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Dem Elementaren auf der Spur

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Mu’zi:k – made in München: zu einem Konzert in der Reihe „Lautwechsel“ im Gasteig
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Der Münchner Gasteig begeht dieses Jahr sein zwanzigjähriges Jubiläum. Die Trutzburg der Hochkultur – benannt nach dem gleichnamigen Berghang, auf dem sie errichtet wurde – beherbergt die Münchner Philharmoniker, Münchens Stadtbibliothek samt exzellenter Musikabteilung, das Richard-Strauss-Konservatorium und die Volkshochschule. In der Philharmonie und im Carl-Orff-Saal ist in diesen zwanzig Jahren Musikgeschichte geschrieben worden. Mit der Konzertreihe „Lautwechsel“ begehen Brigitte von Welser, Gasteig GmbH Geschäftsführerin, und das Kulturreferat München unspektakulär, aber qualitätsvoll dieses Jubiläum. In die Jubiläumsreihe wurde Mu’zi:k – made in München integriert, das jährliche Konzert der freien Musikszene München.

Während beim ersten Made-in-München-Konzert 2004 – damals noch in der Muffathalle – die klassische Konzertsituation vorherrschte, hieß das Thema im Carl-Orff-Saal „Performance“. Die Gruppe Asyl Art arbeitet mit geflohenen Künstlern zusammen und entwickelt neue Musik- und Kunstprojekte. Mit fünf Tänzern, Sängern und Trommlern aus dem Kongo kreierte Asyl Art eine Musikperformance, die nicht erst auf der Bühne, sondern bereits im Zuschauerraum ihren Anfang nahm – mit einfachsten Mitteln szenischer Improvisation exponierten die Darsteller Themen wie Verfolgung, Gewalt und Flucht; eine Bühnenshow mit Jazz, spoken poetry und Tanz folgte. Die gut gemeinte, doch recht naive theatralische Aktion, überdeckte etwas die Tatsache, dass hier gute Instrumentalisten und Tänzer aus unterschiedlichen Kulturkreisen ohne lange kompositorische Umwege zueinander fanden. Eine Musik-Performance, bei der die Musik allein völlig ausreichend gewesen wäre.

Nicht so bei der Aufführung von Zoro Babels Dienstleistungsorchester. Babel, bekannt für originelle Klangaktionen, gerierte sich als Aktionskünstler, als ein besserer, ein bayerischer Schlingensief – und als der musikalischere. Zoro Babel, Andreas Koll, Erwin Rehling und Andrea Lesjak brachten gemeinsam mit der Grafikerin Elke Lehmann eine bayerisch-avantgardistische Musik-Show auf die Bühne des Orff-Saals, die nicht nur ein einzelner musikalischer Spaß war, sondern gleich ein ganzes Feuerwerk voller hintersinniger Klangaktionen, produziert mit moderner Technologie, aber auch virtuosem Instrumentalspiel.

Keine Performance, doch ein Spiel mit dem (Klang-)Raum boten zwei weitere Konzerte: In klassischer TrioFormation mit Gitarre, Schlagzeug und Kontrabass erzeugten Carsten Radtke, Jürgen Schneider und Peter Hops knappe, intensive Musik. Ohne Schnörkel und ohne Längen begegneten sich hier überzeugend Neue Musik und Jazz.

„Signs and Signals“ hieß das einzige „echte“ Stück Neuer Musik vor der Pause. Nikolaus Brass verteilte sieben Instrumentalisten des Xsembles München im Raum um das Publikum. Signalwirkungen und sich lange aufbauende Klangräume im Sekund- und Quintbereich machten einen faszinierenden, hypnotischen Effekt. Von neuen Klängen dieser Art hätte man sich mehr gewünscht.

Über das Musikvermittlungsprojekt „Musik zum Anfassen“ berichtete die nmz in der letzten Ausgabe an gleicher Stelle. Die Musiker dieser Initiative boten eine Demonstration ihrer Arbeitsweise im Schnelldurchgang. Es gab Rossinis Wilhelm Tell-Ouvertüre in einer konzertanten Fassung für etwa 150 an fünf Stimmführer gekoppelte Klangerzeuger aus Metall, Holz, Papier und Kunststoff – eine Performance, die das Publikum aktiv mit einbezog. Ohne dem Ganzen ein gewisses Vergnügen am dilettantischen Tun absprechen zu wollen, das Resultat konnte allerdings niemanden so richtig zufrieden stellen.

Natürlich will Made in München eine Leistungsshow der freien Szene sein. Eine Werbeveranstaltung für „Musik zum Anfassen“ gehört dennoch nicht in einen Konzertabend für Neue Musik. Vor allem auch deshalb, weil das, was Musik zum Anfassen an diesem Abend bot, nicht die gewohnte Qualität hatte, die das Ensemble üblicherweise in seiner Arbeit mit und an Schulen abliefert. Dann kam Limpe Fuchs mit „Reflektion für Glasschale mit Mikrofonverstärkung, Violine, Stimme“ – und Bildhauer, müsste man ergänzen. Denn dieser spielte eine nicht unwichtige Rolle in dieser Performace. Über die Bühne gehend skizzierte Limpe Fuchs melodische Improvisationen auf der Geige, mit dem Fuß stieß sie dazu hin und wieder eine schwere Kugel an, die dann hörbar über den Boden rollte. Mit unterschiedlichen Gerätschaften versetzte der Bildhauer seine 2,60 auf 1,40 Meter große ovale Glasschale in Schwingung. Es begann ein an- und abschwellendes Tönen, rollende Kugeln folgten den Gesetzen der Schwerkraft und erzeugten einen sphärischen Schalenklang. Dem Elementaren auf der Spur zu sein, das ist nach wie vor die Kunst der Fuchs. Sich im Raum bewegen, improvisieren, agieren und reagieren – ein spannendes Spiel mit den Grundelementen von freier Musik, das allerdings nicht ins enge Zeitkorsett des Abends passte.

Auch für das zweite Made in München musste man viel Zeit mitbringen: Viertel vor elf kam Norbert R. Stammberger mit „re-blowing no. 33“ und „re-blowing no. 11“ zum Zuge. Die Musik – zum Teil auf einem speziell entwickelten Instrument namens Tubax gespielt – weckte Erinnerungen an Jazzexperimente eines Roland Kirk aus den 70er-Jahren des 20. Jahrhunderts.

Neue Musik im landläufigen Sinn bot ein Stück von Tom Sora, einem Karkoschka-Schüler. Zwanzig Minuten dauerte „Gesetz und Freiheit“, das die Gegenüberstellung zweier musikalischer Welten zum Thema hatte. Ein mechanisches Player-Piano gab virtuose Skalen und Läufe wieder, Instrumentalisten des Xsembles München spielten gegen die so erzeugte Klangfläche an und dominierten nach und nach das Geschehen. Ein Hauptwerk des zweiten Mu’zi:k – made in München-Abends, das Aufmerksamkeit verdiente und den Patchwork-Charakter des Programms, das das bunte Spiegelbild der freien Münchner Szene wirklichkeitsgetreu wiedergab, vergessen ließ.

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