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Rote Teppiche für die Spielebranche

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Wettbewerb schafft Qualität – ein Preis für gute Computerspiele tut not
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Die Fernsehbranche hat die Grimme-Preise des Deutschen Volkshochschulverbands, die Filmbranche hat die Lola der Deutschen Filmakademie und die Bären der Berlinale, die Buchbranche hat den Deutschen Bücherpreis des Börsenvereins des deutschen Buchhandels und den Deutschen Kinder- und Jugendliteraturpreis des Arbeitskreises für Jugendliteratur, die Musikbranche hat den Echo der Deutschen Phono-Akademie und den Leopold des Verband deutscher Musikschulen, die Computer- und Konsolenspielebranche hat: ein schlechtes Image. Eigentlich erstaunlich für eine Branche mit einem Jahresumsatz von 1,1 bis 1,2 Milliarden Euro in Deutschland. Verwunderlich ist es auch, wenn man bedenkt, dass die Spielebranche nicht nur ständig mit neuer Software aufwartet, sondern ebenso neue Hardware, also PC oder Spielkonsolen, verlangt. Denn eines ist klar, für die reine Textverarbeitung oder Tabellenkalkulation reichen die Computer aus den 90er-Jahren des letzten Jahrhunderts noch aus. Um Spiele optimal spielen zu können, sind stetige Investitionen in Grafikkarten und Speichererweiterungen erforderlich. Das heißt auch die Hersteller und Importeure von Computern, Computerzubehör sowie von Spielekonsolen müssten eigentlich ein ureigenstes Interesse daran haben, dass das Image der Spielebranche sich verbessert.

Die Computer- und Konsolenspielebranche gehören zum großen Bereich der Massenkommunikation, dem auch der Rundfunk, der Filmbereich, der Buch- und Zeitungsmarkt und die Tonträgerbranche zu zurechnen sind. Im Unterschied zum Kunstmarkt, der individualisiert ist und bei dem ein Sammler ein Original beziehungsweise ein Blatt einer limitierten Auflage von einem bestimmten Künstler kauft, geht es bei den Massenmedien darum, dass ein Produkt vielfach hergestellt und verbreitet wird.

Die Kritik an den Massenmedien ist so alt wie die Massenmedien selbst. Sie begann als Kritik an Zeitungen, die als schädlich und speziell für Frauen als gefährlich angesehen wurden und befindet sich heute an dem Punkt, an dem vor einer zu intensiven Nutzung des Computers als Spielgerät von Kindern und Jugendlichen gewarnt wird.

Massenmedien zeichnen sich durch eine sehr große Bandbreite aus. Die Bandbreite reicht von kulturell anspruchsvollen Inhalten über reine Unterhaltung bis hin zu dem was gemeinhin als Schund bezeichnet wird. Ebenso wie es verfehlt ist, den Rundfunkanbietern insgesamt vorzuhalten, dass die Inhalte verflachen und anspruchsvolle kaum zu finden seien, können Computer- und Konsolenspiele über einen Kamm geschoren werden. Das Angebot ist hier wie dort ausdifferenziert.

Gerade weil der Markt bei den verschiedenen Massenmedien teilweise so unübersichtlich ist, kommt den Preisen und Auszeichnungen eine so große Bedeutung zu. Sie spiegeln zum einen wieder, was am Markt erfolgreich ist, wie zum Beispiel die Auszeichnungen mit dem Echo, die anhand der Chartplatzierungen vergeben werden. Sie können aber auch genau gegen den Mainstream gerichtet sein und auf Produkte aufmerksam machen, die ansonsten weniger Beachtung fänden. Ein Beispiel hierfür ist der Deutsche Kinder- und Jugendliteraturpreis. Er wird vergeben vom Arbeitskreis für Jugendliteratur. Das Preisgeld wird bereits seit Jahrzehnten vom Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend zur Verfügung gestellt. Der Kinder- und Jugendliteraturpreis wird in verschiedenen Kategorien unter anderem im Bilderbuch und Sachbuch für Kinder und Jugendliche vergeben. Neben der Auszeichnung der Autoren, die als solche bereits wichtig ist, ist der Preis auch eine Marktförderungsmaßnahme.

Die Verlage bewerben bereits die nominierten Titel mit einer Plakette, mit der auf die Nominierung hingewiesen wird. Selbstverständlich werden die ausgezeichneten Bücher zusätzlich mit Plakaten, Broschüren und anderen Werbemitteln beworben.

Die Auszeichnung eines Buches mit dem Deutschen Kinder- und Jugendliteraturpreis ist eine Art Gütesiegel, die auch den Käuferinnen und Käufern, die eher unsicher sind, welches Buch sie kaufen sollen, eine Orientierung bieten.

Die Nominierung für den Adolf-Grimme-Preis des Deutschen Volkshochschul-Verbands ist für alle Fernsehanstalten – private wie öffentlich-rechtliche – eine wichtige Auszeichnung. In Pressemitteilungen wird wie in einer Leistungsbilanz darauf verwiesen, wie gut die Sender jeweils abschneiden. Speziell für private Fernsehanbieter, die teilweise eher ein „Schmuddel-image“ haben, ist eine Auszeichnung mit einem Grimme-Preis von sehr hohem Wert. Im Gegenzug fühlen sich die öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten angespornt, den Wettbewerb um den Adolf-Grimme-Preis für sich zu gewinnen.

Wettbewerb – und sei es auch ein immaterieller – belebt also bei den Massenmedien das Geschäft. In einem un-übersichtlichen Markt bürgen anerkannte Auszeichnungen für hohe Akzeptanz wie zum Beispiel der Echo oder für besondere Qualität wie beispielsweise der Adolf-Grimme-Preis.

In der Computer- und Konsolenspielebranche fehlen solche Auszeichnungen bislang. Zwar bewerten die Computer- und Spielezeitschriften die Games, doch werden diese eher von den Insidern gelesen, die ohnehin die Medien bereits nutzen. Diejenigen, die nach einer Orientierung auf dem Markt suchen, wie zum Beispiel Großeltern, die ihren Enkeln ein „gutes“ Spiel schenken wollen, stehen zumeist ratlos vor einem großen Angebot. Eine Auszeichnung besonders interessanter oder innovativer Spiele könnte zur Markttransparenz beitragen sowie die Entwicklung von Spielen stimulieren.

Ein solcher roter Teppich für die Spielebranche würde neue Impulse geben und dazu beitragen, das Schmuddelimage abzubauen.

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