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Reform des Stiftungsprivatrechts zügig umsetzen!

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Gemeinsame Erklärung des Deutschen Kulturrates, des Bundesverbands Deutscher Stiftungen und des Deutschen Städte- und Gemeindebundes

Stiftungen haben in den letzten Jahren an Bedeutung gewonnen. Seit Beginn der Debatte um die Reform des Stiftungssteuer- und des Stiftungsprivatrechts im Jahr 1997 sind Stiftungen stärker in das Bewusstsein der Bevölkerung gerückt. Die Zahl der Stiftungserrichtungen ist in den letzten Jahren erfreulicherweise kontinuierlich gewachsen.

Die Reform des Stiftungssteuerrechts zum 01.01.2000 hat zu dieser Stiftungsbereitschaft beigetragen. Längst ist in der Bevölkerung verankert, dass Stiftungen auch mit Hilfe eines mittleren Vermögens errichtet werden können.

Die Debatte um das Stiftungswesen hat den Stiftungsgenehmigungs- und -aufsichtsbehörden eine neue Rolle zugewiesen. Viele Stiftungsgenehmigungs- und -aufsichtsbehörden sind in den vergangenen vier Jahren stifterfreundlicher geworden und haben ein neues Selbstverständnis gewonnen. Einige Stiftungsgenehmigungs- und -aufsichtsbehörden wandeln sich zu Kompetenzzentren bei der Errichtung von Stiftungen.

Der Deutsche Kulturrat, der Bundesverband Deutscher Stiftungen und der Deutsche Städte- und Gemeindebund begrüßen diese Entwicklung nachdrücklich. Stiftungen übernehmen bereits heute im Rahmen der public-privat-partnership wichtige Aufgaben in der Finanzierung von Kultur, Bildung und Wissenschaft. Aufgrund knapper finanzieller Ressourcen der öffentlichen Hände werden die Aufgaben für selbstständige und unselbstständige Stiftungen wachsen.

Um langfristig Bürgerinnen und Bürgern zu ermuntern, Stiftungen zu errichten und zu dotieren, ist eine Anpassung des Stiftungsprivatrechts erforderlich.

Die Anpassung des Stiftungsprivatrechts sollte folgende Aspekte umfassen:


gesetzliche Erwähnung eines Rechts auf Stiftungen,

Definition "Was ist eine Stiftung des bürgerlichen Rechtes?", "Was ist eine öffentlich-rechtliche Stiftung?", "Was ist eine Bürgerstiftung?",

Vereinfachung und Beschleunigung des Errichtungsverfahrens,

Regelungen bezüglich der Transparenz von Stiftungen durch Einführung eines Stiftungsregisters,

weiterer Ausbau der Stiftungsgenehmigungs- und -aufsichtsbehörden in Kompetenzzentren für Stiftungen.



Gesetzliche Erwähnung eines Rechts auf Stiftungen

Bereits heute haben Bürgerinnen und Bürger ein aus den Grundrechten ableitbares Recht, Stiftungen zu errichten und zu dotieren. Um die Leistung der Stifterinnen und Stifter, die schließlich ihr ganzes oder einen Teil ihres Vermögens unwiederbringlich in eine Stiftung einbringen, stärker zu würdigen, sollte zu Klarstellung im BGB festgeschrieben werden, dass die Behörden bei der Erteilung der Stiftungsgenehmigung, wenn die Voraussetzungen zur Stiftungsgründung gegeben sind, kein Ermessen haben.



Definition "Was ist eine Stiftung des bürgerlichen Rechtes?", "Was ist eine Stiftung öffentlichen Rechts ?", "Was ist eine Bürgerstiftung?"

Stiftungen genießen in der Öffentlichkeit ein hohes Ansehen. Dieses hohe Ansehen verlangt einen besonders umsichtigen Umgang mit dem Begriff der Stiftung. Im Rahmen der Reform des Stiftungsprivatrechts sollten daher die unterschiedlichen Ausprägungen von Stiftungen also: Stiftungen privaten Rechts, Stiftungen öffentlichen Rechts und Bürgerstiftungen definiert werden.



Vereinfachung und Beschleunigung des Errichtungsverfahrens

Das bestehende Konzessionssystems hat sich de facto längst zu einem Normativsystem weiterentwickelt. Dieser Entwicklung sollte durch den Gesetzgeber Rechnung getragen werden. Wir schlagen daher vor, an Stelle von Genehmigung durch die Stiftungs-genehmigungs- und -aufsichtsbehörde von Anerkennung zu sprechen. Damit wird die Wertschätzung gegenüber den Stifterinnen und Stiftern zum Ausdruck gebracht werden. Weiter sollten sich Stiftungsgenehmigungs- und -aufsichtsbehörden und Finanzbehörden bei der Errichtung steuerbegünstigter Stiftungen enger abstimmen. Die Entscheidung über die Anerkennung einer steuerbegünstigten Stiftung sollte aus einer Hand, der der Stiftungs-genehmigungs- und -aufsichtsbehörden erfolgen. Die Einführung von Entscheidungsfristen analog den Baurecht kann zur Beschleunigung des Anerkennungsverfahrens einen wichtigen Beitrag leisten.



Regelungen bezüglich der Transparenz von Stiftungen durch Einführung eines Stiftungsregisters

Die Einführung eines Stiftungsregisters, das bei den Stiftungsgenehmigungs- und -aufsichtsbehörden geführt werden sollte, kann zur Transparenz im Stiftungswesen beitragen. Das Stiftungsregister soll Auskunft über Namen, Sitz, Zweck und gesetzliche Vertretung der Stiftung geben.



Weiterer Ausbau der Stiftungsaufsichtsbehörden in Kompetenzzentren für Stiftungen

Stiftungsgenehmigungs- und -aufsichtsbehörden beraten Stifterinnen und Stifter auf dem Weg zur Errichtung einer Stiftung. Weiter überwachen sie, dass das tatsächliche Stiftungsgeschäft mit den in der Satzung festgelegten Zwecken übereinstimmt. Sie garantieren also nach dem Ableben der Stifterin oder des Stifters, dass der einmal festgelegte Zweck und damit der Wille des Stifters auch tatsächlich verfolgt wird. Im Zuge der Reformdiskussion um das Stiftungssteuer- und das Stiftungszivilrecht haben einige Stiftungsgenehmigungs- und -aufsichtsbehörden ihre Dienstleistungskompetenz gestärkt. Diesen Prozess gilt es nachhaltig zu unterstützen. Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Stiftungsgenehmigungs- und -aufsichtsbehörden sollten im Stiftungswesen besonders geschult und auf Dauer in der Behörde eingesetzt werden. Der Deutsche Kulturrat, der Deutsche Städte- und Gemeindebund und der Bundesverband Deutscher Stiftungen empfehlen die Umbenennung der Stiftungsgenehmigungs- und -aufsichtsbehörden in Stiftungsbehörden, um dem Dienstleistungsgedanken auch sprachlich Rechnung zu tragen.

Deutscher Kulturrat, Bundesverband Deutscher Stiftungen und Deutscher Städte- und Gemeindebund sind der festen Überzeugung, dass zur Weiterentwicklung der Bürgergesellschaft Stiftungen einen wesentlichen Beitrag leisten können. Wir fordern daher den Bund und die Länder auf, die Reform des Stiftungszivilrechts rasch umsetzen.

Berlin, den 10.10.2001