rechenschaftslegung gegenüber den staatlichen Institutionen, sondern derlei Untersuchungen erlangen für die hochschulinternen Entwicklungs- und Veränderungsprozesse und für die damit verbundenen Fachdiskurse zunehmend an Bedeutung.

Da derlei Ausbildungs- und Bildungsangebote vor allem in regionalen Kontexten anzutreffen sind, liegt es nahe, eine empirische Studie dazu entsprechend auszurichten. Zudem weist die bayerische Situation beim Lehramt Musik für das Gymnasium die Besonderheit des so genannten Doppelfachs auf, das nach mehr als 50 Jahren Laufzeit als alleinige Norm erst nach 2008 (umgesetzt ab 2009 mit ersten Absolvierenden ab 2013) durch das in anderen Bundesländern übliche Modell Musik in der Fächerverbindung (oder Zweifach) ergänzt wird. Anders als die fast zeitgleich vom „Netzwerk Musikhochschulen für Qualitätsmanagement und Lehrentwicklung“1 (nachfolgend Netzwerk) durchgeführte länderübergreifende Studie, besteht für Bayern hier seit 30 Jahren ein Desiderat. Nach der letzten großen Erhebung zum Verbleib von Absolvierenden der bayerischen musikausbildenden Institutionen mit dem Titel „Der lange Weg des Musikers“ von 1988 (Schindler et al.), in der auch Lehramtsstudiengängen berücksichtigt waren, wurden Aspekte der bayerischen Situation in Lehramtsstudiengängen Musik erstmals 2010 wieder in den Blick genommen (Weiß & Kiel). Vor dem Hintergrund dieser schmalen empirischen Basis führten die beiden mit Musiklehrerbildung für alle Lehrämter befassten Musikhochschulen München und Würzburg 2015/16 eine erste Absolventenstudie für den Zeitraum 2004 bis 2014 durch. Nachfolgend werden einige der Ergebnisse vorgestellt.

Bildungspolitischer Kontext

In den Zeitraum 2004 bis 2014 fielen nicht nur eine Reform der Lehramtsprüfungsordnung und die damit einhergehende Modularisierung der Studiengänge, die nach wie vor mit einem Staatsexamen abschließen. In dieser Zeit sind auch erste Bemühungen um den Aufbau von Qualitätssicherungssystemen sowie eine intensive bildungspolitische Diskussion zu beobachten. Anlass war die Sorge, es würde keine hinreichende Zahl von Absolvierenden des Lehramts Musik hervorgebracht (Puffer & Pawellek 2014; Clausen & Schäfer-Lembeck 2016). Wie bereits im Artikel von Clausen und Wroblewsky (2017) zur Netzwerk-Studie ausgeführt, fehlt für derlei und andere Aussagen, die insbesondere Kritik an der Institution Musikhochschule übten, jedwede empirische Basis. Daher entschlossen sich die Musikhochschulen Würzburg und München für eine Untersuchung, die einen größeren Zeitraum in den Blick nimmt. Da im Zuge der Bemühungen um den Aufbau eines Qualitätsmanagements an beiden Hochschulen auch die Alumni-Arbeit in den Blick kam, galt es nach der Festlegung der Abschlussjahrgänge 2004 bis 2014 zunächst, solide Adressverzeichnisse aufzustellen, damit der Kontakt zu den Absolventinnen und Absolventen hergestellt werden kann.

Design und Beteiligung

Der Online-Fragebogen umfasste insgesamt 120 geschlossene und 10 offene Fragen. Letztere wurden in sechs Bereichen gestellt: Studiengang und Hochschule, Studiengangsbezug, Information und Beratungsangebote, Berufseinstieg und Verlauf, Soziodemographie und zum Aspekt Hochschule als Netzwerk. Recherchiert wurden die Adressen von insgesamt 680 ehemalige Schulmusikstudierenden der beiden Standorte, die per E-Mail zur Teilnahme an der Onlinebefragung eingeladen wurden, beteiligten sich 116, also 17 Prozent. Bei der Verteilung der Lehrämter ergaben sich 81,7 Prozent aus dem Studium Gymnasium Doppelfach, 2,6 Prozent Gymnasium in der Fächerverbindung, 13,9 Prozent Realschule und je 0,9 Prozent Grund- und Hauptschule. Unter den Beteiligten sind 66,4 Prozent im Schuldienst tätig.

