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Die Liebe der Danae | Premiere am 7. Februar 2025. Foto: © Monika Rittershaus

Die Liebe der Danae | Premiere am 7. Februar 2025. Foto: © Monika Rittershaus

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„Nach Golde drängt, am Golde hängt…“– Neue Sicht auf „Die Liebe der Danae“ an der Bayerischen Staatsoper

Vorspann / Teaser

Er war da! Gleichsam persönlich – also als Figur auf der Bühne! Einer der Hausgötter aus dem Eingangsfoyer des Nationaltheaters: Richard Strauss. Nur eben drüben im Cuvilliéstheater, in der Deutschen Erstaufführung einer polnischen „Salome“-Ausschlachtung, die so ziemlich alles abhandelt – und prompt scheitert. Am Abend darauf dann ein Original im großen Haus, das eher selten gespielte Spätwerk, mit dem Strauss nochmals in die griechische Mythologie zurückkehrte.

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Doch wenn ein Regisseur wie Claus Guth die letzten zwei Jahre Zeit hatte, mit seinem vertrauten Bühnenbildner Michael Levine auf das Werk zu blicken, dann tut sich Unbequem-Anderes auf. In einem Mini-Vorspiel vor dem schwarzen Zwischenvorhang steht Danae in einem hypertrophen Designerkleid von Ursula Kudma und wird in Show-Posen mit akustischem Klick fotografiert – ach ja, später wird ja von den Bildern berichtet, mit denen die vier Handlanger-„Könige“ weltweit um einen Bräutigam geworben haben.

Zur einsetzenden Musik fährt der Vorhang hoch und wir alle – die später etliche Male als zusehende ZeitgenossINNEN gleichsam einbezogen werden – blicken in ein bühnenweites, heutiges Business-Loft. An x Bürotischen arbeiten „graue Mäuse“, während Chor-lärmend Gläubiger gegen den Sicherheitsdienst hereindrängen. Die weite gläserne Rückfront gibt den Blick frei auf die Finanz-Phalli von Mainhattan-London oder noch besser: Panama. Der bankrotte König Pollux ist eine Mischung aus Benko-Marsalek mit dem weißblonden Haarschopf und Äußeren eines beleibten „Trampel“ in seiner Immobilien-Konkurs-Phase. Als später die vier Mode-Magazin-Ladies Semele, Europa, Alkmene und Leda mit Rollköfferchen hereinschneien, könnte unten auch die Münchner Maximilianstraße liegen … willkommen unserer „Gold“ anbetenden Welt! Diese Deutungsebene rückt das Werkzentrum aus der Antike treffend unbequem nahe!

Oben, über dem schließlich leer geplünderten Loft verlaufen die Rohre der ganzen Betriebstechnik mit Arbeitssteg. Darauf geht beobachtend ein ärmlich verhüllter Hüne – ein Wotan-Wanderer mit speer-ähnlichem Stab – es ist der alte Jupiter, der Goldstaub in Danaes Träume rieseln lässt und dann am Ende seinen resignierten Abschied nimmt – hier aber schon von seiner eifersüchtigen Gattin Juno im olympischen Glitzerkleid stumm rauchend verfolgt. Jupiter hat seinen Täuscher-Double Midas im goldenen Lamé-Anzug vorgeschickt, fliegt schließlich spektakulär hinten im Video mit einem goldenen Düsen-Jet vorbei und tritt dann im gleichen gold-Anzug Danae gegenüber. Dieses Wechselspiel hat Regisseur Guth überzeugend inszeniert – differenziert genau wie Danaes Misstrauen, das sie Jupiter nicht mit dem schon geliebten Midas verwechseln lässt: lebensbestimmende Liebe spürt über Goldkleid, Gold-Konfetti und großkotziges Gold-Bett hinaus den wahren Menschen.

Leider haben dann Guth und Levine die vierzig Minuten-Pause nicht genutzt und so tut sich für den Schlussakt die Bild-Text-Schere enttäuschend weit auf: das Büro-Loft ist als Müll-Öde übrig – das lang besungene „kleine Glück“ von Midas-Danae, die wahre Liebe komplett desavouierend. Ein finales Verschenken des bis dahin völlig überzeugenden Neuansatzes, auch wenn Guth mehrfach glänzende Personenregie zeigt – etwa für die finale „Party“ von Jupiter und seinen vier Lieben von Einst. Auch der finale Film-Kontrast vom zerbombten München zum greisen Richard Strauss in seinem friedlichen Garmischer Garten bleibt dramaturgisch eher unverständlich und rettet nichts.

Für all das trumpfte Dirigent Sebastian Weigle mit dem zusätzlich etwas hochgefahrenen Staatsorchester klanglich auf, als ginge es um eine Mischung aus „Elektra“ und „Götterdämmerung“: fast durchgängig zu laut. Natürlich tönte vieles „doll“, der von Christoph Hell einstudierte Chor wechselte gekonnt von Gläubiger-Protest zu Klang-Hintergrund – und bei den zwei männlichen Hauptfiguren gab es fulminanten Stentor-Gesang: Christopher Maltman verstrahlte alle Heldenbariton-Fülle für den Endzeit-Gott Jupiter-Wotan-Wanderer; Andreas Schager war mit blendender Bühnenerscheinung ein überzeugend Danae faszinierender tenoraler Gegenheld Midas. Eine „gerettete“ Premiere: zwei Tage zuvor erkrankte die ursprüngliche Danae-Besetzung; Manuela Uhl hatte die Partie 2016 unter Weigle gesungen und sagte zu, von der Bühnenseite vom Blatt zu singen; doch dann blühte in anderthalb Tagen ihr einst einstudiertes Können auf, sie bekam schließlich noch zwei Stunden Bühneneinweisung – und dann wurde sie für eine beeindruckende Nerven-Spiel-Gesangsleistung mit einer standing ovation gefeiert. Sie ist zwar kein blühender Strauss-Sopran, aber zu dieser „Welt des Kapitals“ passten ihre oft unschwelgerischen Töne. In der Strauss-Hochburg München also keine „Heitere Mythologie“, ein leider nicht ganz überzeugender, aber zutreffend kritischer Blick ins „Jetzt“.

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