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Proben, diskutieren, entwickeln

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Das Junge Musiktheater Leipzig bringt mit Schülern den Sommernachtstraum auf die Bühne
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„Was wollen wir denn eigentlich spielen?“, fragten sich die Handwerker Squenz, Schnock, Zettel, Flaut und Schlucker im April dieses Jahres auf der Bühne des Theaters der Jungen Welt (TdJW) am Lindenauer Markt in Leipzig. Keine Frage, hier wurde der „Sommernachtstraum“ gegeben – die Komödie von William Shakespeare, die seit über vierhundert Jahren mit ihren Verwicklungen um die Liebe und dem Zauber einer Mittsommernacht immer wieder für Vergnügen sorgt auf und vor den Brettern, die die Welt bedeuten, die unzählige Adaptionen erfahren hat und nun im April 2010 eine Neuauflage als Musiktheaterprojekt des Jungen Musiktheaters Leipzig e.V. erfuhr: ganz innovativ, aus der Sicht von Kindern und Jugendlichen und nicht nur für Kinder.

Das Junge Musiktheater Leipzig e.V. wurde 2008 mit dem Ziel gegründet, Kindern und Jugendlichen aus dem Raum Leipzig einen mehrdimensionalen Zugang zu Kunst und Musik zu ermöglichen. Als Ergebnis entstand die Produktion von MOMO, die im Februar 2009 ebenfalls am TdJW Leipzig mit sieben Vorstellungen auf dem Spielplan stand – immer ausverkauft, immer umjubelt.

Da war es keine Frage für alle Mitwirkenden, dass es nach MOMO weitergehen sollte mit dem Jungen Musiktheater. So beriet man bereits im März 2009: „Was wollen wir denn eigentlich spielen?“ Schnell kristallisierten sich bei den Wünschen und Vorschlägen der Kinder und Jugendlichen erste Eckpunkte heraus: Mit Liebe sollte es zu tun haben, mit Magie, ein Musical vielleicht …

So fiel die Wahl bald auf Shakespeares Theaterstück: Eine Textvorlage, die es zu studieren und zu durchdringen galt, zu der neue, eigene Texte geschrieben, Musik komponiert, ein Programmheft gestaltet, Kostüme und Kulissen entworfen wurden. Ein Jahr lang trafen sich 28 Kinder und Jugendliche vom Grundschulalter bis zur Oberstufe jeden Donnerstagnachmittag, wurde geprobt, diskutiert, entwickelt. Ein Probenlager im Oktober 2009 und intensive Endproben im März/April 2010 gaben den letzten Schliff.

Denn natürlich entsteht ein Musiktheater nicht im Alleingang. Sophia Bös und Ina Seifert sind beziehungsweise waren Studentinnen der Schulmusik an der hiesigen Hochschule für Musik und Theater und übernahmen die Projektleitung, Detlef Vitzthum, Schauspieler am TdJW, probte mit den Kindern und führte Regie, Referendarin Yasmin-Melissa Engelke leitete beim Komponieren an und sorgte für die Stimmbildung der Jugendlichen, Saxophonist Frank Liebscher war der Mann fürs Arrangieren, die Choreographin Jana Ressel war genauso mit im Boot wie Judith Philipp und Maike Storf (Kostüm- und Bühnenbild). Gunter Berger, Leiter des MDR-Kinderchores, übernahm die musikalische Leitung.

Denn bei diesem Projekt galt: Jede(r) macht alles. Hauptrollen gab es keine, jede Rolle war gleich wichtig in der jugendgemäßen Adaption der Renaissance-Komödie mit antikem Hintergrund. Natürlich waren Oberon und Titania, Helena, Hermia, Demetrius und Lysander besetzt.

Aber statt eines Pucks gab es gleich zwei davon und noch drei Puckinen, fand sich mit Schulhausmeister und Köchin ein weiteres Liebespaar. Und die Elfen hießen hier statt Erbsenblüte, Spinnweb oder Senfsamen eben Grufti-Elfe, Hippie-Elfe, Leseratten-Elfe oder Tussi-Elfe und brachten ganz viel von den Persönlichkeiten der Schülerinnen mit.

So entstand der Sommernachtstraum des Jungen Musiktheaters Leipzig. Ein Musical ist es geworden: mit Solotiteln, Chorgesang, Tanz, einer sechsköpfigen Live-Band aus Hochschul-Studierenden und vor allem – mit großartigen jungen Darstellern, deren Spielfreude sich in der spannenden, temporeichen Inszenierung von der ersten Minute an auf die Zuschauer übertrug.

Sechs Vorstellungen des Sommernachtstraums standen im April auf dem Spielplan des Theaters der Jungen Welt in Leipzig. Drei davon wurden extra für Schulklassen angeboten. Die waren ganz schnell ausverkauft und wurden  – wie überhaupt alle Vorstellungen – mit einhelliger Begeisterung und Riesenjubel vom gleichaltrigen Publikum aufgenommen.

Und wenn nach der gut einstündigen Aufführung der Schlussbeifall im Theatersaal tobte, ahnte das Publikum allenfalls von den Mühen des Projekts, wussten freilich die Eltern vom Zeit- und Kraftaufwand ihrer Sprösslinge, die nun zu Recht als gefeierte Stars auf der Bühne standen. So wurden aus normalen Schülern faszinierende Schauspieler, Sänger, Komponisten, Arrangeure, Bühnenbildner und Texter, die im Umgang miteinander zudem ihre soziale Kompetenz gestärkt haben. Durch ihr Mittun in einem Projekt, das Leipzigs Kulturlandschaft bereichert und das durch sein pädagogisches und künstlerisches Konzept so überzeugt, dass
Burkhard Jung, der Oberbürgermeister der Stadt Leipzig, wieder gern die Schirmherrschaft dafür übernommen hat.

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