Hauptrubrik
Banner Full-Size

Geschichtsaufarbeitung - Katharina Wagner droht mit Klage zur Öffnung der Wagner-Archive

Publikationsdatum
Body

Berlin - Die Bayreuther Festspielleiterin Katharina Wagner will sich dafür einsetzen, dass alle Archive zur Aufarbeitung der NS-Vergangenheit des Grünen Hügels geöffnet werden. Sie erwäge für den Fall, dass keine Fortschritte erzielt würden, auch rechtliche Schritte, sagte ihr Anwalt Michael Brand der "Bild am Sonntag". Dabei geht es um Material, das die 1980 verstorbene Hitler-Verehrerin Winifred Wagner ihrer Enkelin Amélie Hohmann übergeben hatte.

Hohmann, die Tochter von Wolfgang und Wieland Wagners Schwester Verena Lafferentz, stelle in diesem Zusammenhang einen besonders schwierigen Fall dar. "Dort soll es einen ominösen 'weißen Schrank' geben, angeblich mit dem Nachlass von Verenas Mutter Winifred Wagner. Er gehört allen vier Stämmen (nmz - siehe Stammbaum), aber was drin ist, wissen wir bis heute nicht", sagte Katharina Wagner, die mit ihrer Halbschwester Eva Wagner-Pasquier die Festspiele leitet. Sie hätten Hohmann mehrmals angeschrieben, um Einblick zu erhalten - allerdings ohne Erfolg.

Brand sagte, seit Oktober vergangenen Jahres habe er im Auftrag der Erbengemeinschaft Wagner Hohmann mehrfach schriftlich aufgefordert, die Unterlagen zugänglich zu machen. Die Anfragen seien "ins Leere gegangen und blieben inhaltlich unbeantwortet", sagte Brand. Seine Mandantin Katharina Wagner gebe jedoch die Hoffnung auf eine "kooperative Zusammenarbeit" nicht auf.

Angesichts des Skandals um die nur teilweise überstochenen Hakenkreuz-Tätowierungen des Baritons Evgeny Nikitin hatte Kulturstaatsminister Bernd Neumann (CDU) darauf gedrungen, dass die Familie Wagner und das Festspielhaus in Bayreuth ihre NS-Vergangenheit umfassend aufklären. Er sehe die Familie und die Festspiele in einer "besonderen Verantwortung", sagte Neumann der Nachrichtenagentur dapd. Die Verbindungen der Festspiele zum Nationalsozialismus und seinen Vertretern in den Jahren 1933 bis 1945 "sowie die antijüdische Haltung des Hauses Wagner - auch schon vor dem Jahre 1933 - stellt ein besonders dunkles Kapitel in der deutschen Musik- und Kulturgeschichte dar".

Neben Bernd Neumann appelliert FDP-Kulturpolitiker Hans-Joachim Otto an die Familie Wagner und das Festspielhaus in Bayreuth, die Aufarbeitung der eigenen Vergangenheit in der Zeit des Nationalsozialismus voran zu treiben. "Transparenz und eine aktive Aufarbeitung der Geschichte sind keine freie Entscheidung, sondern eine Bringschuld", sagte er.

Rückhalt erhält die Festspielleitung von der Präsidentin der Israelitischen Kultusgemeinde in München, Charlotte Knobloch. Sie sei sich sicher, "dass die aktuelle Festspielleitung sich ihrer Verantwortung zur Vergangenheitsbewältigung bewusst ist", sagte Knobloch.

Nike Wagner wirft Festspielleitung Verschleppungstaktik vor
Auch die Kusine der Festspielleiterinnen, Nike Wagner, forderte in einem dapd-Interview: "Amélie Hohmann muss das Archivmaterial in der Tat endlich zugänglich machen." Es gehöre nicht ihr, sondern der Erbengemeinschaft.

Nike Wagner warf zugleich Katharina Wagner eine Verschleppungstaktik bei der Öffnung der Archive des Vaters Wolfgang Wagner vor. Die 67-jährige Tochter von Wolfgangs Bruder Wieland Wagner sagte: "Seit 2008 verspricht sie die Öffnung des Privatarchivs Wolfgang Wagners. Sie hat 'Historiker ihres Vertrauens' beauftragt, wie sie einigermaßen merkwürdig formuliert, den Journalisten Peter Siebenmorgen und den Historiker Wolfram Pyta, aber es ist nichts geschehen zwischen 2008 und 2012."

Nike Wagner meinte, offenbar werde hier verschleppt. Darüber habe sich der Historiker Hannes Heer zu Recht beschwert. Bei der Eröffnung seiner Ausstellung "Verstummte Stimmen" in Bayreuth hatte er gesagt, dass er keinen Zugang zum Wolfgang-Wagner-Archiv bekommen habe.

 

Ort