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Kleine Besetzung, hoher Qualitätsanspruch: der Deutsche Jugendkammerchor. Foto: DCJ/Jens Wegener
Kleine Besetzung, hoher Qualitätsanspruch: der Deutsche Jugendkammerchor. Foto: DCJ/Jens Wegener
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Vom Finden des gemeinsamen Klangs

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Der Deutsche Jugendkammerchor etabliert sich als ehrgeiziges Nachwuchsensemble
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Der Deutsche Jugendkammerchor ist ein Auswahlensemble von talentierten und hochmotivierten jungen Sängerinnen und Sängern. 2014 hat Florian Benfer den Chor übernommen, der sich als musikalischer Leuchtturm innerhalb der hierzulande reichen Jugendchorlandschaft versteht. Das Ensemble erarbeitet sich anspruchsvolle Chormusik auf höchstem künstlerischen Niveau und ermöglicht den jungen Mitgliedern die Entfaltung ihrer musikalischen Potenziale.

„Roots of Culture“, so sind die beiden Konzerte überschrieben, die der Deutsche Jugendkammerchor (DJKC) am 15. September als Eröffnungskonzert des Festivals Alte Musik Knechtsteden und am 16. September bei einem Konzert in der St. Reinoldi Kirche im Rahmen des Branchentreffs chor.com in Dortmund zum Besten gibt. Dabei werden die kulturellen Wurzeln nicht nur der abendländischen Musik gesucht, sondern zusammen mit dem Chor des Zentralkonservatoriums in Peking auch die Wurzeln asiatischer Musik. Wie stark sich wiederum die Traditionen beider Kulturen mit Neuer Musik verknüpfen lassen, wird sich bei der Uraufführung eines Chorwerks der jungen chinesischen Komponistin Zhou Juan zeigen. Juan, die unter anderem auch in den USA studierte, ist in vielen Kulturkreisen beheimatet und versucht in ihrem Stück die Traditionslinien westlicher und östlicher Kultur aufzugreifen. Entsprechend erwartungsvoll ist der Chorleiter Florian Benfer, der für dieses Projekt viel Engagement zeigt. „Vor einigen Wochen war ich in Peking und habe mit dem dortigen Chor bereits geprobt und die Komponistin getroffen. Im August werde ich dann mit meinem Chor daran weiterarbeiten, und dann treffen wir uns im September und bauen das Ganze zusammen.“ Auch die verwendeten Texte vereinen die Kulturkreise, indem Worte von Konfuzius, Platon und Luther vertont wurden. Des weiteren steht auch ein rein chinesisches Stück in chinesischer Sprache auf dem Programm. Umgekehrt wird man gemeinsam sozusagen auch in das chormusikalische Herz deutscher Musik vordringen und zwar mit Brahms‘ Motette „Warum ist das Licht gegeben“ und den Vertonungen des 42. und des 114. Psalms für Chor und Orchester von Felix Mendelssohn Bartholdy.

Der DJKC hat für die Einstudierung solch ehrgeiziger Programme in der Regel nur wenig Probezeit, denn für die Durchführung sämtlicher Konzerte stehen im Jahr nur maximal acht Arbeitsphasen zur Verfügung, die sich häufig auch nur auf Wochenenden reduzieren. Für dieses Programm allerdings wird die Probe im September eine ganze Woche dauern, in der sich auch die jungen Sängerinnen und Sänger der beiden Länder kennen lernen werden. Die häufig knappe und intensive Probezeit setzt freilich voraus, dass die jungen Sängerinnen und Sänger, die das Privileg haben hier mitzusingen, bereits über einen großen sängerischen Erfahrungshorizont verfügen. So sangen einige bereits in renommierten Knaben- oder Mädchenchören, und viele nehmen Gesangsunterricht, entweder im Rahmen eines Musikstudiums oder privat. Benfer ist es dennoch wichtig, dass es sich beim DJKC nicht ausschließlich um einen Chor von Musikstudierenden handelt, und er unterstreicht: „Ich finde es gut, wenn wir auch Nicht-Musikstudierende dabei haben. Das ist positiv für die Gruppe. Ich habe das Gefühl es passiert mehr, wenn wir Leute aus allen Disziplinen dabei haben“.

