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Manfred Wulfert (Bohemund), Richard Samek (Don Cesar), Lucia Cervoni (Donna Isabella), Noa Danon (Beatrice) im Hintergrund Hale Soner (Page), Johannes Stermann (Diego), Martin-Jan Nijhof (Kajetan) und Opernchor. Foto: Nilz Böhme
Manfred Wulfert (Bohemund), Richard Samek (Don Cesar), Lucia Cervoni (Donna Isabella), Noa Danon (Beatrice) im Hintergrund Hale Soner (Page), Johannes Stermann (Diego), Martin-Jan Nijhof (Kajetan) und Opernchor. Foto: Nilz Böhme
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Die Leiche auf dem eigenen Trauermarsch – Zdeněk Fibichs „Braut von Messina“ in Magdeburg

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Vom jungen Richard Wagner ist das Fragment einer Ouvertüre zu Friedrich Schillers „Die Braut von Messina“ überliefert. Der Inzest-Konflikt, der Wagners Werk von „Rienzi“ über „Lohengrin“ und „Die Sarazenin“ bis zu „Die Walküre und „Parsifal“ durchzieht, reizte offenbar ebenso, wie die ausweglose Tragik des Sujets. Und seine Vertonung hätte vermutlich durchaus ähnlich geklungen wie die von Zdenek Fibich (1850–1900), der seine Oper im Sterbemonat Richard Wagners vollendet hat. Sie erlebte jetzt ihre späte deutsche Erstaufführung im Theater Magdeburg.

In Schillers Tragödie will der Fürst von Messina die Prophezeiung durchkreuzen, seine Tochter werde das Ende der Fürstengeschlechts von Messina bewirken. Aber seine Frau, die Fürstin Isabella, rettet die todgeweihte Berenice. Herangewachsen, verlieben sich Isabellas verfeindete Söhne Manuel und César, die nichts von einer Schwester wissen, unabhängig von einander in Berenice. Einer kurzen Versöhnung der Brüder folgt die Ermordung Manuels durch Don Cesar und dann dessen Selbstmord. Die Prophezeiung hat sich erfüllt.

Regisseurin Cornelia Crombholz, Leiterin des Schauspiels am Theater Magdeburg, erzählt die Handlung im zweigeschossig runden Drehbühneneinheitsraum von Marcel Keller als eine Gegenwarts-Guerilla-Geschichte. Die MGs tragenden Soldaten des Bürgerkrieges der feindlichen Brüder werden in Videos auf andere Kriegsschauplätze gebeamt.

Die Vorgeschichte der jungen Liebe zwischen Beatrice und Manuel hingegen wird in Manuels Dauerparlando-Arie kitschbetont nacherzählt, mit weißem steinernem Ross und Goldregen. Goldstoffe herrschen vor in den Damenkostümen von Marion Hauer.

Originell gelöst ist der Trauermarsch im dritten Akt: anstelle einer Verwandlungsmusik wandelt die Leiche des gemordeten Manuel durch die in rotes Licht getauchte Szenerie; hier begegnet der Untote einem schwarz geflügelten Tod und verdrängten Trinität des fürstlichen Nachwuchses, dreier Kinder in weißen Kleidchen.

Zdenek Fibichs durchkomponierte Oper polyphoner Faktur verfügt über Gesangspartien von stringentem, dramatischem Fluss. Gesungen wird auf hohem Niveau. Bariton Thomas Florio als Don Manuel ist dem eindrucksstarken Tenor Richard Samek als Don Cesar ein adäquater Partner. Mühelos gestaltet Noa Danon die Bedrängungen der Beatrice, und einen Genuss an Stimmkultur bietet Lucia Cervoni als Fürstin Isabella. In kleineren Partien gefallen Johannes Stermann als Diener Diego und der Bassist Martin-Jan Nijhof als Kajetan. Groß besetzt, klingt der Opernchor des Theaters Magdeburg in der Einstudierung von Martin Wagner beachtlich.

Unverkennbar ist die leitmotivisch gearbeitete Partitur ein Werk des tschechischen Wagnerismus, mit deutlichen dramaturgischen Bezügen zu „Der Ring des Nibelungen“, „Der fliegende Holländer“ und zu „Tristan und Isolde“. Sie kulminiert im gewaltigen Trauermarsch vor dem letzten Bild. Aber neben der Herkunft von Wagners Harmonik, finden sich in der Partitur der Musiktragödie auch böhmische Farben. GMD Kimbo Ishii arbeitet die Besonderheiten der Partitur verdienstvoll hervor, dirigiert die Magdeburgische Philharmonie engagiert und mit Tiefgang.

Die zweite, dankbar applaudierte Aufführung war von einem überregional durchsetzten Publikum besucht, unter den Besuchern waren auch Kommentare auf Französisch und Italienisch zu vernehmen.

Ein Wiederhören mit Fibichs zuvor ausschließlich auf Supraphon-Tonträgern verfügbarer Oper verspricht – auf Basis des vom MDR aufgezeichneten Premierenmitschnitts – das Label cpo.

Weitere Aufführungen: 28. März, 3. und 10. April 2015.

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