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Ritter Rost in der Deutschen Oper Berlin. Foto: Hufner
Ritter Rost in der Deutschen Oper Berlin. Foto: Hufner
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Unverrostet – Uraufführung von „Ritter Rost und der Schrottkönig“ an der Deutschen Oper Berlin

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Das war eine ganz besondere Feier zum 20. Geburtstag von „Ritter Rost“: Ein neues Musical von Felix Janosa und Jörg Hilbert, aus der – trotz zweier Verlagswechsel ungebrochenen – Erfolgsreihe von „Ritter-Rost“-Kinderbüchern mit Noten und CD, erlebte in der Deutschen Oper Berlin eine umjubelte Uraufführung.

Die Musicals des Autoren-Komponisten-Gespanns Janosa-Hilbert, das seit 20 Jahren zusammen arbeitet und seither fast unverändert auch mit derselben Besetzung der Partien aufwartet, gilt als stilbildend im Bereich der deutschen Kinder-Musik. Die zumeist frechen Texte mit ungewöhnlichen Reimen (wie „Rampe – Schlampe“, „Dreirad-Heirat“) sind bereits mit besonderem Sinn für Rhythmus verfasst, die Vertonungen sind häufig Ohrwürmer, und die Interpretationen sind immer wieder überraschend originell.

Im Jahre 1994 hatte Theo Geißler im Verlag ConBrio den Urhebern der Rittergestalt im Altmetall-Outfit eine Plattform für die Realisierung ihrer Spielvorlagen an Musikschulen geschaffen. Dort sollen jährlich circa 300-400 Aufführungen der „Ritter Rost“-Stücke stattgefunden haben. Die Rechte von ConBrio erwarb im Jahre 2000 die Edition Terzio, die zuvor bereits ein Spiel mit „Ritter Rost“ auf CD-ROM herausgebracht hatte, und verkaufte die Rechte 2011 weiter an den Carlsen Verlag in Hamburg.

Der hat den Produktionsausstoß weiter gesteigert und bewirkt, dass im Vorjahr „Ritter Rost“ als Animations-Kinofilm gedreht wurde – leider aber ohne die originale Musik und auch ohne jene Darsteller, die den ungewöhnlichen Geschichten seit nunmehr 20 Jahren den Stempel aufgedrückt und gemeinsam alle Schallplatten und CDs der „Ritter Rost“-Reihe gestaltet haben. Fast alle Sänger-Darsteller der Reihe kamen nun nach Berlin, zu einer Uraufführung vor dem eisernen Vorhang der Deutschen Oper.

Eingerahmt durch die Hochglanzrüstungen aus Kirsten Harms’ „Tannhäuser“-Inszenierung und einen gewaltigen, witzig gestalteten Lindwurm mit Lesebrille (vermutlich aus der Kinderversion des „Siegfried“ an diesem Hause), umrahmte die von Manfred Honetschläger geleitete Bigband aus 14 Blechbläsern plus E-Gitarre, Kontrabass, Klavier und Schlagwerk von drei Spielern.

Die Geschichte zum Jubiläum wirkt durchaus angepasster als frühere Produktionen, die häufig Proteste bei konservativen Erziehern hervorgerufen hatten. Wurde damals auch „Pipi in der Kanne“ besungen, so gibt es diesmal nur einen ähnlichen Juchzer der kindlichen Zuhörer bei der Zeile “Ritter muss Pipi“.

In „Ritter Rost und der Schrottkönig“ geht es um ein von Wichteln verseuchtes Rohrpostsystem, aus dem die kleinen, bemützten Wesen Schrauben stehlen und sie an den Schrottkönig Schredder verkaufen. (Unwillkürlich denkt der erwachsene Zuhörer an Berichte über an Kinder-Banditen im nahen Polen, die in Gebieten ohne Arbeitsmöglichkeit davon leben, Kohlenzüge zu öffnen um die heraus fallenden Kohlen aufzusammeln und zu Geld zu machen.)

Da sich der Schredder durch überteuerten Verkauf von Altmetall längst eine „goldene Nase“ verdient hat, wird er zunächst für den Verursacher des Übels gehalten. Er lässt sich denn auch bereitwillig von Ritter Rost, der in letzter Reihe seine blechernen Ritter-Kollegen in den Kampf gegen den Altmetall-Magnaten geführt hat, festnehmen. Aber als sich seine Unschuld herausstellt, verbrüdert sich Schrottkönig Schredder mit König Bleifuß, dem Burgherrn des Ritters Rost.

Die von Jörg Hilbert als Autor und Illustrator in Personalunion gezeichneten, farbenfrohen Bilder der jüngsten Geschichte, wurden auf den eisernen Vorhang projiziert, während fünf Darsteller in unterschiedlichen Rollen sich auf wenige Requisiten beschränkten; unter denen fehlte nicht der sprechende Hut (den gab es in dieser Geschichte schon lange vor dem Pendant in „Harry Potter“!) des Burgfräuleins Bö, das seit zwei Dezennien Patricia Prawit wild rockig gestaltet. Jörg Hilbert fungiert auch als sprachlich versierter Erzähler, und Komponist Felix Janosa als Drache Koks verblüfft mit einer rasanten Tanzeinlage. Björn Dömkes lässt als Ritter Rost Stilmittel der komischen Oper in seinen Gesang mit einfließen. Mit Spielfreude steigen auch Uli Wewelsiep als Schrottkönig und Dieter Brink als König Bleifuß in die halbszenische Aktion ein, für deren Koordination gleichwohl ein Regisseur wünschenswert wäre.

Fragwürdig war der Einsatz einer Glitzerkugel, in der Leuchtkraft getoppt von zwei rotierenden Strahlern beim Song „Gut gemacht, Herr Kommissar“.

Nach 55 Minuten dann begeistertes rhythmisches Klatschen zur Schlussnummer. Dem folgte das Statement „Kein Konzert darf enden ohne einen Ohrwurm“, der dann erneut zu hören war, aber kindliche „Zugabe!“-Sprechchöre verlangten nach mehr – die Antwort „Na gut, okay!“

Die neue Geschichte der Kinderbuchreihe mit Noten und CD wird im nächsten Jahr auf den Markt kommen.

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