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Foto: Bayreuther Festspiele / Enrico Nawrath
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Nur der Bär tanzt – Voreröffnung in Bayreuth mit einem Festakt zu Ehren von Wolfgang Wagner

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Mit einem Festkonzert wurde an den längstjährigen unter den Leitern der Bayreuther Festspiele gedacht, an Wolfgang Wagner (1919-2010), dessen 100. Geburtstag am 30. August dieses Jahres begangen wird.

Musikalisch standen Ausschnitte aus jenen Werken auf dem Programm, mit welchen der Festspielleiter durch den Zuzug von Gastregisseuren besondere Akzente gesetzt hatte, wie auch „Die Meistersinger von Nürnberg“ als seiner Lieblingsoper, die er in Bayreuth dreimal inszeniert hat. Mit Götz Friedrich hatte Wolfgang Wagner für „Tannhäuser“ 1972 den ersten Gastregisseur nach Bayreuth engagiert, damals noch von „hinter dem eisernen Vorhang“, aus der DDR, dem eine Reihe weiterer Engagements von Gastregisseuren folgte. In der Konzertauswahl wurde ebenfalls Bezug genommen auf den Jahrhundert-„Ring“ im Jahre 1976 von Patrice Chéreau und die „Tristan“-Inszenierung von Heiner Müller.

Christian Thielemann leitete das Festspielorchester, das mit 90 Mann Besetzung die Bühne füllte, eröffnend mit dem „Meistersinger“-Vorspiel. Günther Groissböck, der im neuen „Ring“-Zyklus im Sommer 2020 den Wotan gestalten wird, interpretierte Wotans Abschied aus der „Walküre“, und Waltraud Meier erinnerte mit Isoldes Liebestod an die einstige Krönung ihrer kontinuierlichen Entwicklung als Sängerdarstellerin in der Ägide von Wolfgang Wagner. Eine überragende gesangliche Leistung bot Stephen Gould mit der Rom-Erzählung.

Das Festspielorchester sichtbar zu erleben, ist nur selten möglich, wie bei solcher Art Festakten – oder im nächsten Jahr, wenn wieder einmal die neunte Sinfonie von Beethoven, die im Leben Richard Wagner eine wichtige Rolle gespielt hat, erklingen soll. Imposant der geballte und ungedeckelte Klang des vollen Orchesters. Doch werden enorme Unterschiede deutlich: aus dem mystischen Abgrund besteht keine Gefahr, die Solisten zuzudecken, was auf der Bühne nun stellenweise zu konstatieren war, und Übergänge, Holzbläsereinsätze, die aus dem Graben trefflich gemischt klingen, liegen auf der Bühne unerbittlich offen.

In Festansprachen gedachte Festspielleiterin Katharina Wagner an ihren Vater und an das, was von ihm bleiben wird, wenn die zahlreichen Anekdoten über ihn einst nicht mehr kursieren werden. Christian Thielemann erinnerte an Wolfgang Wagner als „den besten Assistenten“ der Kapellmeister im Graben, welcher durch seine Anweisungen „zu langsam“ oder „zu laut“ hilfreich eingegriffen habe. Der Bayerische Staatsminister für Wissenschaft und Kunst, Bernd Sibler betonte die Einzigartigkeit Bayreuths und spannte angesichts der extremen Temperaturen den Bogen zur Praxis des „Anschwitzens“ beim Fußball.

Ioan Holender erwähnte in seiner Festansprache, dass er als Direktor der Staatsoper in Wien im Spielplan immer auf die Proben in Bayreuth Rücksicht genommen habe und den stets schriftlich formulierten Wünschen Wolfgang Wagners um Freigabe von Sängern gerne gefolgt sei. Obgleich dem Operndirektor das Hemd näher sei als die Weste, sei ihm, Holender, doch Bayreuth noch näher gewesen als das Hemd. 

Leider erschwerte die Mikrofonübertragung das Verständnis der Ansprachen – der Umgang mit Mikrofonen gehört an dieser Bühne glücklicherweise nicht zum Alltag. 

Beim Gedenkkonzert für Wieland Wagner vor zwei Jahren war im Hintergrund der Bühne eine Projektion seines „Parsifal“-Entwurfes von 1951 zu sehen; nun, beim Gedenken an Wolfgang Wagner, nur eine blaue Rückpro, davor allerdings 17 Kostüme aus seinen Bayreuther Inszenierungen: besonders ins Auge stechend das violette Kostüm des Klingsor, und in obersten Reihe, als einziges mobileartig sich im Luftzug bewegend, gleichsam tanzend, der Bär aus dem „Siegfried“.

Im Publikum war viel Prominenz, neben der Bundeskanzlerin Angela Merkel zahlreiche Sängerpersönlichkeiten aus der Ära von Wolfgang Wagner, darunter René Kollo, Bernd Weikl und Donald McIntyre. Viel Applaus und Bravos bereits an diesem vorgezogenen Eröffnungsabend der Bayreuther Festspiele. 

Dem vorausgegangen war eine Pressekonferenz, auf der Perspektiven für die kommenden Jahre aufgezeigt wurden: neben den nächsten Abschnitten der kontinuierlichen Baumaßnahmen zur Sicherung des Festspielgebäudes die Perspektive auf die Besetzung der Neuinszenierung des „Ring des Nibelungen“ im kommenden Jahr, mit dem jungen finnischen Dirigenten Pietari Inkinen als musikalischem Leiter und Valentin Schwarz als Regisseur, im Sommer 2021 dann eine Neuinszenierung des „Fliegenden Holländer“, erstmals mit einer Frau am Dirigentenpult.

In diesem Jahr wird auch der 150. Geburtstag von Siegfried Wagner (1869-1930) gefeiert – in Bayreuth unter anderem mit zwei Ausstellungen, einer von „Diskurs Bayreuth“ in Auftrag gegebenen Uraufführung „Siegfried“ von Zaimoglu und Senkel (13. August) sowie zwei Aufführungen von Siegfried Wagners Oper „An Allem ist Hütchen Schuld!“ im Markgräflichen Opernhaus (9. und 10. August 2019).

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