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Wiegenlieder aus aller Welt

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Carus führt seine Reihe unter dem Motto „Singen macht stark“ weiter
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Singen macht stark! – Unter diesem Motto startete der Carus-Verlag zusammen mit SWR2 im Jahr 2009 das „Liederprojekt“. Das Hauptanliegen dieses Projekts ist es, aus allen Teilen der Welt die schönsten Wiegenlieder zusammenzutragen und so ihre ganze Vielfalt zu zeigen.

Wiegend und singend ein Baby oder ein Kleinkind zu beruhigen, ist weltweit Millionen Müttern, Vätern und Großeltern ein Urbedürfnis, und findet sich als Brauch schon in den Anfängen der Menschheit in allen Kulturen wieder. Der Arrangeur und Musiker Jens Tröndle, der renommierte Filmkomponist Andreas Koslik sowie der Weltmusiker und Produzent Ramesh Weeratunga arbeiteten in Kooperation mit international bekannten Musikern zusammen, die ihr musikalisches Volksgut so individuell, aber zugleich mit landestypischen Klangattributen zum Ausdruck bringen konnten.

Für dieses Benefizprojekt konnte schon über 350.000 Euro aus Verkaufserlösen von Liederbüchern und CDs gesammelt werden, die das Singen mit Kindern fördern sollen. Das Projekt ist bereits preisgekrönt und wandert nun mit dieser weiteren CD international über den ganzen Erdball.
Jede Kultur, jedes Land spiegelt sich im Kleinen wider: Deutschland brilliert mit seinem „Schlaf Kindchen schlaf“, Frankreich mit „Fais dodo“ und Nord-amerika mit „All the Pretty Little Horses“. Interesse wecken aber auch die Lieder, die in Europa nicht bekannt sind. Da wäre zum Beispiel das Wiegenlied aus Neuseeland „ Hine e Hine“, das erst mit einzelner Stimme beginnt und über einen mehrstimmigen Chor in eine Form mit leichter Instrumentalfassung mündet. Der Text stammt aus dem traditionellen Kulturgut des Maori-Volkes und soll die weinende Tochter aufmuntern und erinnern, dass Liebe im Herzen des Vaters bleibt, auch wenn er fern ist.

Auffällig ist, dass sämtliche Lieder aus dem alltäglichen Sprachgut stammen. Die Sprechstimme wird als Singstimme abgewandelt, eine professionell ausgebildete Singstimme wird nicht vorausgesetzt. Natürlich gibt es aber auch hier eine Ausnahme, denn als Sinnbild der abendländischen Musikentwicklung ist als einziges Kunstlied das „Wiegenlied“ op. 49 von Johannes Brahms, besser bekannt als „Guten Abend, gute Nacht“, zu hören. Mit behutsamer und zugleich berückender Liedbegleitung entsteht eine kunstvolle Konzertversion des bekannten Liedes, in dem die Sängerin das Kind wie aus der Ferne im steten Piano in den Schlaf geleitet. Beim armenischen Lied „Aknar Oror“ wird gänzlich auf Instrumentalbegleitung verzichtet. Den orientalischen Eindruck vermittelt bei diesem Lied allein die Stimme im musikalischen Monolog, die an ferne Märchenwelten aus Tausendundeiner Nacht erinnert. Der Sopran improvisiert hier scheinbar und singt mit reicher Verzierung. Interessant ist, dass der Text sich in Lobeshymnen ergeht, ja fast schon eine Liebeserklärung an das Kind offenbart, welches bei all der Schönheit nur einen Makel hat: Es schläft nicht. Die Melodie entsteht im Moment und entwickelt sich durch den Klang der Stimme. Auch hier ist wahrzunehmen, dass ungeachtet der Landessprache wieder die Hauptvokale „a“ oder „o“ zu hören sind, die sich am besten für die Entwicklung der Naturstimme eignet, um die Stimme klingen zu lassen.

Amüsant sind immer wieder unterschiedliche kulturbedingte Erziehungsansätze, die sich in den Texten widerspiegeln. So ist das europäische Wiegenlied aus Spanien mit einer weiblichen Gesangsstimme ein Wiegenlied mit markanter und typisierter Instrumentalbegleitung, Gitarre und Kastagnetten-Einleitung, welches gekonnt in vier Strophen über das bekannte Phänomen singt, dass das Kind nicht einschlafen kann. Als wirksame Drohung lässt allerdings abwechselnd mal ein Mann und eine Frau nach nicht-braven Kindern Ausschau halten, während die Mutter zum Beten in die Kirche geht. Wenn das Kind tatsächlich einschliefe, würde sie zum Dank der „Jungfrau Rosario“ ein Seidentüchlein weihen.

Im Liederbuch selbst, dem die CD beigegeben ist, findet sich eine Auswahl von 50 Wiegenliedern aus sämtlichen Ländern der Erde, die das Kennenlernen und Mitsingen vor allem vieler unbekannter, internationaler Lieder ermöglicht. Alles in allem ein wunderbarer Einblick in fremdes Kulturgut. Aus kulturgeschichtlicher Betrachtung ist die Edition ein Kleinod, das man nicht nur als Kind, sondern auch als Erwachsener dankbar bewahrt.

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