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Reihe 9 in der Aula der Neuen Universität Heidelberg. Foto: mku
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Reihe 9 (#76) – Co

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Wer denkt beim Wort „Frühling“ nicht an Vivaldis munteres Concerto oder gar an Strawinskys rituelles Opfer? Wenn draußen die Tulpen in bunter Pracht stehen, hat auch Heidelbergs Frühling begonnen.

Wechsel gibt es immer und überall. Würde man die wöchentlichen Pressemitteilungen über neue Intendant:innen, Vertragsverlängerungen, Beurlaubungen und geworfene Handtücher einer Saison summieren: ein kleiner Roman käme am Ende dabei heraus mit vielen Kapiteln, Geschichten und Geschichtchen. Mangelnde Mitarbeiterführung und Hundehaufen schaffen es für gewöhnlich bis in die überregionale Tagespresse und darüber hinaus. Erfolge, künstlerische wie auch ökonomische, dürfen jedoch nur selten auf ein vergleichbar laut vernehmliches Echo hoffen. Und so dreht sich das Karussell munter weiter – nach außen ist der Wechsel meist nur am veränderten Logo oder dem neuen Layout der Broschüren und Spielpläne zu erkennen. Nichts ist so kurzlebig wie eine schöne alte Gewohnheit.

Auch der Heidelberger Frühling erfindet sich immer wieder neu – 2022 zum 25. Geburtstag etwa unter dem Motto FESTspiel und mit einem expliziten „re:start“ in der gesamten Stadt. In diesem Jahr sind es ein geschnörkeltes „r“ und eine neue Programmdiversität, die nicht mehr länger nur das Streichquartettfest, den Wettbewerb „Das Lied“, das Musikfestival und das noch bevorstehende Liedfestival vereint, sondern nun auch noch unterschiedliche Programmlinien: vom Edu-Bereich mit den Classic Scouts (cool!) und den Konzerten Für junge Menschen (gemeint sind nicht die „jung gebliebenen“) über das flexible Festivalcampus-Ensemble (Spielräume für den musikalischen Nachwuchs) und Ligeti100 (aktuell) bis hin zur Carte Blanche (spontane Programme, wie man sie bei Pianisten ohnehin oft genug antrifft).

Auch wenn der langjährige Intendant Thorsten Schmidt für zunächst fünf Jahre mit Igor Levit als „Co-Künstlerischem Leiter“ kooperiert: Am Ende schaut man dann eben doch nur, ob der Abend auch in den eigenen Kalender passt – wie heuer pünktlich zum astronomischen Frühling: ein Abend mit dem vom Konzertmeisterpult aus geleiteten vorzüglichen Münchner Kammerorchester, zwei Haydn-Sinfonien, dem Concerto piccolo über B-A-C-H von Arvo Pärt und dem Konzert für Trompete und Klavier von Dmitri Schostakowitsch, das in der spritzigen, musikantisch offenen und vollkommen unprätentiösen Interpretation von Claire Huangci und Jeroen Berwaerts den Saal zum Beben brachte. Auch die Zugabe verdient allen Respekt: kein virtuoser Fetzen, sondern der Choral aus dem letzten Satz (Trauermusik) der Sonate (1939) von Paul Hindemith.


  • Immer am 9. des Monats setzt sich Michael Kube für uns in die Reihe 9 – mit ernsten, nachdenklichen, manchmal aber auch vergnüglichen Kommentaren zu aktuellen Entwicklungen und dem alltäglichen Musikbetrieb. Die Folgen #1 bis #72 erschienen von 2017 bis 2022 in der Schweizer Musikzeitung (online). Für die nmz schreibt Michael Kube regelmäßig seit 2009.

 

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