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Moritz Eggert. Foto: Juan Martin Koch

Moritz Eggert.

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Der GEMA-Schock

Untertitel
Absolute Beginners 2025/06
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Es ist geschafft – die GEMA-Reform, die uns alle die letzten Monate beschäftigte und mir viel Lebenszeit geraubt hat – konnte erfolgreich verhindert werden. Obwohl man sich nicht zu früh freuen sollte, denn natürlich wird man weiter für den Erhalt der E-Musik kämpfen müssen.

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Hierbei kommt dem Nachwuchs eine besondere Rolle zu. Die Reform wollte scheinbar die Situation für die Jungen verbessern. Ich bin aber froh, dass auch unsere Studierenden verstanden, dass dies eher schöne Worte als Realität waren.

Unvergesslich in der ereignisreichen GEMA-Woche wird mir eine bestimmte Situation sein: Studierende hatten eine Demo vor dem Münchner Werksviertel organisiert, um gegen die Reform zu protestieren. Leider spielte das zu schöne Wetter eine ungute Rolle, da ein eher kleines Häuflein erschienen war, nicht die erhofften 200 Personen. Tapfer wurden Parolen gerufen und Flugblätter verteilt. Von der anderen Straßenseite beobachteten uns GEMA-Funktionäre mit einem süffisanten Lächeln. In diesem Moment war das Scheitern unseres Widerstands eine reelle Möglichkeit. Ich hätte nie erwartet, dass wir erfolgreich sein würden, aber damit waren auch viele Ängste verbunden. Nicht etwa wegen mir, sondern wegen der jungen Generation. Was wäre das für ein Zeichen für ihr zukünftiges Leben? Dass sich politisches Engagement nicht lohnt? Dass das alles eh nichts bringt? Das war mein größter Albtraum in diesen Tagen, und ich bin sehr froh, dass es anders gekommen ist.

Denn wir brauchen die Jungen dringend. Selbstkritisch muss man sagen, dass die E-Musik innerhalb der GEMA es sich sehr gemütlich gemacht hatte. Einige wenige besuchten regelmäßig die Sitzungen, der Rest blieb zuhause und bekam wenig mit. Dies zu ändern und die Szene aufzurütteln brauchte enorme Energie, aber das Schockerlebnis einer möglichen Abwicklung wird hoffentlich in Zukunft dafür sorgen, dass die E-Musik eine dauerhafte Präsenz bei den Sitzungen haben und sich auch für Anliegen von U einsetzen wird.

Viel wurde über die Begriffe E und U diskutiert, und ein Teil der Werbung für die Reform bestand darin, diese endgültig abzuschaffen, was auch Zustimmung bei E fand. Inzwischen bin ich aber der Meinung, dass man genau den anderen Weg gehen sollte. E und U sind Begriffe, die man neu denken sollte, die man aber auch erhalten kann aus Respekt vor der Geschichte und ihrer Wirkung für das internationale Musikleben. Dass Deutschland ein führendes Musikland ist, hat tatsächlich auch mit diesen Begriffen zu tun.

Warum nicht zum Beispiel „Ernste Musik“ in „Sparte E“ und „Unterhaltungsmusik“ in „Sparte U“ umbenennen? Das E könnte vieles bedeuten, ohne, dass man es aussprechen muss, zum Beispiel „engagiert“ oder „experimentell“. Das U könnte für „universell“ stehen, weil es sich besonders gut vermittelt. Beide Sparten haben spezifische Stärken, was man eher hervorheben sollte, anstatt mit wertenden Begriffen wie „ernst“ oder „unterhaltend“ zu agieren (wobei letzteres nur im spaßfeindlichen Deutschland negativ konnotiert ist, ich persönlich fände es eher als ein großes Lob, wenn man meine Musik auch als „unterhaltend“ empfindet).

Man sollte Musik fördern, die es schwer hat. Das trifft nicht nur auf akademische Musik zu, und das müssen wir zunehmend ermöglichen. Umgekehrt muss die akademische Musik wieder mehr Teil des musikalischen Lebens werden, wir brauchen wieder mehr Querverbindungen wie sie früher üblich waren. Wenn es uns wieder gelingt, dass echte zeitgenössische Musik in Disney-Filmen auftaucht (wie einst in „Fantasia“) wäre viel gewonnen, im Moment sind diese Welten komplett getrennt.

Unsere junge Generation wird sich diesen Herausforderungen stellen, so viel ist sicher. Vielleicht war der GEMA-Schock dazu eine gute Handlungsaufforderung.

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