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Berlin: Ströver kritisiert Kulturpolitik Wowereits

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Berlin - Die scheidende Grünen-Abgeordnete Alice Ströver hat die Kulturpolitik des Regierenden Bürgermeisters Klaus Wowereit (SPD) scharf kritisiert. «Sie war in den vergangenen fünf Jahren sehr einseitig ausgerichtet», sagte Ströver im Gespräch mit der Nachrichtenagentur dapd. Wowereit, der auch für die Kulturpolitik zuständig ist, habe sich bei der Finanzierung vor allem auf große Einrichtungen konzentriert, die aus seiner Sicht über internationales Renommee verfügten.

Zwar habe Wowereit entgegen ihrer ursprünglichen Annahme regelmäßig an den Sitzungen des Kulturausschusses teilgenommen, sagte Ströver, die das Gremium fast zehn Jahre leitete. Einen «qualitativen Sprung in der Kulturarbeit» unter seiner Führung könne sie jedoch nicht erkennen. Dies sei ein Grund, weshalb sie sich nach der Wahl am 18. September aus der aktiven Politik zurückziehe.

Profitiert haben nach Angaben Strövers insbesondere die großen Opernhäuser und einige große Theater. Zu den Verlierern gehörten dagegen kleine Theater, die freie Tanzszene und die Bildende Kunst. Dabei seien für die Mittelvergabe keine Qualitätskriterien angelegt worden, bemängelte die Politikerin.

Öffentliche Debatten vermisst
Mit Wowereits Amtsvorgänger Thomas Flierl (Linke) habe sie zwar Probleme gehabt, weil dessen Politik häufig ideologisch geprägt gewesen sei, aber in der Sache habe er mehr bewegt als der Regierende Bürgermeister, sagte Ströver. Als Beispiele nannte sie die Opernreform oder das Konzept für die öffentlichen Bibliotheken. Zudem habe Flierl inhaltliche Diskussionen zugelassen.

Ströver vermisst nach eigenen Angaben öffentliche Debatten über den Standort des geplanten Einheits- und Freiheitsdenkmals oder der Zentral- und Landesbibliothek. Wowereit betreibe Kulturpolitik als reine Standortpolitik, rügte sie. Die von ihm favorisierte Ansiedlung der Bibliothek auf dem Gelände des ehemaligen Flughafens Tempelhof solle kommerzielle Investoren anlocken. Dagegen gehöre eine solche Einrichtung dorthin, wo viele potenzielle Nutzer lebten.

Mehr tun für kleine Projekte
Ein Skandal sei es, wenn der Senat nach einem halben Jahr Bauzeit mitteile, dass die Wiedereröffnung des Stammhauses der Staatsoper Unter den Linden um ein Jahr verschoben werden müsse, sagte Ströver. Selbst die Abgeordneten hätten das erst aus der Zeitung erfahren. Für eine «Frechheit» hält sie zudem Aussagen aus der Bauverwaltung, dass die Sanierung trotz der Verzögerungen nicht mehr koste als bisher geplant.

Ströver forderte vom künftigen Senat in der Kulturpolitik eine transparente und gerechte Förderung der kleinen Theater und Tanzprojekte sowie die Schaffung von mehr bezahlbaren Ateliers und Kreativräumen. Mit neuen Intendanten müssten Zielvereinbarungen abgeschlossen werden, an denen sie gemessen werden könnten. Außerdem plädiert sie wieder für ein eigenständiges Kulturressort neuen Zuschnitts, zu dem auch die künstlerischen Hochschulen, der Denkmalschutz, die Filmförderung und die Medien gehören sollten.


 

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