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Es geht um Frische, Authentizität und Lebendigkeit

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Ein neues Festival. Da mag so mancher Stoßseufzer laut werden angesichts der Fülle einschlägiger Events. Nicht zu voreilig jedoch, denn was sich bei „Jazz im Schloss“ vom 17.-19.6. auf Schloss Guttenburg bei Kraiburg am Inn abspielen wird, dürfte sich einigermaßen wohltuend abheben vom gängigen Wanderzirkus der Festivalprogramme.

„Die großen Festivals lassen der heimischen Szene nicht die Bedeutung zukommen, die ihr gebührt“, ist sich der Programmmacher Hugo Siegmeth sicher. Der vom Schlossherrn und Veranstalter Nico Forster als künstlerischer Leiter des Festivals engagierte Münchener Saxophonist vermisst bei vielen Festivalmachern die Bereitschaft Neues zuzulassen. „Sie setzen weitgehend auf Namen, lassen risikofreudige, authentische Musik aus der eigenen Heimat außen vor.“ Mit einem Programm, das eine deutliche Schwerpunktsetzung in der (süd)deutschen Jazzszene aufweist, möchte man Flagge zeigen auf Schloss Guttenburg anlässlich der Einweihung nach gelungener Renovierung. Stilistisch streut sich die Bandbreite von freier Improvisation über traditionelle Besetzungen bis zum Modern Mainstream. „Entscheidend sind Eigenständigkeit und Ausdruckskraft der Bands und Musiker“, erläutert Siegmeth.

Als Headliner fungieren Heinz Sauer und Michael Wollny, das Urgestein am Tenorsaxophon und der Himmelsstürmer am Piano, die jüngst mit „Melancholia“ (Act) die fulminante Momentaufnahme einer kreativen Begegnung der Generationen vorlegten und auf Schloss Guttenburg das Abschlusskonzert am Sonntag Abend bestreiten. Gleichfalls mit einem Duo wird das Festival eröffnet: Schlagzeuger Matthias Rosenbauer und Posaunist Gerhard Gschlößl werden am Freitag Nachmittag ihrer hemmungs- und grenzenlosen Improvisationslust frönen. Mit dem Marc Schmolling Trio kommen die Freunde eines klassischen sensiblen Pianotrio-Jazz auf ihre Kosten, während wiederum das Geoff Goodman Quintet u.a. mit Rudi Mahall und Felix Wahnschaffe für Originalität, leidenschaftliche Grenzverletzung und musikalische Widerhaken steht. Den Auftakt des zweiten Tages bestreitet das Quartett des in Berlin ansässigen Briten Marc Wyand mit einem risikofreudigen saxophonistischen Originalrepertoire. Der englische Bassist Barry Guy, der mit einem Soloauftritt erwartet wird, gilt als einer der wichtigsten Vertreter der britischen Avantgarde, zu der seine spieltechnischen Neuerungen und eigenwilligen Kompositionen einen unverwechselbaren Beitrag leisten. Ein Ereignis besonderer Art wird auch der „Mond“ von Carl Orff bieten, gesprochen von dem österreichischen Schauspieler Kurt Weinzierl, gespielt von Thomas Zollers Zollsound 5 mit u.a. Stefan Holstein und Wolfgang Lackerschmid. Die Beine ausschütteln mit Spaß und Energie kann man bis in die Nacht hinein mit Max Tillers Soulparty, einer heftig aufmischenden Funkformation. Den Schlusstag eröffnet der künstlerische Leiter Hugo Siegmeth selbst mit TriOzOne. Gemeinsam mit Henning Sieverts und Gerhard Gschlößl werden auch hier die ausgetretenen Pfade verlassen zu Gunsten von höchst geistreichen improvisatorischen Himmelsklängen. Mit Moritz Eggerts Wide Unclapsed wird die Grenzlinie zwischen Notation und Improvisation noch einmal ausgelotet bevor das Duo Sauer - Wollny das Festival beschließt.

„Es geht um Frische, Authentizität und Lebendigkeit“, verdeutlicht Hugo Siegmeth die Leitlinie seines Programms, „Bands, bei denen was passiert. Wir wollen ein Forum bieten für zeitgenössischen hochwertigen Jazz, dem auf anderen Festivals kein Raum geboten wird.“ Das Anliegen passe ausgezeichnet zum Veranstaltungsort, ist sich Siegmeth sicher, denn: „Auch bei der Renovierung des Schlosses und beim Neubau des auf dem Gelände entstehenden Museums spielen Authentizität und Improvisation die entscheidende Rolle.“
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