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Bernd Loebe
Frankfurter Intendant Bernd Loebe übernimmt zusätzlich Festspiele Erl. Foto: Maik Scharfscheer, Presse
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Frankfurter Intendant Bernd Loebe übernimmt zusätzlich Festspiele Erl

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Wien - Die österreichischen Festspiele Erl, seit Monaten wegen einer Affäre um sexuelle Übergriffe in den Schlagzeilen, werden künftig von dem 65-jährigen Opernintendanten Bernd Loebe geleitet. Loebe werde die Aufgabe ab 1. September 2019 zusätzlich zu seinem Amt als Intendant der Frankfurter Oper übernehmen, teilte der Präsident der Festspiele, Hans Peter Haselsteiner, am Mittwoch in Wien mit. «Ich traue mir zu, beides zu schaffen», so Loebe.

Er musste sich nicht bewerben, er wurde gefragt: Der Frankfurter Opernintendant Bernd Loebe wird bei den Tiroler Festspielen Erl Nachfolger des wegen angeblicher sexueller Übergriffe umstrittenen Maestros Gustav Kuhn. Loebe werde die Aufgabe ab 1. September 2019 zusätzlich zu seinem Amt als Intendant der Frankfurter Oper übernehmen, teilte der Präsident der Festspiele, Hans Peter Haselsteiner, am Mittwoch in Wien mit. «Ich traue mir zu, beides zu schaffen», so Loebe. Unter seiner Leitung wurde das Haus in Frankfurt bereits vier Mal als «Opernhaus des Jahres» ausgezeichnet.

Loebe kündigte an, den Blick nach vorn richten zu wollen. «Einen Imageschaden kann sich kein Festival auf Dauer leisten.» Er werde hochbegabte jüngere Dirigenten und hoffnungsvolle junge Sänger einladen sowie die Güte der Festspiele im Rahmen ihrer begrenzten technischen Möglichkeiten auszubauen versuchen. Die Berliner Regisseurin Brigitte Fassbaender werde ab 2021 in Erl Richard Wagners «Ring des Nibelungen» inszenieren.

Damit endet die Zeit des suspendierten Intendanten Kuhn. Er soll sich nach Aussage mehrerer Künstler sexuelle Übergriffe erlaubt haben. Der 73-Jährige, der die von ihm gegründeten Festspiele in Tirol seit 1997 leitete, hat die Vorwürfe stets bestritten. Kuhn werde seine Ämter nicht wie bisher nur ruhen lassen, sondern nun zurückgeben, sagte Haselsteiner. Der 73-Jährige werde sich eine Weile in ein Kloster in Italien zurückziehen. Wegen der angeblichen Übergriffe - ungewollte Küsse und Begrapschen der Brust - ermittelt auch die Staatsanwaltschaft.

Schon vor dem breiten Bekanntwerden der Vorwürfe sei die Position des künstlerischen Leiters in Erl im Frühjahr 2018 neu ausgeschrieben worden, sagte Haselsteiner. 15 Männer und sieben Frauen hätten sich beworben. Loebe sei aber «in der europäischen Opernlandschaft eine Ausnahmeerscheinung» und schon lange sein Wunschkandidat, so Haselsteiner. Der gebürtige Frankfurter, der einst auch als Kultur-Journalist gearbeitet hat, habe sich nicht auf die Ausschreibung beworben, sondern sei von ihm angesprochen worden, sagte Haselsteiner. Bis zum Amtsantritt Loebes, der einen Fünf-Jahres-Vertrag erhalten hat, bleibt Andreas Leisner interimistisch im Amt.

Kuhn, ein Schüler Karajans, war für seine sehr dominante Art bekannt. In einem TV-Interview hatte er jüngst seinen teils rüden Ton bei Proben eingeräumt. Als Dirigent habe er Orchestermitglieder als «Arschlöcher» und «Volltrottel» bezeichnet. «Wenn eine Horn-Gruppe das nicht zusammenbringt nach zehn oder zwölf Mal, dann kann man als Dirigent manchmal ausfallend werden», bemerkte er in den ORF-Nachrichtensendung «ZiB2» am Montagabend.

Haselsteiner setzt nun auf einen neuen Stil. Loebe werde beweisen, dass auch ein Maestro vom Kaliber Gustav Kuhn ersetzbar sei, meinte der schwerreiche Mäzen. Loebe kündigte bereits an, sich verstärkt um den Hausfrieden kümmern zu wollen. Er werde viele Gespräche mit Künstlern und Angestellten führen, um das «Gefühl der Identität und Loyalität gegenüber den Festspielen» wieder zu stärken.

Das Tiroler Passionsspieldorf Erl bei Kufstein am Inn gilt als Österreichs «grüner Hügel». Es hat sich einen besonders guten Ruf mit Wagner-Inszenierungen erarbeitet. Es gebe inzwischen nicht wenige Opernfreunde, die lieber nach Erl statt nach Bayreuth führen, so Loebe.