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Dresdner Musikfestspiele starten am 5. Mai im Deutschen Hygiene-Museum
Dresdner Musikfestspiele sollen wegen Corona anders stattfinden
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Dresdner Musikfestspiele sollen wegen Corona anders als geplant stattfinden

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Dresden - Die Dresdner Musikfestspiele müssen in bisher geplanter Form erneut der Corona-Pandemie weichen. Ursprünglich sollte das Festival am 14. Mai beginnen. Wenn das Infektionsgeschehen es zulässt, will Intendant Jan Vogler eine reduzierte Version des Programmes nun im Juni bieten und dabei vor allem auf Open-Air-Feeling setzen.

Einige Höhepunkte der 44. Festspiele sollen zudem im November nachgeholt werden.«Wir bedanken uns für die unglaublich enthusiastische Unterstützung durch unser Publikum, unsere Sponsoren und Partner und unseren Träger, die Landeshauptstadt Dresden. Wir kämpfen für musikalische Begegnungen im Juni und hoffen mit Ihnen gemeinsam, 2021 einige unvergessliche Festival-Momente erleben zu können», erklärte Vogler.

Aber auch im Mai müssen Fans nicht auf musikalische Kost aus Dresden verzichten. Am 24. Mai 2021 beginnt eine Streamingwoche. Zum Auftakt präsentiert dabei das Dresdner Festspielorchester unter der Leitung von Daniele Gatti einen zweiteiligen Zyklus aller Sinfonien von Robert Schumann, der am 25. Mai auch bei MDR Klassik übertragen wird.

Die Verleihung des «Glashütte Original Musikfestspielpreises» sowie die bereits 2020 geplante Uraufführung des Tripelkonzerts «Alisma» für Violine, Violoncello und Klarinette des Schweizer Komponisten William Blank gibt es gleichfalls digital. In Kooperation mit dem Musikfest Hamburg wird das Auftragswerk der Dresdner Festspiele mit dem Philharmonischen Staatsorchester Hamburg unter der Leitung von Kent Nagano und den Solisten Mira Wang (Violine), Jan Vogler (Cello) und Daniel Ottensamer (Klarinette) aus der Elbphilharmonie gestreamt.

Der Cellist und Festivalintendant Jan Vogler sieht den kompletten Lockdown für die Kultur in der Corona-Pandemie überaus kritisch. «Wir brauchen Differenzierungen. Im Musikbetrieb ist man sehr vorsichtig, die Veranstalter haben gute Konzepte entwickelt», sagte der 57-Jährige im Gespräch mit der Deutschen Presse-Agentur. Mit Hygienekonzepten, Tests und Kontaktnachverfolgung lasse sich ein Konzert ohne großes Risiko veranstalten.

«Meine Haltung hat sich verändert. Vor einem Jahr war ich der Meinung, Kultur müsse sich in einer solchen Pandemie zunächst zurücknehmen. Zuerst ging es darum, diszipliniert zu bleiben und die Ärzte und Krankenschwestern bei ihrem Einsatz in der Pandemie zu unterstützen», sagte Vogler. Inzwischen sei man aber ein Jahr weiter und müsse sich auch die Frage nach Versäumnissen stellen - zum Beispiel bei den Impfungen gegen das Virus.

«Die Möglichkeiten von Tests werden zu wenig genutzt. Damit könnte man heute Dinge ermöglichen, die vor einem Jahr noch gar nicht denkbar waren», betonte der Musiker. Die jetzige Situation lasse sich nicht mit der vor einem Jahr vergleichen, und trotzdem gehe man nun die gleichen Wege: «Das ist eine große Belastung. Die Leute sind angespannt, eine so lange Zeit ohne gesellschaftliches Leben verbringen zu müssen. Ich bin vom derzeitigen Kurs nicht überzeugt.»

Vogler, der neben seiner internationalen Tätigkeit als Solist die Dresdner Musikfestspiele und das Moritzburg Festival für Kammermusik leitet, will den Kopf aber nicht in den Sand stecken: «Wir sind motiviert.» Da die jährlich im Mai beginnenden Musikfestspiele in Dresden angesichts der Pandemie im Mai noch keine Live-Konzerte ermöglichen können, will Vogler das bekannte Festival nun aufsplitten: in Open-Air-Konzerte im Juni, einige Konzerte im Sommer und einen zweiten größeren Teil im November.

Die Enttäuschung über die neuerliche Absage der Festspiele in gewohnter Form hat Vogler noch nicht verwinden können: «Wenn man am Feuerlöschen ist, hat man keine Zeit, enttäuscht zu sein. Wir sind momentan sehr beschäftigt mit Umplanen und dem Versuch, so viel wie möglich vom Festival zu retten.» Es gebe viel Unterstützung von der Stadt Dresden, dem Publikum und sehr treuen Sponsoren: «Das hilft uns, sehr motiviert zu bleiben.»

Vogler, der abwechselnd in New York und Dresden lebt, sieht die USA im Kampf gegen die Pandemie derzeit auf Erfolgskurs. «Ich kenne keinen Freund, der noch nicht geimpft ist. Die Impfzentren in New York sind generalstabsmäßig organisiert. Da sind wir in Deutschland hinterher und ich kann mir nicht so richtig erklären, warum das so ist.» Allerdings sollte man die Situation nicht immer vergleichen. Die USA hätten 2020 ein sehr schweres Pandemie-Jahr hinter sich, gleichzeitig habe Deutschland im Frühjahr 2020 beispielhaft agiert.

Vogler ist überzeugt: «Das fehlende Kulturleben macht den Menschen zu schaffen. Ich habe das Gefühl, dass wir das Kulturland Deutschland gefährden, weil wir keinerlei Versuche erlauben, selbst die kleinsten Zellen der Kultur durch Modellprojekte zu ermöglichen.» Dabei erfülle Kultur gerade in dieser Zeit eine wichtige Funktion, indem sie Menschen Freude gibt und den Alltag ein paar Stunden vergessen lässt: «Das ist uns allen in der Pandemie klar geworden.»

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