Hauptbild
Eine Gruppe junger Menschen tanzt in unterschiedlichesten Alltagsklamotten. Vor ihr (von der Kamera aus gehesen dahinter) auf einem kleinen Podest tanzt eine Frau in schwarz mit Ketten an das Podest gezwungen.

Nerita Pokvytytė hier als angekettete Tänzerin, davor die Statisterie im „Freedom Collective“. Foto: Jörg Landsberg

Hauptrubrik
Banner Full-Size

Geheimnisse aus unserer Zukunft – „Freedom Collective“ macht das Theater Bremen zu einem Club

Vorspann / Teaser

So richtig geklappt hat es diesmal nicht mit der Aufführung des experimentellen Musiktheaters „NOperas!“, dessen Initiator:innen zum dritten Mal eine Arbeit am Theater Bremen bringen. Die Aufführung, zu deren Beginn einige Statis:innen auf der Hinterbühne herumliefen, wird als „immersives Musiktheater“ geführt. Immersiv meint hier, dass das Publikum in das Geschehen hineingenommen wird, auch über Handy kommentieren und mitmachen kann.

Publikationsdatum
Paragraphs
Text

Über die Uraufführung im Februar in Gelsenkirchen berichtet der Dramaturg Roland Quitt, dass man dort wie in der Oper mit Übertiteln gearbeitet habe, dies aber das Publikum viel zu sehr mit Lesen beschäftigte. „Erfahrungen“ hätten so begrenzt beziehungsweise gar nicht gemacht werden können. So war aber vom englischen Text von vier sehr unterschiedlichen Protagonist:innen um das inzwischen sitzende Publikum gar nichts zu verstehen. Die standen festgebunden auf Podesten, hatten Spots von oben und hinter sich geheimnisvolle Videos laufen und wurden durch verschiedene Musikerfahrungen geschleudert (Videos von Rosa Wernecke und Bühne und Kostüme von Magdalena Emmerig).  

Zusammen mit 13 Bremer Philharmoniker:innen, geleitet von Premil Petrovic, machten sie gut komponierte, aber in keiner Weise „experimentelle“ Musik von Davor Vincze, dann – wir sind ja einem Club, dem „Freedom Collective“ – ballert mal gut zehn Minuten eine „Technoparty“ mit über 120 und damit grenzwertigen Dezibel. Insgesamt wechseln die Stile wild, Pop zieht ein und macht weitere Dimensionen dieser Kultur auf. Die vier in traditioneller Weise virtuos singenden Gamer:innen Fan (Emma McDermott), Andrei (Constanze Jader), Zsuszi (Nerita Pokvytyté) und Karl (Christoph Heinrich) werden da auch zu ihren eigenen Avataren, wobei hier auch eher unklar bleibt, um was es sich eigentlich handelt. Die in einem Seitentext direkt erzählte Liebesgeschichte ist in der Regie von Heinrich Horwitz nur zu Teilen ahnbar oder verstehbar. Das Ministerium verteilt Drogen, Karl wartet auf eine Organspende für sein kaputtes Herz, ein Mord wird geplant. Der schwer verletzte Andrei wird von Fan gerettet, Andrei entpuppt sich als nichtbinär, der Dirigent wird umgebracht. Das ist auf Seitentafeln zu lesen, zu sehen und zu deuten ist es eher schwierig.

Es verbietet sich, ein Experiment als „nicht gelungen“ oder gar „gescheitert“ zu kritisieren: Experimente müssen sein und es ist dem Theater Bremen hoch anzurechnen, dass es sich nun zum dritten Mal mit der „NOpera!“-Initiative des „Fonds Experimentelles Musiktheater“ (feXm) ausprobiert. Und auch weil nicht alles verständlich bleibt und einige Rätsel des Menschseins aufgemacht werden, führt die Aufführung zu erneutem gesellschaftlichen Nachdenken. Herzlicher Beifall. Nach weiteren Aufführungen (4. und 7. April) zieht die Produktion ans Theater Darmstadt mit dortigen Interpret:innen weiter.  

Weiterlesen mit nmz+

Sie haben bereits ein Online Abo? Hier einloggen.

 

Testen Sie das Digital Abo drei Monate lang für nur € 4,50

oder upgraden Sie Ihr bestehendes Print-Abo für nur € 10,00.

Ihr Account wird sofort freigeschaltet!