„Grundsätzlich“, so Benfer, „kann sich jeder hier anmelden. Ich höre mir alle an, die interessiert sind. Dann kriegen die vorab Chorstellen zugeschickt und müssen außerdem eine Arie oder ein Lied vorbereiten.“ Natürlich wird beim Vorsingen eine gute Stimme, Chorerfahrung und die Fähigkeit, sich selbst auf Proben vorzubereiten sowie ein gutes Gehör erwartet. Doch legt der Chorleiter auch Wert auf ein ausführliches Gespräch. Hier spielen die Ambitionen des Bewerbers eine Rolle, die Selbsteinschätzung der eigenen Fähigkeiten sowie das sängerische Verständnis. Benfer unterstreicht, dass ihm das musikalische Entwicklungspotenzial der Bewerberinnen und Bewerber am Herzen liegt, denn das soll sich im DJKC, der eine Altersbegrenzung zwischen 16 und 27 Jahren hat, weiter ausbilden.

Bei den Proben herrscht eine „produktive Konzentration“, die im Idealfall auch Raum dafür lässt, gemeinsam nach musikalischen Wegen zu suchen, Dinge auszuprobieren und über die Musik zu sprechen. „Man muss“, so Benfer, „wirklich einen gemeinsamen Klang finden, der zur Identität des Chores gehört und den die Sängerinnen und Sänger im Ohr haben. Mittlerweile kommen wir bei Proben schnell auf einen gemeinsamen Nenner, weil die Mitglieder ahnen, wie das jeweilige Stück am Ende klingen soll.“ Tatsächlich hat das Ensemble innerhalb kurzer Zeit einen äußerst homogenen und schönen Klang entwickelt, der zugleich von einer großen Lust am Singen getragen wird. Benfer, der ansonsten sehr viel mit Profis arbeitet, wie etwa dem Schwedischen Rundfunkchor, sieht seine Aufgabe vor allem auch darin, zu inspirieren. Und noch etwas fällt auf. Der Dirigent nutzt konsequent die Möglichkeit, Sängerinnen und Sänger je nach Chorstück auch solistisch hervortreten zu lassen: „Das bereichert das Programm und für den Einzelnen ist es eine gute Möglichkeit, Erfahrungen zu sammeln“, so Benfer.

Überhaupt ist der DJKC im Vergleich zu den anderen renommierten Jugendchören, etwa den Landesjugendchören oder der Audi-Jugendchorakademie, ein relativ kleiner Chor. Die Kammerchorbesetzung von zirka 35 Mitgliedern will man bewusst erhalten, wodurch die Verantwortung jedes Einzelnen wiederum steigt, gerade bei vielstimmiger Musik.

So versteht sich der DJKC auch als eine Art Leuchtturm der Deutschen Chorjugend (DCJ), dem Träger des Chores. Dieser wiederum ist dem Deutschen Chorverband angeschlossen. So will der DJKC eben auch musikalischer Anreger und Impulsgeber für die weit über 4.000 Kinder- und Jugendchöre sein, die sich unter dem Dach der DCJ vereinen. Für Benfer nimmt daher auch die Jugendarbeit einen zunehmenden Stellenwert ein. „Da wir viel reisen, können wir auch viele Schulen erreichen. Also wollen wir mit Projekten und Programmen an Schulen gehen, um für und mit Kindern zu singen. Ich glaube, da gibt es viele Möglichkeiten.“

Was das Reisen anbelangt, so steht für kommendes Jahr erst einmal der Gegenbesuch in Peking auf dem Programm. Auf diese Weise fungiert der DJKC auch als Kulturbotschafter Deutschlands.

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