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„Fall Stephani“ – Chance vertan

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Leserbrief zum Artikel „Die Causa Stephani“ in der nmz 12/15–1/16
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Zunächst danke ich der nmz für die weitaus sachlichere Berichterstattung zur angeblichen „Causa Stephani“ als kürzlich in der örtlichen Detmolder Presse geschehen. Rein sachlich stelle ich aber auch hier als Reaktion auf den Artikel „Die Causa Stephani“ (nmz 12/15–1/16) meinen Leserbrief an die Detmolder Lokalpresse gerne zur Verbreitung zur Verfügung:

Schon nach der Veröffentlichung des Artikels in der Detmolder Lokalpresse vom 28.10. bezüglich der angeblich belastenden „braunen Vergangenheit“ stand ich kurz vor dem Entwurf eines Leserbriefs, aber nach der neuerlichen Publikation vom 14./15.11.15 ist meine Fassungslosigkeit nicht mehr zu überbieten. Dass die Presse eine entsprechende Veröffentlichung des Rektorats der HfM der Quote wegen missbrauchen würde, hätte in der Hochschulleitung bekannt sein müssen. Aber hier scheint ohnehin das richtige Fingerspitzengefühl in dieser Sache nicht vorzuliegen.

Nach Sichtung der bis jetzt bekannten Fakten besteht meines Erachtens in der neuen Führung der HfM entweder Profilierungssucht oder aber völlige Ignoranz. Denn ja: Es gibt auch aktuell noch – vielleicht nicht mehr innerhalb der Hochschule – Menschen, denen die Person und das musikalische Wirken von Martin Stephani bis heute sehr am Herzen liegen, eben weil sie den persönlichen Kontakt haben durften. Und da kommt jemand Neues – der unter anderem betont, endlich mal jemand „von außen“ zu sein – in die Hochschulleitung und verhält sich scheinbar wider alle Vernunft. (Helmut Kohl sprach damals im positiven Sinne „von der Gnade der späten Geburt“…)

Es ist eine Sache, dass man zum 100. Geburtstag des vor 32 Jahren verstorbenen Martin Stephani das von den ehemaligen Professoren vorgeschlagene Konzert ablehnt. Aber dass man aus diesem Anlass scheinbar nichts Besseres zu tun hat, als Biographien von vor 70 und 80 Jahren „nun endlich aufzuarbeiten“, frei nach dem Motto „Das muss man doch mal sagen dürfen“, ist schlicht unglaublich. Keiner, der Martin Stephani kennenlernen durfte, wäre auf diese Idee gekommen. Nachvollziehbar wäre gewesen, im Rahmen eines Gedenkkonzerts das Ergebnis der zuvor in Auftrag gegebenen historischen Bewertung des gesamten Schaffens vorzustellen. Diese Chance wurde schlicht vertan.

Interessant auch, dass auf der Internetseite der MHS unter „Aktuelles“ am 100. Geburtstag (2. Nov. 2015) exakt für zwei Tage an den großen Menschen, Musiker und Pädagogen Martin Stephani erinnert wurde. Danach verschwand „das Gedenken“ wieder und Meldungen von Ende Oktober waren nun wieder „aktuell“ … Nochmal, dass die Presse diese Informationen nur allzu gerne ausnutzt, verwundert nicht, hätte aber in der Hochschulleitung bekannt sein müssen. Es ist schlicht ein Armutszeugnis für die Person des neuen Leiters, dass einem hier zum 100. Geburtstag wirklich nichts Besseres eingefallen ist, als mit solchen Themen in der Presse aufzutauchen. Die fünf emeritierten Professoren wissen sehr wohl, warum sie ein Gedenkkonzert anregten – wahrscheinlich wäre es einfach besser ohne die neue Hochschulleitung und losgelöst von ihr organisiert worden. Die zahlreichen, heute noch lebenden, ehemaligen Kollegen oder Studenten sind mit Sicherheit überzeugt, Martin Stephani hätte es verdient. Und die Musikhochschule ohne Zweifel auch – denn die ist heute nur deshalb auf dem aktuellen Stand, weil unter anderem Martin Stephani über Jahrzehnte deren Leiter war. Aber so, wie es heute offensichtlich leider keine Staatsmänner vom Schlage Richard von Weizsäckers oder Helmut Schmidts gibt, sind wohl scheinbar auch Musikhochschulleitungen nicht mehr unbedingt mit solchen Persönlichkeiten von der Qualität eines Martin Stephani zu besetzen.

Jörg Klüser, Olpe

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