Hauptbild
Diesmal „Tosca“ – erneut lud das Theater Regensburg zum Hafen-Hörspiel. Foto: Juan Martin Koch
Diesmal „Tosca“ – erneut lud das Theater Regensburg zum Hafen-Hörspiel. Foto: Juan Martin Koch
Hauptrubrik
Banner Full-Size

Scarpia, der Krake: Puccinis „Tosca“ im Regensburger Westhafen

Publikationsdatum
Body

Nach dem spektakulären „Holländer“ vor zwei Jahren lud das Theater Regensburg nun zu Puccinis „Tosca“ in den Regensburger Westhafen. Ob der Coup auch diesmal glückte, darüber berichtet Juan Martin Koch.

Ein Erfolgsmodell einfach wiederholen? Warum nicht, dachte man sich beim Regensburger Theater und warf rund um das westliche Hafenbecken erneut die große Logistik-Maschinerie an. Das „semikonzertante“ Konzept, das 2017 bei Wagners „Fliegendem Holländer“ überraschend gut aufgegangen war, sollte nun auch bei Puccinis „Tosca“ greifen (Einrichtung: Maximilian Eisenacher).

Und es klappte. Ein an einem Ladekran hängendes Neonkreuz und entsprechende Projektionen verwandelten das alte Stadtlagerhaus in eine römische Kirche. Zum „Te Deum“ türmten sich – hyperrealistisch animiert – riesige Orgelpfeifen auf der Fassade. Doch damit nicht genug. Die Tentakel eines im Hafengewässer offenbar artgerecht gehaltenen Riesenkraken schlangen sich um die Pfeifen. Scarpias Intrige nahm auf unheimliche Weise Gestalt an – großes Kino.

Nicht alle Projektionen Clemens Rudolphs waren so prägnant und semiironisch wie diese oder wie die riesige Ohrinstallation, die Scarpias Palast – eher eine mit Karteikästen angefüllte Spitzelbehörde – als Kunst am Bau zierte. Doch zusammen mit den Livebildern der ansonsten aus der Entfernung kaum sichtbaren Sänger und des in einem Zelt abseits postierten Orchesters ergab das den abwechslungsreichen Hintergrund für zwei Stunden packendes Hörtheater. Statt durchgehenden Untertiteln klärten vereinzelte Zwischentexte rudimentär über das szenische Geschehen auf.

Akustisch war das wieder sehr gelungen, mit GMD Chin-Chao Lin als präzisem, die Dramatik angemessen zuspitzendem Koordinator. Einzig die dynamische Balance im „Te Deum“ war nicht ganz optimal (Alistair Lilley und Matthias Schlier hatten den Opernchor und den Cantemus-Chor jedoch bestens einstudiert).

Als Scarpia rettete der ursprünglich als Mesner vorgesehene Oliver Weidinger die Vorstellung für den erkrankten Adam Kruzel. Eine beachtliche Leistung, wenn auch ohne den letzten Funken Dämonie in der gut geführten Stimme. Als Mesner war Seymur Karimov nachgerückt – eine Luxusbesetzung. Ausgezeichnet auch das Protagonistenpaar: Sinéad Campbell-Wallace betörte als Tosca nach anfänglichen Schärfen in der Höhe mit zarten Piani im „Vissi d’arte“; Deniz Yilmaz war ein durchschlagskräftiger Cavaradossi, ohne jedoch die weichen Stimmfarben auf der Palette zu vernachlässigen.

Für kommendes Jahr ist kein Hafenspektakel angekündigt. Man muss eine gute Idee ja auch nicht überstrapazieren.

Weiterlesen mit nmz+

Sie haben bereits ein Online Abo? Hier einloggen.

 

Testen Sie das Digital Abo drei Monate lang für nur € 4,50

oder upgraden Sie Ihr bestehendes Print-Abo für nur € 10,00.

Ihr Account wird sofort freigeschaltet!