Body
+++München: Dario Fo inszenierte «Barbier von Sevilla»+++Anne-Sophie Mutter spielt deutsche Erstaufführung von Previn-Konzert+++Mainz: Universität und Villa Musica wollen enger zusammenarbeiten+++Komponist Glaser kommt nach Chemnitz zurück+++Wilde Visionen beim «Taktlos»-Festival in Basel+++Staatsoper Hannover feiert 150. Geburtstag ihres Opernhauses+++
München (ddp). Komische Opern haben es schwer, die Leichtigkeit des Genres nicht zum albernen Klamauk verkommen zu lassen. Auch Gioacchino Rossinis 1816 in Rom uraufgeführter Welterfolg «Der Barbier von Sevilla» mit banaler Handlung und schönen Arien verführt zu derb-dummen Scherzen. Der italienische Theatermacher und Literatur-Nobelpreisträger Dario Fo ist dieser Versuchung nicht erlegen und hat das angestaubte Opernwerk im Stile der Commedia dell\'Arte mit spielerischer Situationskomik und moderner Choreografie neu inszeniert. Das Ergebnis wurde am Mittwochabend als erstes und einziges Deutschlandgastspiel im Deutschen Theater in München gezeigt.Natürlich kriegen sich auch in der Fo-Inszenierung wie im Beaumarchais-Text - der ebenso Vorlage für Mozarts «Figaro» war - die zwei, die sich wirklich lieben. Dafür sorgt der Barbier Figaro (Petar Danilov), der unaufgeregt die Szene beherrscht, bis Doktor Bartolo, der Vormund der schönen und reichen Rosina, dem Grafen Almaviva (Matteo Lee) das Feld räumt. Rosina wird von der Petersburger Operndiva Maria Gortsevskaya gesungen, die stimmlich eine beeindruckende Leistung zeigte.
Viele Lacher erntete der italienische Bass Gabriele Ribis, der als mitgiftgeiler Doktor Bartolo einiges komödiantisches Talent unter Beweis stellte. Vor allem in dem mörderischen Duell, das der Doktor - bewaffnet mit Schaumstoffmatratze - gegen den mit übermächtiger Nackenrolle gleichen Materials angetretenen Rivalen Almaviva zu bestreiten hat.
Mit 124 Sängern, Tänzern, Artisten und Musikern hat Dario Fo das turbulente Treiben inszeniert und Bühnenbild sowie Kostüme selbst entworfen. Besonders beeindruckt zeigte sich das Münchner Publikum, mit welcher Behändigkeit sich der wie selbstverständlich in das Geschehen integrierte Umbau des Bühnenbilds vollzog. Nicht nur Tische, aneinander und aufeinander gruppiert, dienen Fo als wechselnde Requisite. Auch das Verschieben und Montieren ganzer Gebäudeteile, Emporen, Balkone und ausladenden Treppen bewältigen die Tänzer mit choreografischer Eleganz. Dieser spielerische en passant Wechsel der Kulisse wurde mit Zwischenapplaus belohnt.
Gut gemeint, aber wegen drohender Genickstarre nicht zu empfehlen, ist der Blick auf das in schwindelnder Höhe angebrachte Display, das die italienisch gesungene Oper mit spärlich eingeblendeten Übersetzungen zu erklären versucht. Die Premierengäste vergnügten sich dennoch an den vielen originellen Einfällen der mediterran inspirierten Aufführung, die Chor und Orchester der in München neu zu entdeckenden bulgarischen Staatsoper Plowdiw virtuos umsetzten. Noch bis 28. April im Deutschen Theater zu sehen.
Anne-Sophie Mutter spielt deutsche Erstaufführung von Previn-Konzert
Wiesbaden (ddp-swe). Das Rheingau Musik Festival lockt in seinem 15. Jubiläumsjahr seine Besucher mit der deutschen Erstaufführung des Violinkonzertes von André Previn. Wie der musikalische Leiter des Festivals, Michael Herrmann, am Donnerstag in Wiesbaden mitteilte, wird die deutsche Violin-Solistin Anne-Sophie Mutter Anfang Juli Previns Komposition spielen. Begleitet wird die Deutsche dabei von dem Komponisten selbst und dem London Symphony Orchestra.
