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Zentrale Themen: Ganztagsschule und Flüchtlingsarbeit

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Der VdM präsentierte sich auf der Frankfurter Musikmesse
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Wie in den vergangenen Jahren war der Verband deutscher Musikschulen am Gemeinschaftsstand der neuen musikzeitung, des Deutschen Musikrats und von Deutschlandradio Kultur/Deutschlandfunk mit einem eigenen Counter präsent. Hier konnten sich interessierte Besucher über Aktivitäten und Projekte des Verbandes informieren und beraten lassen.

Auf der großen Messebühne im Herzen des Standes wurden zahlreiche Themen aus Kulturpolitik, Musikpädagogik und Musikwirtschaft präsentiert oder diskutiert. Matthias Pannes, Geschäftsführer des VdM, war dort vielgefragter Gast. In der Deutschlandradio-Sendung „Campus & Karriere“ diskutierte Pannes mit Volkard Stahl, dem Präsidenten des hessischen Landesverbands Musikunterricht,  über die Frage „Keine Zeit mehr für Musik? Wie sich G8 und Ganztagsschule auf Schulmusik und Musikschulen ausgewirkt haben“. Ein ähnliches Diskussionsthema der nmz mit VdM-Beteiligung hieß „Kommt uns die Bürgergesellschaft abhanden? Ganztagsschule und ihre Auswirkungen“. Weitere nmz-Themen: „Projekte des Deutschen Musikrats“ mit Schwerpunkt „Jugend musiziert“ sowie „Kulturvermittlung als Integrationsgrundlage“.

Gesprächspartner in der Diskussion um die Ganztagsschule waren neben Matthias Pannes Dorothee Graefe-Hessler vom Bundesverband Musikunterricht, Wilhelm Mixa (Deutscher Tonkünstlerverband) und Gregor Willmes (Carl Bechstein Stiftung). Einig waren sich die Diskutanten darüber, dass es gerade angesichts der Ganztagsschule und der Schulzeitverdichtung mit G 8 eine enge Verzahnung der musikpädagogischen Akteure – Schule, Musikschule, freie Musikschullehrer – geben muss, damit Kinder und Jugendliche auch weiterhin Gelegenheit haben, einen qualitätvollen Musik- und Instrumentalunterricht zu erhalten. „Wir sind mit dem BMU an einer Seite. Ganztagsschule und die Angebote in der Ganztagsschule können nur gelingen, wenn auch ein starker Fachunterricht von der Primarstufe bis hin zur Sekundarstufe II gewährleistet ist“, so Pannes. Die Bechstein Stiftung stellt Ganztagsschulen kostenlos Klaviere zur Verfügung, damit Schüler in ihrer Schule Klavierunterricht nehmen oder auch eigenständig üben können. „Sehr verdienstvoll“ findet Pannes das Engagement der Stiftung. Allerdings stellt er auch die Frage: „Was wird letztendlich an Content gemacht? Der Pianist in der Einzelhaft ist nicht das Ziel, sondern der Klavierspieler als Musizierpartner. Man muss das Curriculum so gestalten, dass das Ensemblespielen, das gemeinsame Musizieren und Musikerlebnis im Vordergrund stehen.“ Der berechtigten Klage des BMU, dass in Grundschulen der Musikunterricht zu 80 Prozent von fachfremden Lehrern erteilt werde, begegnete der VdM-Geschäftsführer mit einem Hinweis auf das Klassenlehrerprinzip, welches vorsieht, dass Grundschulkindern in den ersten beiden Jahren in allen Fächern vom Klassenlehrer unterrichtet werden. „Was wir brauchen, ist ein klares Fachlehrerprinzip auch in diesen beiden Stufen“, so Pannes. „JeKi macht es uns vor, andere Programme auch: Wir haben doch heute ein anderes Aufwachsen von Kindern. Es gelingt schon in früheren Lebensaltern, eine fachliche Orientierung neben dem Klassenlehrerprinzip mehr Raum greifen zu lassen.“

Über Kulturvermittlung und Integration diskutierte Matthias Pannes mit Christian Höppner, Generalsekretär des Deutschen Musikrats, und Martin Lentz, Dirigent und Musikpädagoge, der derzeit in Bremen das „Expat Orchestra“ leitet: Hier treffen sich Musiker aus verschiedenen Herkunftsorten mit deutschen Kollegen und spielen Musik aus unterschiedlichen Kulturen. Christian Höppner warb im Gespräch vehement für den „Mut zum Ausprobieren und zum Irrtum“ und warnte davor, „immer gleich Blaupausen“ für die kulturelle Arbeit mit Flüchtlingen haben zu wollen. Die Musikschulen sind hierfür das beste Beispiel. Hier passiert bereits viel. Aber: Die Schulen seien derzeit noch im Aufbruchsstadium, so Pannes. Man sei auf dem Weg und müsse idealerweise geeignete Settings finden, in denen Peergroups zusammenkommen oder in denen Experten aus dem Kontext der Geflüchteten in Tandemlösungen mit Pädagogenkollegen aus Deutschland arbeiten. Das allerdings erfordere Rahmenbedingungen, unter anderem Arbeitserlaubnisse und -möglichkeiten für die Geflüchteten. Und: „Worum es uns in den Musikschulen gehen muss, ist nicht in erster Linie der Flüchtlingsstrom in den Erstaufnahmelagern, sondern wiederum ein inklusiver Gedanke: Welche Erfahrungen, welche Hintergründe, welche Wünsche bringen die Menschen mit? Was muss an individuellen Lösungen geschaffen werden? Unsere Aufgabe als Verband ist es, an strukturellen Korridoren zu arbeiten.“ In diesem Zusammenhang sei eine Zusammenarbeit mit dem Volkshochschulverband anzudenken.

Martin Lentz konnte von seinen positiven Erfahrungen aus der Praxis berichten, sowohl inhaltlicher als auch struktureller Art. Wichtig sei allerdings, dass die Menschen, die zu uns kommen und bleiben wollen, auch die deutsche Sprache lernen. Auch hier können Musikschulen unterstützend tätig werden. Matthias Pannes: „Wir haben am runden Tisch bei Frau Grütters darüber gesprochen: Was muss man eigentlich an Modellen aufbauen, um auch bei den Kleinsten direkt in einen Sprachkontext hineinzukommen, den die elementare Musikpädagogik ja ganz leicht bietet? Es gibt das Beispiel: ‚Lernen vor Ort‘, wo das Bundesbildungsministerium in 50 Kommunen modellhaft Bildungssettings konfiguriert. Wir haben jetzt gemeinsam die Forderung aufgestellt, an 50 Standorten ein Jahr kostenfreies EMP-Angebot in der Kita gerade für solche heterogen zusammengesetzte Gruppen und mit geeigneten Methoden zu unterlegen.“

Schließlich ging es im Gespräch mit dem künstlerischen Geschäftsführer der gemeinnützigen Musikratsprojektgesellschaft um Projekte des Musikrats, insbesondere „Jugend musiziert“. Benedikt Holtbernd und Pannes berichteten von den innovativen Ansätzen des Wettbewerbs: Seit einigen Jahren gibt es die Pop-Wertung, ganz neu ist nun die Wertung „Besondere Instrumente“ mit derzeit Baglama und Hackbrett, sowie im Rahmen des „Wochenendes der Sonderpreise“ (WESPE) die Wertung „Jumu open“, im Wesentlichen mit initiiert vom VdM. Berichtet wurde auch von den internationalen Verbindungen des Wettbewerbs nach China und Indien. 

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