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Noch ein Corona-Winter – die Geschenk-Tipps der nmz-Redaktion
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Traurige Zeiten, helles Leuchten

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Noch ein Corona-Winter – die Geschenk-Tipps der nmz-Redaktion
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Quadro Nuevo: Odyssee – A Journey Into The Light +++ Moritz Eggert: Die Tiefe des Raumes – ein Fußballoratorium +++ Robert Seethaler: Der letzte Satz +++ Daniel Martin Feige: Musik für Designer +++ Steffen Schleiermacher. Der Avantgartainer. Texte und Gespräche +++ Bernd Feuchtner: Die Oper des 20. Jahrhunderts in 100 Meisterwerken +++ Johann Sebastian Bach: Stumme Seufzer, Stille Klagen +++ Manfred Hermann Schmid: Beethovens Streichquartette +++

Quadro Nuevo: Odyssee – A Journey Into The Light, CD FineMusic/GLM/EDEL, € 18,99

Quadro Nuevo, das sind der Saxophonist und Komponist Mulo Francel, Akkordeonist Andreas Hinterseher, D.D. Lowka am Bass und Percussion und der Pianist Chris Gall. Sie luden sich im September Paulo Morello (Gitarre), Robert Kainar (Drums), den Saxophonisten Max Geller und den Flötisten Philipp Sterzer ein und segelten um die Äolischen Inseln nördlich von Sizilien – samt einer über 20-köpfigen Crew. Vorbereitet und erdacht in den langen Monaten des Lockdowns wollte man kein Corona-Album machen, sondern Weite, Reisen und „heldenhaften Goldstaub“ vermitteln. Herausgekommen ist ein prächtiges, oft archaisch anmutendes Werk, das hell in die dunklen Wintertage leuchtet. Auf den Spuren Odysseus’ statt Highspeed Inseln und Vulkane erkunden sozusagen. Sehenswert auch die zugehörigen Videos mit echten Sirenen. [Ursula Gaisa]


Moritz Eggert: Die Tiefe des Raumes – ein Fußballoratorium; Chor und Orchester der Musikakademie der Studienstiftung des deutschen Volkes, Ltg. Moritz Eggert, NEOS 12009-10 (Doppel-CD), ca. € 25,-

Man muss kein eingefleischter Fußballfan sein, um Moritz Eggerts „Fußballoratorium“ Spaß, Erkenntnisgewinn auch in abseitigen Fragen, vor allem aber auch Musik-Genuss abgewinnen zu können. In zwei Halbzeiten und der Nachspielzeit kann viel Menschliches und auch Sportives geschehen: Fouls, Verletzungen, Bananenflanken,  Mentaltraining.  Mit Hilfe eines Crowdfundings entstand dieses wunderbar von der Musikakademie der Studienstiftung des deutschen Volkes realisierte Opus. Wer derzeit vernünftigerweise nicht ins Stadion mag oder wenig Lust auf Kerzenlicht und Tannenduft hat, dem sei ein akustischer Spielball in der Tiefe des Raumes herzlich auf den Elfmeterpunkt gelegt. [Theo Geißler]


Robert Seethaler: Der letzte Satz, 140 Seiten, Goldmann Taschenbuch, München 2021, ISBN 978-3442-49310-4, € 11,-

Gustav Mahler überquert ein letztes Mal den Ozean und reist von New York zurück nach Wien, wo er einst als Operndirektor das Musiktheater reformierte und seine geliebte Frau Alma kennenlernte. Schwerkrank sitzt er auf dem Schiffsdeck und lässt seine Gedanken rückwärts schweifen. Nach Toblach führen uns seine Erinnerungen, nach Wien, in seine Komponierhäuschen, auch nach New York. Die Musik, seine größte Liebe, aber auch Alma, die schon einen anderen liebt, spielen eine zentrale Rolle in diesem Büchlein, das uns den großen Meister in seiner Menschlichkeit nahebringt. [Barbara Haack]


Daniel Martin Feige: Musik für Designer, 144 Seiten, avedition, Stuttgart 2021, ISBN 978-389986-339-0, € 18,-

Nicht nur für Designerinnen und Designer, sondern aber eben auch. In knapper, präziser und doch lockerer Weise geht es Feige in diesem Buch um die simple Frage: Was ist Musik? Dass er dabei den Bogen von der europäischen Kunstmusik bis zur Popularmusik spannt und dabei über Fragen von Werk bis zur Improvisation und von da aus in die Bildende Kunst beziehungsweise die Gestaltungslehre erörtert, macht das Buch für jeden interessant; es ist mit didaktischer Klarheit entwickelt und mit wunderbaren Anmerkungen bis hin zur Diskographie versehen sowohl anregend, anfragend, beantwortend – das Weiterdenken öffnend. Was will man mehr? [Martin Hufner]


Steffen Schleiermacher. Der Avantgartainer. Texte und Gespräche, hrsg. v. Olaf Wilhelmer, Verlag Klaus-Jürgen Kamprad, Altenburg 2020, 224 Seiten, ISBN 978-3-95755-654-7, € 34,90

