Banner Full-Size

Rap im Gewandhaus - Schnittke-Projekt mit Schülern in Leipzig

Publikationsdatum
Body

Das Werk «(K)ein Sommernachtstraum» von Alfred Schnittke dient als Ausgangspunkt für ein Projekt, in dem sich Leipziger Schüler der Thomasschule in der Zusammenarbeit mit Gewandhausmusikern mit Schnittkes „Methode der Polystilistik" auseinandersetzen. Im Kleinen Saal des Gewandhauses wird es am Freitag (16.1.) aufgeführt und anschließend ist das Original-Werk von Alfred Schnittke im Großen Concert zu hören.

Leipzig (ddp-lsc). Rap statt Requiem und Beat statt Ballade: Im Leipziger Gewandhaus ist am Freitagabend bei der Aufführung des Schnittke-Projektes musikalische Abwechslung angesagt. Dafür haben sich Elftklässler des Musik-Leistungskurses der Leipziger Thomasschule mit Profi-Musikern des Gewandhausorchesters und DJ Sergej Klang zusammengetan.

In dieser Zusammensetzung präsentieren sie Alfred Schnittkes Werk «(K)ein Sommernachtstraum» in ihrer ganz eigenen Interpretation, die sie zuvor in vier Workshops erarbeitet haben. Die musikalisch begabten Gymnasiasten hatten schon während der Proben in ihrer Schule keine Berührungsängste mit den Profi-Musikern. Locker stürzten sie sich in die Projektarbeit.

«Es macht totalen Spaß, mit den Berufsmusikern zu arbeiten. Ich habe keine Hemmungen beim Spielen», sagt die 16-jährige Johanna Schreiber, die seit mehr als zehn Jahren Geige spielt. Bei der Erstaufführung des Schnittke-Projektes am Freitag im Gewandhaus sowie am 29. Januar in der Thomasschule spielt Johanna ebenso wie die anderen Schüler nicht nur ihr vertrautes, sondern auch ein für sie neues Instrument. Etwa eine Trommel.

Bei diesem musikpädagogischen Projekt ist Polystilistik gefragt - ein von Schnittke in den 60er Jahren entwickelter Musikstile-Mix, ein Dialog moderner und alter Musik. In vier Arbeitsgruppen mit je einem Gewandhausmusiker haben die insgesamt neun Schüler in den vergangenen Tagen ihrer Kreativität freien Lauf gelassen und - ausgehend von dem Schnittke-Stück - ganz neue Werke komponiert.

«Ein Rudiment von Schnittke ist aber noch da», berichtet Kontrabassist Tobias Martin vom Gewandhausorchester. Er ist bei der Arbeitsgruppe Marsch dabei. «Das hier ist eine relativ frei angelegte Sache, ein sehr schönes Projekt», schwärmt der Berufsmusiker. Die Schüler könnten einen Eindruck von Schnittkes Arbeitsweise bekommen, sagt er. Die 17-Jährige Josephin Queck wird bei den Aufführungen singen. «Hier geht es sehr ernsthaft, aber auch sehr locker zu. Man kann frei gestalten», schildert sie ihre Eindrücke von den Workshops.

Erstmals auf der Gewandhaus-Bühne steht am Freitag auch der Musiker und DJ Sergej Klang alias Marcus Psurek. Der 35-Jährige wird - auch ausgehend von «(K)ein Sommernachtstraum» - drei eigene Kompositionen vorstellen und bringt auch in die einzelnen Gruppen den einen oder anderen Beat ein. «Artfremde Musiker mit einer nicht konzertanten Tradition wie ich bringen in das Projekt eine andere Sichtweise auf diese Musik ein», erklärt er. Schnittke sei bei seinen Kompositionen zwar noch zu hören. Er selbst präsentiere jedoch elektronische Musik, «sehr gut hörbare, poppige Stücke». Der DJ fügt hinzu: «Hier treffen klassische und moderne Musik aufeinander. Man muss einfach mutig rangehen.»

Projekte wie dieses hat Annika Schmitz, die beim Gewandhaus für Musikvermittlung zuständig ist, schon einige initiiert. «Wir versuchen damit, den Kindern und Jugendlichen Zugang zu den Werken des Gewandhausorchesters zu verschaffen», sagt sie. Da die Gymnasiasten Schnittkes Stück in seiner Gesamtheit gar nicht kennen, werde es für sie umso spannender, wenn sie nach ihrer 40-minütigen Aufführung in einem Konzert des Gewandhausorchesters erstmals das Originalwerk hören.

Durch ihre eigene schöpferische Tätigkeit könnten sich die Schüler viel besser mit dem Werk des Komponisten identifizieren, ist die Musikpädagogin überzeugt. «Wir wollen nicht nur Klassik machen», sagt Gewandhaus-Intendant Andreas Schulz, der mit Projekten wie diesem schon an die Konzert-Abonnenten von morgen denkt. Sein Haus wolle jungen Leuten das Repertoire des Gewandhaus-Orchesters nicht dogmatisch, sondern auf diese kreative Art vermitteln.

Bei der Hauptprobe am Donnerstag spürten die meisten Jugendlichen doch ein leichtes Kribbeln in der Magengegend. Erst wenn es an die Proben geht, werde vielen richtig bewusst, dass sie in einem renommierten Konzerthaus auftreten, weiß Schmitz aus Erfahrung. Immerhin haben sich um die 200 Zuhörer für das Gewandhaus-Debüt der jungen Musiker angesagt.

 

Ort
Musikgenre