Zwei braucht es, um von Freundschaft zu sprechen. Den einen, die andere. Zwei, die gut miteinander können, einander vertrauen, die sich verletzlich zeigen und wagemutig auch, die etwas verbindet, was mit Worten allein nicht zu fassen ist: eine besondere Schwingung, ein Einklang, der auch die Dissonanz aushält, eine Grundstimmung, die trägt.

William Youn (l.) und Nils Mönkemeyer waren als Artistes étoiles beim Mozartfest Würzburg enorm präsent – und auch prägend. Foto: Angie Wolf/Mozartfest Würzburg
Unser aller Mozartfest
Beim Mozartfest Würzburg 2025 waren es zwei Musiker, die das Festival gemeinsam als Artistes étoiles prägen, zwei, die ihr Verständnis vom Musizieren teilen, zwei, die gern miteinander unterwegs sind – auf der Bühne, abseits der Bühne. Der Bratscher Nils Mönkemeyer und der Pianist William Youn haben die Gelegenheit genutzt, sich im Zuspiel an verschiedenen Orten und in ganz unterschiedlichen Formaten sichtbar und vernehmbar zu machen. Außerordentlich haben sie das Klassikfest am Main mit ihrer reflektierten, ernsthaft-feinfühligen Art geprägt, und zwar immer mit einer Dritten im Bunde: der Musik, Mozarts Musik, aber auch jener, die mit den Werken des Salzburger Musikus korrespondiert. Und so spann sich in den Konzerten von Mönkemeyer/Youn ein eigenes Netz im Beziehungsgeflecht des großen Ganzen.
Dem Freund Mozart widmete sich das Mozartfest Würzburg in diesem Jahr. Wolfgang Amadé Mozart (1756-1791) teilte, was er fühlte, in seinen Werken. Er sei kein Dichter und auch kein Maler, sei kein Pantomime und auch kein Tänzer, „aber durch Töne“ könne er seine Gesinnungen, seine Gedanken ausdrücken, schreibt er an Vater Leopold. Er sei ein „Musikus“.
Eben das macht es erst einmal leicht, mit Mozart Freund zu werden. Denn seine Musik dockt an, damals wie heute. Sie ermöglicht einen Zugang, weil sie grundmenschliches Empfinden spiegelt, die Seele berührt, Resonanzräume öffnet. Einfach so, aber so einfach dann wieder auch nicht. „Mozart ist ungreifbar, ist übergroß“, sagt Evelyn Meining, die Intendantin des Mozartfests. „Wir haben seine Musik, aber darüber hinaus nicht besonders viel an Quellen.“ Daher bleibe die Betrachtung Mozarts aus der Gegenwart heraus die „einer Schlüssellochperspektive“. Aus dieser eingeschränkten Sicht weitet sich ein Horizont. Mozart inspiriert. Seiner Musik wolle man in Würzburg „ein zeitgemäßes Podium geben“, so die Festivalleiterin. „Wir öffnen uns in die Zeit hinein, bieten Denkräume an, suchen das Alte im Neuen und das Neue im Alten, ohne den Kern des Mozartfests preiszugeben.“
Was es spannend macht und was zu neuen Freundschaften führen kann. Zwei Beispiele: Das eine ist die neu initiierte Aktion „Eine große Stadtmusik“, ein Mitmachmusikangebot, bei dem wer wollte, seine Wohnungstür für ein kleines Hauskonzert öffnen konnte. „Am Ende waren es über 30 Konzerte, mit denen rund 1300 Menschen erreicht worden sind“, berichtet Evelyn Meining. Fortsetzung soll folgen. „Wir möchten dazu animieren, selbst Musik zu machen, selbst zu Aktiven zu werden.“ Damit Nähe entsteht, Zusammenhalt wächst.
Freundschaft verschenkt sich. Und so hat sich das Mozartfest Würzburg noch einmal in besonderer Weise geöffnet und ein Dorf in der Gegend mit einem Konzert beschert: „Stars bei uns“, das ist das Beispiel zwei, feierte seine Premiere im unterfränkischen Waldbrunn. Zu Gast waren Festivalkünstler Nils Mönkemeyer und die Geigerin Veronika Eberle; die gesamte Organisation aber lag bei den Menschen im Ort. „Deren ganze Liebe steckte darin“, sagt Evelyn Meining. Und so entsteht Freundschaft, eine Bindung, die beiden guttut: der Waldbrunner Community und dem Festival auch. Die Intendantin: „Es muss unser aller Mozartfest sein.“
Diese Umarmung schließt die Herausforderung nicht aus. Bewusst gibt das Mozartfest der zeitgenössischen Musik einen Raum. In diesem Jahr lag ein Schwerpunkt auf Werken des Komponisten Manfred Trojahn. Dessen Stück „Trame lunari“, eine Auftragskomposition in Kooperation mit der Elbphilharmonie Hamburg, führte das Ensemble Resonanz mit den beiden Artistes étoiles im prächtigen Kaisersaal der Würzburger Residenz auf. So klingt Musik unter Freunden – heute!
Ziemlich viele Freunde hat der gerade mal 21-jährige Meisterpianist Louis Philippson. Ein TikTok-Star, dessen Videos millionenfach gelikt werden, ein Influencer in Sachen klassischer Musik, der den virtuellen Raum nutzt und große Säle füllt, in Würzburg aber sehr exklusiv zu erleben war, für 200 Gäste, unmittelbar.
Um Nähe zu schaffen, braucht es den Mut zur Authentizität. Vielleicht war gerade das die Kernbotschaft von Nils Mönkemeyer und William Youn, ganz gleich, ob sie in der Offenen Probe im Mozartlabor mit jungen Musikerinnen und Musikern arbeiteten, ob sie auf dem Podium diskutierten oder in einem ihrer so stimmigen Konzerte (von denen sie ausdrücklich keines als Duo gaben!) musizierten. „Man muss seine eigene Position finden und sich dann selbst treu bleiben“, sagt der Pianist. Und der Bratscher: „Ich muss sicher in dem sein, was ich selbst möchte.“ Erst aus dem Gut-Freund-Sein mit sich selbst kann mehr entstehen. Große Kunst – allein, zu Zweien, mit vielen.
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