Previn stellte das Violinkonzert im Auftrag des Boston Symphony Orchestra innerhalb von nur vier Monaten im Oktober 2001 fertig. Previn hatte seine neue Komposition als Violinkonzert geschrieben, nachdem sich die deutsche Geigerin bereit erklärt hatte, den Solopart zu übernehmen. Wie Herrmann weiter berichtete, setzte sich Mutter nun dafür ein, dass nach dem «sensationellen Erfolg» der Uraufführung in Boston das Violinkonzert am 5. Juli erstmals in Deutschland erklingt.
Weitere Programmneuerungen des am 28. Juni startenden Musikfestivals sind der Auftritt des Jazztrios Ray Brown (7. Juli, Schloss Johannisberg), des Glenn Miller Revival Orchestras (27. Juli, Rüsselsheim) sowie in der Reihe «Live im Park» das Konzert der Gruppe Chico & the gypsies (1. August). Zufrieden zeigte sich Herrmann mit dem bisherigen Besucheransturm: Bereits jetzt sind den Angaben zufolge 74 Prozent der Karten für die 152 Konzerte vergeben.
Besuchermagneten sind Herrmann zufolge in diesem Jahr das Eröffnungskonzert, Orffs Carmina Burana unter Hugo Wolff, der Auftritt des Pianisten Daniel Barenboim sowie das Abschlusskonzert mit dem englischen Dirigenten John Eliot Gardiner. Die Veranstalter wiesen aber auch darauf hin, dass es kurz vor den Konzerten immer «gute Chancen» auf Restkarten gebe.
Universität und Villa Musica wollen enger zusammenarbeiten
Mainz (ddp-swe). Der Fachbereich Musik der Johannes-Gutenberg-Universität Mainz und die Landesstiftung Villa Musica wollen künftig enger zusammenarbeiten. Vertreter beider Einrichtungen unterzeichneten am Donnerstag in Mainz einen entsprechenden Kooperationsvertrag. Mit der Vereinbarung werde eine Lücke in der musikalischen Nachwuchsförderung in Rheinland-Pfalz geschlossen, betonte der Vorsitzende der Landesstiftung Villa Musica und Kultur-Staatssekretär Roland Härtel. In einer Zeit, in der die Kulturbudgets immer enger würden, sei Kooperation der einzige Weg, um Standards aufrechtzuerhalten.
In der Vereinbarung verständigten sich die Partner auf die Teilnahme von Studenten an Konzerten der Villa Musica, Unterrichtsprojekte mit Dozenten der Stiftung sowie die Bereitstellung von Praktikumsplätzen für den neuen Studiengang «Kulturmanagement» und Sonderprojekte.
Nach Ansicht von Härtel kann sich der Fachbereich Musik der Universität das Know-how der Villa Musica im Bereich kammermusikalischer Ausbildung zu Nutze machen. Die Stiftung könne dagegen im Bereich «Kammermusik mit Singstimme» vom Aufschwung der Sängerausbildung an der Hochschule profitieren.
Komponist Glaser kommt nach Chemnitz zurück
Chemnitz (ddp-lsc). Einer der bedeutendsten Komponisten und Musikpädagogen Schwedens ist am Samstag an seinem ehemaligen Wirkungsort Chemnitz zu Gast. In der Reihe «Kleine Nachtmusik» finde ein Gesprächskonzert mit dem über 90-jährigen Werner Wolf Glaser in der Villa Esche statt, teilte die Stadtverwaltung Chemnitz mit. Der Abend sei Teil des Veranstaltungsprogramms rund um die Einweihung der neuen Synagoge am 24. Mai.
Im Programm erklingen Werke für Violine und Klavier von Werner Wolf Glaser, Johann Sebastian Bach, Berthold Goldschmidt und Philipp Jarnach. Interpret ist der international bekannte Klavier- und Violinvirtuose Kolja Lessing, der auch das Gespräch mit dem Komponisten führt.
