Banner Full-Size

Die Banken gehen, der Pop bleibt

Untertitel
Neuveröffentlichungen der Popbranche im Oktober
Publikationsdatum
Body

Und selbst wenn alles Geld der Welt weg ist oder letztendlich doch bei Roman Abramovich landet – die Musik bleibt.

Meint auch Helen Schneider. Nach zahlreichen Auszeichnungen und Highlights in ihrer Karriere widmet sie sich mit dem gegenwärtigen Album „Dream a little dream“ dem „Great American Songbook“. Zusammen mit ihren Produzenten Till Brönner und Christian von Kaphengst entstand ein intensives und lautloses Album, das mit Stücken von Cole Porter, Kurt Weill oder Ella Fitzgerald besetzt ist. Federführend dabei Helen Schneiders brillante, sanfte Stimme, die sich an die berauschte, leicht jazzige Welt des „Great American Songbook“ wundervoll anschmiegt und Zeit zu einem nutzlosen Gegenstand verkommen lässt (www.helenschneider.de).

Pianist und Komponist Sebastian Schunke ist „Back in New York“. Dass sein Stern in der Welt des Latin Jazz nicht nur aufgeht, sondern längst am Himmel ruht, beweist sein bald erscheinendes Album. Warum sonst hätte sich der neunfache Grammy-Gewinner und Klarinetten-Fuchs Paquito D’Rivera auf eine Arbeitsgemeinschaft eingelassen, wenn er in Sebastian Schunke nicht einen absoluten Star sähe und sich Großes von einer Kooperation verspräche? Dementsprechend außergewöhnlich erklingt das Album. Latin trifft Jazz. Und zwar auf eindeutig hohem Niveau, das jedoch nie die Bodenhaftung verliert. Ein Album, das den Sommer verlängert (www.sebastianschunke.com).

Ein couragiertes Album legen caracho aus Hamburg vor. Da dachte man, die Zeit des Elektropunks sei mit dem Untergang von „The Prodigy“ vorbei. Derweil frickeln sich die Hamburger ein ansehnliches Werk namens „Lass uns Bambi spielen“ zusammen, das durch bravouröse Soundattacken glänzt und abstruse wie aberwitzige deutsche Textfragmente enthält, die fast schon wieder lustig sind. Und damit Kultur. Sie selbst sehen sich als Hybride aus „Trio“ und „The Prodigy“; kann man quittieren und um die Feststellung ergänzen, dass die Damen und Herren Paranoia, Schizophrenie und Wahnsinn als originelle Bandmitglieder fungieren. Wer defensives Chaos liebt, wird diese Elektroplatte mögen (www.caracho-musik.de).

Ein Bandinfo, das den Künstler mit folgenden Worten rühmt, regt oft zum Schmunzeln an: „Kräftiger Rock vermischt mit Rumba, Samba, Ska, Tango und Reggae …“ Das hat doch noch nie funktioniert. Diesmal aber doch. Huecco, spanischer Newcomer, schafft das mit einer imponierenden Unbeschwertheit, die fast beängstigend ist. Ohne sich zu verzetteln, vermengt er vorher genannte Stilrichtungen, erweitert sie um Hip Hop Elemente und transportiert seinen Horizont von Musik mit „Assalto“ stringent, aber desgleichen popkompatibel an die Massen. Überraschendes und wirklich elegantes Album (www.huecco.es).

Brendan Canning ist ein weit gereister Mann. Seine Biographie gestaltet sich derart interessant, dass man sich hier auf das Wesentliche beschränken muss. Den Rest bitte bei Google recherchieren. Canning war Mitglied der Indierocker „Broken Social Scene, By Divine Right, Blurtonia, Valley of the Giants, Len und hHead“. Nun gibt es ein Soloalbum, mitgestaltet von fortwährenden Bandbegleitern und Freunden. Canning präsentiert einerseits eine musikalische Quintessenz seiner Jahre, andererseits aber ebenso ein weitsichtiges Album. Gespickt mit Gitarrenriffs und sogar den Einsatz von Hörnern nicht scheuend, klingt „Something for us all“ mal wie ein Kindheitstraum, dann wie ein Schlag in den Nacken und letztendlich wieder unendlich schwärmerisch und verträumt (www.arts-crafts.ca). Ein wegweisendes Stück Musik, das Canning hier zwischen Rock und Pop zementiert hat. Dringender Hörbefehl!

Diskographie
Helen Schneider – Dream a little dream (31.10.2008, Edel Records)
Sebastian Schunke – Back in New York (24.10.2008, Connector)
caracho – Lass uns Bambi spielen (02.10.2008, One Eyed Charlie)
Huecco – Assalto (12.09.2008, Warner)
Brendan Canning – Something for us all (12.09.2008, Arts-Crafts)

Weiterlesen mit nmz+

Sie haben bereits ein Online Abo? Hier einloggen.

 

Testen Sie das Digital Abo drei Monate lang für nur € 4,50

oder upgraden Sie Ihr bestehendes Print-Abo für nur € 10,00.

Ihr Account wird sofort freigeschaltet!