Der Raum „zwischen Konzertsaal und Internet“, wo sich dem Untertitel des Regensburger Kongresses zufolge „musikalische Treffpunkte“ ergeben sollten, ist – was die Vielfalt des Themenspektrums angeht – ein bunt schillernder. Was die Trennschärfe von Definitionen und Werturteilen betrifft, ist das Thema „Musik – Neue Medien – Bildung“ dagegen eine Grauzone, in der zurechtzufinden selbst für diejenigen nicht ganz einfach ist, die in einem der Teilbereiche als Experten gelten können.
Der Raum „zwischen Konzertsaal und Internet“, wo sich dem Untertitel des Regensburger Kongresses zufolge „musikalische Treffpunkte“ ergeben sollten, ist – was die Vielfalt des Themenspektrums angeht – ein bunt schillernder. Was die Trennschärfe von Definitionen und Werturteilen betrifft, ist das Thema „Musik – Neue Medien – Bildung“ dagegen eine Grauzone, in der zurechtzufinden selbst für diejenigen nicht ganz einfach ist, die in einem der Teilbereiche als Experten gelten können.Entsprechend waren die Herausforderungen, denen sich die Veranstalter des Kongresses (die Stadt Regensburg zusammen mit dem Deutschen Musikrat) und die Organisatoren (die Regensburger Fachakademie für katholische Kirchenmusik und Musikerziehung mit Prof. Gyula Racz an der Spitze) gegenübersahen: den zirka 400 Teilnehmern (hinzu kamen 300 bis 400 Schülerinnen und Schüler) einerseits etwas von dem Reichtum an Verknüpfungspunkten anschaulich zu machen, andererseits handfeste Informationen und Orientierungshilfen zu bieten für die Musikvermittler vor Ort, also die Lehrkräfte an Schulen, Musikschulen oder Universitäten, die sich der neuen Medien bedienen wollen oder zunehmend bedienen müssen.Denn, wie Reinhard Goebel, Leiter des Zentrums für Kunst und Medientechnologie in Karlsruhe, zu Recht betonte: Was sich in den letzten Jahren verändert hat, sind weniger die (computer-)technischen Möglichkeiten als vielmehr die Formen der Distribution und Kommunikation, woraus der gesellschaftliche Druck erwachsen ist, sich auf einer breiteren Ebene und besonders auch im Bildungsbereich damit auseinander zu setzen.
Goebel plädierte dafür, die digitalen Technologien als neue Instrumente der Musik und der Kunst begreifen und ergreifen zu lernen.
Sein perspektivenreiches Referat gehörte zum ersten Strang an Veranstaltungen, die sich dem Thema sozusagen frontal widmeten. Weitere Vorträge waren der Fördermaßnahme „InfoSchul“ des Bundesministeriums für Bildung und Forschung (Hartmut Koch, Scientific Consulting), dem Thema „Computer in der Musiklehrerausbildung“ (Rainer Wehinger, Musikhochschule Stuttgart) und dem Bereich „Geistiges Eigentum im digitalen Zeitalter“ (Hans-Herwig Geyer, GEMA) gewidmet. Klaus Mainzer, Professor für Philosophie und Wissenschaftstheorie an der Augsburger Universität, lenkte den Blick auf allgemeine Entwicklungstendenzen im Bereich computergestützter Kommunikationsnetze. Diese würden, so Mainzer, in Zukunft von einer „augmented reality“ gekennzeichnet sein, in Abgrenzung zum Begriff der virtuellen Realität, der die 90er-Jahre bestimmt habe. Funktionen, die im Moment noch der Computer ausführe, verlagerten sich zunehmend wieder in die Alltagsgegenstände, die somit als Bestandteile dieser erweiterten Realität erfahrbar würden.
