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Paul Dukas’ „Zauberlehrling“ als Familienkonzert mit vielen Eimerträgern. Foto: Michael Schwanse

Paul Dukas’ „Zauberlehrling“ als Familienkonzert mit vielen Eimerträgern. Foto: Michael Schwanse

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Wenn alles auf der Bühne zusammenkommt

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Ulrike Schwanse blickt auf 20 Jahre Familienkonzerte in Essen und Mülheim zurück
Vorspann / Teaser

Was ihr an ihrer Arbeit am meisten Spaß gemacht hat? Auf diese Frage hin sprudelt es bei Ulrike Schwanse nur so heraus: „Wenn alles auf der Bühne zusammenkommt: die Arbeit des Orchesters, die Vorarbeit der Lehrkräfte und der Kinder. Wenn der Kameramann oben genau weiß, wann er welches Instrument einfangen muss, und das Publikum bei dem Lied mitsingt, das die Kinder in der Schule gelernt haben. Und wenn ein Kind einfach so dasteht und sagt: ‚Das ist der schönste Augenblick meines Lebens!‘ Solche Worte fallen wirklich, da merkt man, was es ihnen bedeutet, und das ist ergreifend.“

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Über 20 Jahre ist es her, dass die studierte Musikwissenschaftlerin und Rhythmikerin nach dem Aufbaustudium Musikvermittlung an der Hochschule für Musik Detmold im Rahmen ihrer Promotion ein Familienkonzertmodell in Kooperation mit Grundschulen untersuchte. „Das überzeugte mich, und so wollte ich selbst etwas in dieser Art aufbauen.“ Was sie an diesem Konzept schätzt, ist „die kontinuierliche Zusammenarbeit mit den Lehrkräften der Schulen“, sagt Ulrike Schwanse, „und dass die Kinder ihre Unterrichtsergebnisse auf der Bühne zeigen dürfen. Es findet also eine Verquickung statt zwischen dem vorbereitenden Musikunterricht und dem Konzert, so dass die Kinder sich auch wirklich als Akteure auf der Bühne miterleben können.“

Die Bilanz ihrer Arbeit in Zahlen liest sich beeindruckend: Seit 2005 finden die Familienkonzerte in Koope­ration mit Grund- und Förderschulen im Ruhrgebiet statt, 107 davon mit über 122.000 Besuchern in der Essener Lichtburg, 46 Veranstaltungen mit rund 45.000 Besuchern in der Stadthalle Mülheim. Neben den teilnehmenden Schulen sind zunächst das Collegium Musicale und später die Studentenorchester aus Essen und Münster regelmäßige Kooperationspartner für Ulrike Schwanse. Sie nehmen das entsprechende Repertoire in ihre Planung auf, was eine langfristige Disposition bei den Familienkonzerten voraussetzt.

Nachdem sie in den ersten Jahren mit moderierten Konzerten startete, begann die Musikvermittlerin ab 2010 damit, Regisseure miteinzubeziehen. Seit zehn Jahren arbeitet sie nun mit Anja Schöne, der Leiterin des Kindertheaters Hagen zusammen. Dadurch hat sich das Spektrum um Dialogisches und Szenisches erweitert, für bestimmte Themen werden weitere Künstler hinzugezogen: „Wir hatten schon Deutschlands Rollschuhmeisterin auf der Bühne; die hat zum Winter aus Vivaldis Vier Jahreszeiten sozusagen ‚Eis getanzt‘, und in den kommenden Konzerten werden wir einen Breakdancer mit dabei haben.“ Als weiteres Element sind im Laufe der Jahre Videoprojektionen hinzugekommen – einerseits, indem eine Kamera Details aus dem Orchester einfängt, andererseits in Form von kleinen Filmen, die in den Schulen entstehen.

In Sachen Schulkooperationen zeigt sich das, was Ulrike Schwanse schon in ihrer Promotion nachgewiesen hatte, auch in ihrer Praxis: „Die Teilnahme der Schulen ist weniger vom Einsatz der Schulleitungen abhängig als vielmehr vom Engagement der Lehrkräfte, die – überwiegend fachfremd – den Musikunterricht erteilen. Es ist ein entscheidender Punkt, sie ins Boot zu holen und ständig mit ihnen im Gespräch darüber zu bleiben, in welche Richtung die Unterrichtsmaterialien entwickelt werden müssen und wo sie Schwerpunkte setzen wollen.“ Ein Thema, das in den vergangenen zehn Jahren in den Fokus von Schwanses Arbeit gerückt ist, ist die Internationalität: „Wir haben etwa 45 Prozent Kinder mit Migrationshintergrund in unseren Schulen. Das fließt natürlich in die Programme ein, etwa wenn eine syrische Musikgruppe mit auf der Bühne steht.“

Auch das Finanzielle muss immer mitbedacht werden, wobei etwa 50 Prozent der Kosten über die Konzerttickets erwirtschaftet werden und der Rest über Sponsoring einzuwerben ist. Das Risiko der Selbstständigkeit zu tragen, gehört somit zu den Anforderungen an eine Nachfolge, nach der Ulrike Schwanse nun sucht, denn im April 2026 will sie in den Ruhestand gehen und hofft auf eine ambitionierte Fortsetzung ihrer Arbeit. Ihr Konzept sieht sie als gut etabliert an und glaubt an eine erfolgreiche Weiterführung: „Bis jetzt hat es gut funktioniert und ich sehe auch für die Zukunft großes Potenzial.“

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