Als die Mauer fiel, war Steffen Schleiermacher einer der ersten Ost-Komponisten, die der Autor dieser Zeilen persönlich kennerlernte. Man traf sich in Leipzig zum Interview für den BR. Die Messe- und Musikstadt kam damals dem Wessi wie eine Bruchbude vor, was die Bausubstanz anging. Das hat sich geändert – gleich geblieben, ja noch stärker geworden ist dagegen die musikalische Strahlkraft und die Vitalität der inzwischen durchrenovierten Stadt. Ebenfalls gleichgeblieben ist der Witz, die Originalität und die Kreativität des aus Halle stammenden Wahl-Leipzigers Steffen Schleiermacher, der mittlerweile 31 Jahre seiner 61-jährigen Lebenszeit im wiedervereinigten Deutschland lebt. In Gesprächen mit dem Herausgeber Olaf Wilhelmer, Musikredakteur bei Deutschlandfunk Kultur, werden viele künstlerische Facetten des Avantgartainers, Pianisten und Komponisten deutlich. Unterhaltsames und lehrreiches Schmökern garantiert. [Andreas Kolb]


Bernd Feuchtner: Die Oper des 20. Jahrhunderts in 100 Meisterwerken, Wolke Verlag, Hofheim 2020, 688 Seiten, Abb., ISBN 978-3-95593-250-3, € 39,80

Schon mal was von „The Wreckers“( Ethel Smyth), „Pohjalaisia“ (Leevi Madetoja), „Mater dolorosa“ (Daniel Sternefeld), „Roth­schilds Geige“ (Benjamin Fleischmann), „Vzkriesenie“ (Jan Cikker) oder „Florencia en el Amazonas“ (Daniel Catán) gehört? Eben! Was der Schostakowitsch-Spezialist Bernd Feuchtner hier aus seiner Erfahrung als Operndirektor und Chefdramaturg heraus vorgelegt hat, ist aber weit mehr als ein nützlicher Führer durch das vergangene Opernjahrhundert mit jeder Menge Entdeckungen. Es ist vielmehr ein ausgezeichnet geschriebenes Lesebuch, dessen Enthusiasmus für entlegenes Repertoire unmittelbar ansteckend wirkt. Eingestreute Exkurse zu prägnanten Entwicklungen in einzelnen Ländern und Regionen weiten den Blick über die 100 porträtierten Werke hinaus. Dazu noch ein paar Raritäten auf CD oder DVD – fertig ist das weihnachtliche Opernpaket! [Juan Martin Koch]


Johann Sebastian Bach: Stumme Seufzer, Stille Klagen; Staatskapelle Dresden, Philippe Herreweghe, Edition Staatskapelle, Vol. 51, Profil Edition Günter Hänssler 2021

Heute, am Totensonntag, liegt eine besondere CD in meinem Player. In diesen doppelt traurigen Zeiten verspreche ich mir Andacht, aber auch Trost. Johann Sebastian Bach ist der wohl prädestinierteste Komponist, der das vermag. Jedes Jahr, immer am 13. Februar, gedenkt die Sächsische Staatskapelle Dresden der Zerstörung ihrer Stadt am Ende des 2. Weltkrieges. Für das Jahr 2021 engagierte sie einen Meister der Barockmusik, Philippe Herreweghe, um eben jenes Konzert in der Semperoper zu leiten. Dass es ohne Publikum stattfinden sollte, ahnte zum Zeitpunkt der Konzertplanung wohl niemand. Und gerade deshalb wurde die Radioübertragung und die Aufzeichnung durch Deutschlandfunk Kultur ein besonderes Kapitel in der Jahrhunderte alten Geschichte der Staatskapelle. Im umfangreichen CD-Booklet sind die coronabedingten Konzertauflagen ausführlich dokumentiert. Mit Bachs drei Trauerkantaten „Ich hatte viel Bekümmernis“, „Ich habe genug“ und „Weinen, Klagen, Sorgen, Zagen“ stellt Herreweghe Themen wie Reue, Vergebung und Erlösung in den Vordergrund des Gedenkkonzertes. Mitreißende wie tröstende Musik, die das Herz berührt. [Barbara Lieberwirth]


Manfred Hermann Schmid: Beethovens Streichquartette. Auf der Spur musikalischer Gedanken. Ein Werkführer, Bärenreiter/Metzler, Kassel/Berlin 2021, 292 S., ISBN 978-3-7618-2609-6, € 39,99

Wenn uns die Wintertage heuer wohl ein weiteres Mal dazu zwingen werden, vermehrt die inneren Räume zu durchschreiten, kennenzulernen und zu bespielen, lassen sich die Fenster mit einer kleinen Ausstattung, bestehend aus ein paar Taschenpartituren, einer CD-Box und den vorliegenden Analysen und Reflexionen, weit öffnen, wobei ein wenig Vertrautheit mit dem Repertoire die nachvollziehende Lektüre durchaus erleichtert. Spätestens wenn man mitgerissen und betroffen, staunend und rätselnd auf diesem Weg entlang all der eigenartigen Satz- und Klanggebilde beim „Heiligen Dankgesang eines Genesenden an die Gottheit in der lidischen Tonart“ angelangt ist, weiß man, dass hier weit mehr als Trost zu finden ist. [Michael Wackerbauer]

 

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