Auswertung

Viele der Ergebnisse entsprechen jenen der Netzwerk-Studie, wobei allerdings erst eine noch ausstehende differenzierte Analyse der Daten ggf. Unterschiede zwischen Bayern und jenen Bundesländern, die kein Staatsexamen mehr haben, sichtbar machen könnten.

A Angaben zum Abschluss der ersten Phase

Jährlich nehmen im Schnitt ca. 62 Studierende das Studium Lehramt Gymnasium (LaG) Musik auf (Verteilung: München 40, Würzburg 22).  76 Prozent Schulmusikstudierende LaG beenden jährlich an den Musikhochschulen das Studium mit der Ersten Staatsprüfung, das sind insgesamt 347 Personen. Davon beenden 24 Prozent bzw. insgesamt ca. 15 Schulmusikstudierende LaG jährlich das Studium an den Musikhochschulen nicht mit der Ersten Staatsprüfung. Studienabbruchquoten liegen bei Lehramtsstudiengängen über alle Fächerkombinationen hinweg bei 12 Prozent, während sie bei nicht-lehramtsbezogenen Bachelorstudiengängen erheblich höher liegen (vgl. Heublein et al. 2015).

B Die Besonderheit einer „Zwischenphase“

In der Forschung bisher noch wenig beachtet ist die Zeitspanne nach dem ersten Studienabschluss und dem Eintritt in die zweite Phase der Lehrerbildung bzw. in eine volle Erwerbstätigkeit. Die bayerische Schulmusik-Studie hat sich diesem wichtigen biografischen Abschnitt für den Bereich der Musik-Lehrerbildung erstmals zugewendet und vom Staatsministerium Zahlen erhalten, die in folgender Tabelle zusammengeführt wurden (siehe Abbildung).

Diese Zahlen können nun anhand der Befragung weiter ausdifferenziert werden. Von insgesamt 347 Absolventinnen und Absolventen gehen 61 Prozent gleich ins Referendariat, 27 Prozent nach 1 bis 2 Jahren, 10 Prozent nach 3 bis 5 Jahren und 2 Prozent nach mehr als 5 Jahren. Die Gründe dafür fallen unterschiedlich aus. An erster Stelle (27 Prozent) steht jedoch ein weiteres Studium, zumeist ebenfalls mit Musikbezug. Diese, aus Sicht der Musik-Lehrerbildung gesehenen, „Zwischenphase“ stellt einen relevanten Beobachtungsaspekt dar, sollen Ergiebigkeit und Erfolg eines Studiengangs beurteilt werden. Als Gründe für die „Zwischenzeit“ werden neben Auslandaufenthalt und Sonstigem (17%), von 53% ein weiteres Studium (oft Musik oder Erweiterungsfach beim Doppelfach) und von 30% eine Umorientierung (oft im Bereich Musik) angegeben.

C Die Fortsetzung in der zweiten Phase

Zwei Drittel der Studienabsolvierenden vollziehen den Schritt ins Referendariat. Bayernweit gesehen stellte München im zehnjährigen Untersuchungszeitraum mit 60 Prozent (238 Personen) die meisten Referendare, Würzburg liegt bei 26 Prozent (109). Von diesen schließen 235 Personen in München und 103 Personen in Würzburg mit dem 2. Staatsexamen ab. Die Abbruchquote in dieser Phase ist also als sehr gering zu bezeichnen.

Werden die Zahlen der Absolvierenden der zweiten Phase zu denen der ersten Phase in Beziehung gesetzt, ist festzustellen, dass zwei Drittel aller Absolvierenden der ersten Staatsprüfung auch die zweite Staatprüfung erfolgreich absolvieren.

D Berufstätigkeit am Gymnasium oder in anderen Berufen mit Musik

Von den insgesamt 393 Absolventinnen und Absolventen des 2. Staatsexamens erhalten 339 Personen eine Planstelle an einem staatlichen bayerischen Gymnasium (86%). 54 Personen (14%) finden keine staatliche Stelle. Sowohl diejenigen, die sich grundsätzlich umorientieren als auch die, die zum Zeitpunkt der Befragung eventuell temporär etwas Anderes tun als Musikunterricht am Gymnasium zu geben, sind zu etwa Zweidrittel mit Musik beruflich verbunden. Der größere Teil der Absolventinnen und Absolventen, die nicht den Weg des 2. Staatsexamens und zur Übernahme einer Planstelle gehen, bleiben also zu Zweidrittel in ihren Erwerbstätigkeiten mit dem Bildungsfeld Musik verbunden.