Stärker in die Problembereiche des Musikunterrichtens selbst führte die Diskussion, die – von nmz-Herausgeber Theo Geißler moderiert – Niels Knolle (Professor an der Universität Magdeburg), Maximilian Schnurrer (Leiter der Kreismusikschule Tirschenreuth) sowie die Web-Spezialisten Andreas Heck und Martin Hufner auf dem Podium zusammenführte. Denn durch die intensive Beteiligung eines vornehmlich aus dem Schul- und Musikschulbereich stammenden Publikums steuerte das Gespräch über die „Neuen Medien als Kulturtransportmittel“ – so der Titel – zunehmend auf die Frage nach den neuen Medien als Mittel und Gegenstand des Musik- oder Instrumentalunterrichts. Es nahm somit den Faden wieder auf, den am Vorabend das live vom Kongress gesendete Musikmagazin „taktlos“ ausgesponnen hatte. Hier wie dort machte die Diskussion deutlich, dass nicht erst der kommenden Generation von Lehrkräften die Kompetenz an die Hand gegeben werden muss, die neuen Medien im Unterricht einerseits als Hilfsmittel einzusetzen und sie anderseits als einen in seinem kreativen Potenzial erst noch zu erkundenden Faktor der gegenwärtigen Musik kritisch zu thematisieren. Ein Ausbau der Fortbildungsmöglichkeiten, wie sie etwa taktlos-Diskutant Kurt Wehle an der Dillinger Akademie durchführt (siehe auch seinen Beitrag auf S. 21 dieser Ausgabe), ist somit ein ebenso dringendes Desiderat wie eine entsprechende Anpassung der Ausbildung an den Musikhochschulen und Universitäten, die Niels Knolle zu Recht einforderte.
Während es in einem Nebenraum des Regensburger Domes in der taktlos-Sendung so heiß herging, wie es das kühle Gemäuer zuließ, schickten sich im Kirchenschiff selbst die Regensburger Domspatzen an, eine Brücke zu schlagen zwischen Renaissance-Polyphonie und Multimedia-Ereignis. Wurden im ersten Programmteil makellos gesungene Werke von Lasso, Palestrina oder Gabrieli ergänzt durch herausragende Improvisationen des Domorganisten Franz Josef Stoiber, so traten im zweiten Teil Instrumentalisten zweier Regensburger Gymnasien hinzu. Sie waren für die im Raum verteilten orchestralen Bestandteile der Komposition verantwortlich, die sich aus der Verknüpfung von Oliver Fricks musikalischem Anteil mit den sich verändernden visuellen Projektionen Bernhard Kahrmanns entwickelte. Der Schüler Marco Stroppas hat hier mit viel Sensibilität und wachem Klangsinn Schichtungen zwischen lockerer Fügung und dichter Strukturierung entworfen. Impulse von der Projektion aufnehmend, ansonsten aber frei disponierend, ließ Domkapellmeister Roland Büchner die Vokalisen des Chores diese Schicht mit großer Intensität überwölben. Ein gelungenes Wagnis, das die Atmosphäre des Raums wirkungsvoll mit einbezog und den zeitlichen Bogen nicht überspannte.
Auch andere Konzerte, darunter ein stärker handwerklich denn ästhetisch beeindruckender Auftritt des Münchner Ensembles „Augenklang“ mit Live-Filmmusik von Enjott Schneider und Andreas Weidinger sowie der als synästhetische Performance packende Auftritt Jürgen Schmid-Mittags an seiner Malklangwand, eröffneten Ausblicke auf die kreativen Kräfte, die den neuen Medien zu entlocken wären.
Weitere Schwerpunkte der zweitägigen Veranstaltung lagen in den stark frequentierten Workshops, wo es um den Einsatz bestimmter Software und um die Umsetzung medialer Strategien in konkrete Unterrichtsmodelle ging, sowie in der Ausstellung von Herstellern, aber auch von erfolgreichen Schulprojekten aus der Fördermaßnahme „InfoSchul“.
Darüber hinaus hielt der Arbeitskreis Musikpädagogische Forschung (AMPF) – neben „InfoSchul“ der zweite Kooperationspartner der Medientage –, zunächst das Kongressprogramm übernehmend, dann mit eigenen Referaten an der Regensburger Universität, seine Jahrestagung zum Thema „Multimedia als Gegenstand musikpädagogischer Forschung“ ab.
Dass die dort vorgetragenen Forschungsergebnisse möglichst rasch Eingang in die Ausbildung von Musiklehrkräften und damit auch in die Schulen und Musikschulen finden mögen, ist einer der Wünsche, die aus dem Kongress „Musik – Neue Medien – Bildung“ abzuleiten wären.