Münster und Osnabrück feiern. Am 24. Oktober des Jahres 1648 wurde in diesen beiden Städten der „Westfälische Friede“ geschlossen – ein epochales und europaweit bis dahin einzigartiges Ereignis. Denn ein fürchterlicher Krieg, der das Leben von nicht weniger als einem Drittel der Bevölkerung gekostet hatte, ging zu Ende. Erstmals nicht mit Waffen – sondern mit Worten! Ein Friede auf dem Verhandlungsweg, der zeitgleich auch den bis dahin tobenden 80-jährigen Krieg zwischen Spanien und den nach Unabhängigkeit strebenden Niederlanden beendete: Ergebnis war die völkerrechtliche Gleichheit der Staaten.
Unter einem großen kruden Bogen – Franz Schrekers „Der Schmied von Gent“ am Theater Münster
Noch hinein in die Zeit dieser Auseinandersetzungen zwischen den protestantischen „Geusen“ (den Niederländern) und den Gent belagernden spanischen Besatzern, also vor dem Friedensschluss, verlegt Franz Schreker seine Oper „Der Schmied von Gent“, von ihm als „große Zauberoper in drei Akten“ bezeichnet, uraufgeführt am 29. Oktober 1932 an der Städtischen Oper Berlin.
Smetse Smee, der Schmied von Gent, fällt bei den Spaniern in Ungnade, rettet seine Frau und seine Schmiede aber durch den Pakt mit dem Teufel, was ihm sieben fette Jahre einbringt. Kurz vor Ablauf der Frist dann die Begegnung mit dem Jesuskind, Maria und Josef. Mit der Konsequenz, dass Smee durch Zauberkraft seine teuflischen Widersacher zunächst abwehren kann. Gleichwohl öffnet sich der Schlund der Hölle, in den Smee, seine Frau und seine Habe versinken. Smee stirbt – und gelangt erst an die Pforte der Hölle, wo er abgewiesen wird, dann an jene des Himmels. Doch auch das Tor zum Paradies wird ihm verwehrt. Da profitiert Smee von der Fürsprache des heiligen Josef: Smees gute und schlechte Taten werden gewogen, am Ende schlägt die Waage zu seinen Gunsten aus und der Himmel steht ihm offen. Eigentlich ein Happy End! Doch wer bevölkert diesen Himmel? Schläger aus dem Dreißigjährigen Krieg. Diktatoren aus der Geschichte der Menschheit bis hin zu Nazis in eindeutigen Uniformen.
Zugegeben: eine reichlich krude Geschichte. Eine zwischen Ernst und Komik. Regisseurin Magdalena Fuchsberger erzählt sie sehr effekt- und oft auch humorvoll. Mit der Botschaft, dass Opportunismus und Mitläufertum à la Smetse Smee bis heute verbreitet sind und zu nichts Gutem führen. Selbst der liebe Gott will in seinem Hause nicht mehr wohnen und flieht!
Mit seinem „Der Schmied von Gent“ beabsichtigte Schreker, eine „wahre Volksoper“ zu schreiben, eine, die „ständiges Repertoirestück der Bühnen“ werden könnte. Vielleicht ist dies der Grund für den Stilpluralismus, der in seiner Musik steckt. Die Ästhetik der „Neuen Sachlichkeit“ ist spürbar, Anklänge an Hindemith und Schönberg werden ebenso deutlich wie neobarocke Kompositionsweisen, aber auch große lyrische Momente. All diese unterschiedlichen Facetten fasst Henning Ehlert, Kapellmeister am Theater Münster, schlüssig und konsistent unter einem großen Bogen zusammen. Angesichts der Kompliziertheit der Partitur eine großartige Leistung nicht nur des Orchesters, sondern auch des singenden Personals auf der Bühne: Solisten, Chor, Extrachor und Kinderchor. Vierzehn Rollen sind zu besetzen – alle Akteure und Akteurinnen singen und spielen rundum überzeugend.
- Weitere Termine: 31. 10.; 3., 8. und 26. 11.; 21. 12. 2023
- www.theater-muenster.com
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