E Passgenauigkeit

Von einer hohen Passgenauigkeit kann insofern gesprochen werden, als der staatliche Einstellungsbedarf (dessen Volumen an dieser Stelle nicht diskutiert wird) gedeckt wird und darüber hinaus nicht-staatlichen Schulen einschlägig qualifiziertes Personal für die Arbeit mit Musik zur Verfügung steht. Dass überdies Menschen einen Bildungsweg mit musikalischen und pädagogischen Anteilen nicht in eine Berufstätigkeit an einer allgemeinbildenden Schule fortsetzen, erlaubt keinesfalls den Schluss, dass Passungen hier nicht festzustellen sind: In den Auskünften zur Zufriedenheit mit der derzeitigen Tätigkeit, antworten diejenigen, die nicht am Gymnasium beruflich tätig sind lediglich in Bezug auf den Aspekt „Einkommen“ merklich weniger zufrieden, in den Aspekten Art der Tätigkeit und Entwicklungsmöglichkeiten wird sogar eine höher Zufriedenheit signalisiert als von Lehrerinnen und Lehrern.

Ausblick

Für diesen Beitrag wurden nur einige Ergebnisse dargestellt. Sie zeigen jedoch, abgesehen von den Einzelerträgen, die Notwendigkeit einer kontinuierlichen Durchführung von Absolventenstudien als Teil einer Qualitätssicherung der Lehramtsausbildung an den bayerischen Musikhochschulen. Für die künstlerischen und künstlerisch-pädagogischen Studiengänge wurde dies im letzten Jahr übrigens in gleicher Weise erkannt, so dass die drei bayerischen Musikhochschulen in Zusammenarbeit mit dem Staatsinstitut für Hochschulforschung und Hochschulplanung gegenwärtig für diese Bildungsfelder eine Absolventenstudie entwickeln.

1) Siehe Clausen & Wroblewsky 2017: https://www.nmz.de/artikel/vom-schulmusikstudium-in-den-beruf

Literatur

Clausen, B. & Wroblewsky, G. 2017. Vom Schulmusikstudium in den Beruf. Eine Untersuchung des Netzwerks Musikhochschulen. In nmz 6/2017, Hochschulmagazin, S. 4–5 (https://www.nmz.de/artikel/vom-schulmusikstudium-in-den-beruf)

Heublein, U. et al. 2015. Studienbereichsspezifische Qualitätssicherung im Bachelorstudium. Befragung der Fakultäts- und Fachbereichsleitungen zum Thema Studienerfolg und Studienabbruch. In: Forum Hochschule 3 | 2015, http://www.dzhw.eu/pdf/pub_fh/fh-201503.pdf aufgerufen am 27.04.2017.

Pawellek, S. & Puffer, G. 2014. Doppelfach oder Fächerkombination? Gründe für Studienentscheidungen im Lehramt Gymnasium. In: nmz 11/14 und 12/14.

Schäfer-Lembeck, H.-U., Clausen, B. & Mohr, K. 2016: Zum Lehramtsstudium Musik an Gymnasien. Hinweise aus Sicht der bayerischen Musikhochschulen. In nmz 2/2016, S. 34; http://www.nmz.de/artikel/zum-lehramtsstudium-musik-an-gymnasien - Aufgerufen am 4.04.2017.

Schindler, G., Lullies, S. & Soppa, R. 1988. Der lange Weg des Musikers. Vorbildung – Studium – Beruf. Herausgegeben vom Bayerisches Staatsinstitut für Hochschulforschung und Hochschulplanung. München.

Weiß, S. & Kiel, E. 2010. Berufswunsch Musiklehrer/-in. Motive und Selbstbild. In A. Lehmann-Wermser (Hg.) Beiträge Empirischer Musikpädagogik. http://www.bem.info/index - Aufgerufen am 4.04.2017.

 

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