Der 1910 in Köln geborene Glaser wirkte 1931/32 als Korrepetitor bei der damals revolutionären Aufführung der Oper «Wozzeck» von Alban Berg am Chemnitzer Opernhaus mit. Wegen seiner jüdischen Herkunft wurde er 1932 fristlos entlassen. In seiner neuen Heimat Schweden trug er wesentlich zur Entwicklung des Musiklebens bei. Sein kompositorisches Schaffen umfasst nahezu 1000 Werke.
(www.mozart-gesellschaft.de)
Wilde Visionen beim «Taktlos»-Festival in Basel
Basel (ddp-bwb). Das Basler «Taktlos»-Festival im Gare du Nord gibt bis Samstag zum 19. Mal «zeitgenössisch visionärer Musik» eine Plattform. Die Piano- und Voice-Solistin Tomoko Mukaiyama, eine Japanerin aus Amsterdam, ist für Freitag angekündigt. Einen nicht minder exaltierten Ruf genießt nach Veranstalterangaben «Ex Orkest». Der harte Kern der Holländer begann 1979 als Punkband «The Ex». Vor zwei Jahren stießen Größen aus der Independent- und der Impro-Szene hinzu, außerdem der Dada-Poet Jaap Blonk und der Trompeter Roy Paci.
Drei Quartette unterschiedlichen Temperaments bietet das Festival am Samstag. Unter dem Bandnamen «Spunk» betreiben vier junge Norwegerinnen ein Crossover aus Industrial Sound, klassischer Musik und Folk. Die Zutaten: Trompete, Stimme, Cello, Französisch-Horn, manchmal auch ein Haartrockner oder ein Toaster.
Ihnen folgt ein franko-kanadisches Projekt: Der Klarinettist Louis Sclavis und sein Partner Bruno Chevillon (Bass) trafen im vergangenen Jahr auf Jean Derome (Sax/Flöte) und den Drummer Pierre Tanguay aus Montréal - ein magisches Viereck. Einen Tag später finden die Konzerte jeweils in Zürich statt.
(Vorverkauf: 0041/61/6923219. Internet: www.taktlos.com)
Staatsoper Hannover feiert 150. Geburtstag ihres Opernhauses
Hannover (ddp). Die Staatsoper Hannover feiert in diesem Jahr den 150. Geburtstag ihres von Georg Ludwig Friedrich Laves erbauten Opernhauses. Den Auftakt der Feiern bildet am 31. August zu Beginn der neuen Spielzeit die Großveranstaltung «Passo», ein Sternmarsch zum Opernhaus, bei dem 500 Musikschüler im Herzen Hannovers mitwirken. Einen Tag später steht eine Festaufführung von Giuseppe Verdis Oper «Ernani» auf dem Premierenprogramm, wie Intendant Albrecht Puhlmann am Mittwoch in Hannover sagte.
Weitere Höhepunkte der neuen Spielzeit sind die Premiere von «Le nozze di Figaro» von Wolfgang Amadeus Mozart in einer Inszenierung von Thomas Bischoff im September, die Premiere der Oper «I Capuleti e i Montecchi» von Vincenzo Bellini im November sowie die Premiere der Henry-Purcell-Oper «Hail! Bright Cecilia» im Juni 2003 unter der Regie von Nigel Lowery. Insgesamt plant das Haus in der neuen Spielzeit zwölf Opern- und Ballettpremieren.
Das Opernhaus Hannover wurde ab 1845 in siebenjähriger Bauzeit errichtet und am 2. September 1852 mit einer Festaufführung von Goethes Schauspiel «Torquato Tasso» eingeweiht. Seinerzeit verfügte das Haus über rund 2300 Sitzplätze - das waren etwa doppelt so viele wie heute. Am 26. Juni 1943 wurde das Opernhaus bei einem Bombenangriff bis auf die Grundmauern zerstört. Nach dem Krieg, im November 1949, beschloss Hannovers Stadtrat, das Opernhaus nach Plänen des Architekten Werner Kallmorgen wieder aufzubauen. Nach zehnmonatiger Bauzeit wurde es am 30. November 1950 mit einer Aufführung der Strauss-Oper «Der Rosenkavalier» wiedereröffnet.