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Free climbing“ für Musikstudenten aus aller Welt

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Erste Internationale Sommer-Musikakademie der HMT Leipzig vom 6. bis zum 26. Juli
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„Warum geht der Brahms hier mit einem ,F’ weiter ?“ Im ersten Moment vermutet man bei dem breit lächelnden Fragesteller eher eine Angelrute als eine Viola im Kofferraum. In Shorts und mit verschmitzter New Yorker Leichtigkeit gibt Professor Toby Appel Bratschen-Studenten aus aller Welt Feinschliff à la Juilliard. 75 Studenten aus 23 Ländern arbeiteten während der ersten Internationalen Sommer-Musikakademie an der Hochschule für Musik und Theater (HMT) Leipzig mit namhaften Dozenten aus Prag, Leipzig und New York.

„Warum geht der Brahms hier mit einem ,F’ weiter ?“ Im ersten Moment vermutet man bei dem breit lächelnden Fragesteller eher eine Angelrute als eine Viola im Kofferraum. In Shorts und mit verschmitzter New Yorker Leichtigkeit gibt Professor Toby Appel Bratschen-Studenten aus aller Welt Feinschliff à la Juilliard. 75 Studenten aus 23 Ländern arbeiteten während der ersten Internationalen Sommer-Musikakademie an der Hochschule für Musik und Theater (HMT) Leipzig mit namhaften Dozenten aus Prag, Leipzig und New York.Der künstlerische Leiter der Akademie, Joel Shapiro, verneint die Frage, ob es ein Vorhaben langen Vorlaufs war: „Es gab die Idee, alles weitere folgte. Es hätte auch schief gehen können.“ Der amerikanische Professor für Klavier lebt seit sieben Jahren in Leipzig. Mit seiner Pensionierung im letzten Sommer begann Shapiro, die Idee von einer dreiwöchigen internationalen Sommer-Musikakademie an der Leipziger HMT umzusetzen.

Die Juilliard-School New York wird als Partner auch zukünftig 50 Prozent der Professoren für die Akademie zur Verfügung stellen, bestätigt Dean Stephen Clapp. Was bringt der kleine Kosmos am Lincoln Square neben der Aura der unmittelbaren Nähe zur „Met“ und den „N.Y. Philharmonics“ nach Europa mit? Gegründet 1905, gilt die Juilliard-School of Music bis heute als eine der weltbesten Ausbildungsstätten. Außerordentliche künstlerische Anforderungen und ein effizientes Organisationssystem sind mit dem Anspruch auf Perfektion gekoppelt, entsprechender Leistungsdruck ist inklusive. Das Level der künstlerischen Ergebnisse bestätigt diesen Kurs, ebenso eine bleibende Verbundenheit der „Juilliards“ mit ihrem Institut.
Dritter im Leipziger Boot ist jeweils eine osteuropäische Hochschule, in diesem Jahr die Prager Akademie mit dem Pianisten Peter Toperczer. Publikationen, Korrespondenz und Anmeldung laufen, als Kosten sparender und effektiver Weg, weitgehend übers Internet und per E-Mail. In Russland und der Ukraine funktioniert überhaupt nur das Netz zuverlässig. Förderer haben Stipendien übernommen, Leipziger Firmen und auswärtige Sponsoren einen Anteil der Kosten, oftmals, wie zum Beispiel in Konzertprojekten, in gegenseitiger Zusammenarbeit. Die Akademie-Studenten waren mit wöchentlich zwei Stunden „private lessons“, den Stunden der Kammermusik, Meisterklassen, Workshops und Vorträgen ausgelastet. Dazu gab es Leipziger Bach-Pflege zum Anfassen. Der Thomasorganist stellte Sauer- und Bach-Orgel vor, für die elf Konzerte standen neben Thomas- und Nikolaikirche zahlreiche attraktive Spielorte der Stadt zur Verfügung. Das Gewandhaus öffnete für die beiden Abschlusskonzerte.

Die selbstverständliche Internationalität in den spontan gegründeten Kammerensembles förderte nicht nur den künstlerischen Dialog. Die Intensität von Studium und Unternehmungen, das Zusammenleben im Wohnheim, und auch der gelegentliche Satzgesang auf dem Balkon von Klavierprofessor Gerhard Erber brachten einen nahezu familiären Zusammenhalt in die „Akademiker“. „Coach“ für alle Klassen und einer der Geheimtipps der Akademie ist Charles Neidlich. Das ständige Kommen und Gehen in seinen Workshops scheint den New Yorker Klarinettisten nicht zu stören. Er singt einer Pianis-tin die Dramatik ihres Parts in der Triosonate vor und dirigiert die beiden anderen Studenten an Cello und Klarinette. In der Musik ist er unnachgiebig. Sein Unterricht ist geniale Ermutigung zur Imagination, zur Poesie, zu dem, was sich letztlich durch Sprache nicht ausdrücken lässt. Das Studentenfazit der drei Wochen ist durchweg positiv: „Bei jedem Unterricht ist man quasi auf ,Detektivgang’. Infragestellungen gehören ebenso dazu, wie die vehemente Aufforderung, innere Bilder umzusetzen.“ Professor Appel schließt seinen Bratschenkasten: „...und es kommt immer etwas, das man nicht erwartet hat. Wie bei einem „Free-climbing“ auf einem Weg voller Überraschungen.“

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