Innehalten – eine Pause einlegen. Zur Ruhe kommen. Langsamer werden. Das sind auch musikalische Spielanweisungen. Man spürt dies in der Musik, wenn man sie hört, wenn man sie spielt; wenn man die Musik Musik sein lässt. All diese Spielanweisungen haben im Umgang mit Musik als Gegenstand von Pädagogik bis Gesellschaft offenbar keine Bedeutung. Musik wird gehetzt und sie wird entkleidet, sie wird zerlegt, benutzt und verkauft. Immanuel Kant hätte gesagt: Unser Umgang mit Musik und musikalischer Kultur ist würdelos. „Im Reiche der Zwecke hat alles einen Preis oder eine Würde. Was einen Preis hat, an dessen Stelle kann auch etwas anderes, als Äquivalent, gesetzt werden; was dagegen über allen Preis erhaben ist, mithin kein Äquivalent verstattet, das hat eine Würde.” Momentan sieht es eher so aus, als sei „Musik” das unwichtigste an Musik. „Die Natur sowohl als Kunst enthalten nichts, was sie ... an ihre Stelle setzen können; denn ihr Wert besteht nicht in den Wirkungen, die daraus entspringen, im Vorteil und Nutzen, den sie schaffen, sondern in den Gesinnungen, d. i. den Maximen des Willens, die sich auf diese Art in Handlungen zu offenbaren bereit sind, obgleich auch der Erfolg sie nicht begünstigte”, setzt Kant fort. Das ändert sich gerade mit aller Gewalt immer schneller und umfassender. Musik kommt unter zwanghaften Erfolgsdruck. Den kann man Musik wohl aufbürden, aber man sollte zugleich auch wissen, dass man so etwas wie musikalische Sittlichkeit damit endgültig verabschiedet und in bloß klingende Münze umwandelt. Musik wird ersetzbar, sie ist es jetzt ohnehin schon häufig genug. Eigentlich ist Musik daher eher der Fehler denn seine Korrektur.
Hauptrubrik
Erfolgsdruck
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