Die spieltechnischen Möglichkeiten von Polyphonie, vollgriffiger Harmonik, dynamischer Spannweite sowie im Laufe des 19. Jahrhunderts von Repetitionstechnik, zunehmender Anschlagsdifferenzierung und orchestraler Klangfülle machen das Klavier zu einem ebenbürtigen Widerpart des Orchesters.
Die Kombination beider lag folglich nahe und erfuhr seit Altmeister Johann Sebastian Bach zu verschiedenen Zeiten jeweils unterschiedliche Ausprägungen, die stets auch die gewandelten Verhältnisse zwischen Individuum und Gesellschaft reflektierten. Das Concerto Grosso des Barocks basierte auf einer klaren Entgegensetzung der Partien. Klassik und Romantik bildeten das brillante Virtuosenkonzert mit einem alles dominierenden Tastenlöwen und begleitendem Orchester heraus oder wahlweise einen symphonisch durchgebildeten Gesamtdiskurs gleichberechtigter Partner mit teils verdoppelter Orchester- und Soloexposition, Durchführung und Reprise, bei dem sich das romantische Ich in Gestalt des Soloklaviers keinem anonymen Kollektiv mehr gegenübersah, sondern als Gleicher unter Gleichen Teil der Versammlung ebenso solistischer Bläser- und Streicherstimmen war, mit denen sich in ein individuelles Frage-Antwort-Spiel treten ließ.
Während des 20. Jahrhunderts ging die Geschichte des Klavierkonzerts munter weiter, bei Arnold Schönberg, Igor Strawinsky bis hin zu Helmut Lachenmann, Mathias Spahlinger, York Höller, Beat Furrer, Hans Abrahamsen und vielen anderen. Und jetzt sorgen gleich drei neue Werke für weitere Fortschreibungen, Brüche oder Neuanfänge der Gattung. Den Anfang machen am 9. November die Uraufführungen der beiden Stücke „Noir dormant“ und „Why may?“ von Gérard Pesson in der Tonhalle Zürich (Solist Alexandre Tharaud). Es folgen am 23. November von Miroslav Srnka das „Konzert für Klavier und Orchester“ beim Festival Wien Modern im Wiener Musikverein sowie am 30. November Hugues Dufourts „On the wings of the morning“ für Klavier und Orchester im Rahmen der Reihe „Musik der Zeit“ des WDR in der Kölner Philharmonie (Solist beide Male Nicolas Hodges). Zuvor bietet dieselbe WDR-Reihe am 9. November zwei neue Bearbeitungen, einer Gabrieli-Sonata für Instrumentalgruppe von Johannes Schöllhorn, sowie von Luigi Nonos „… sofferte onde serene …“ für Orchester und drei Instrumentalgruppen von Paulo de Assis. Nonos originale Besetzung für Klavier und Tonband von 1976 wählte dagegen Karl Gottfried Brunotte für sein neues Stück „Conclave Concave“ nach Jean Paul, das am 10. November in Tolstefanz bei Küsten in Niedersachsen uraufgeführt wird.
Weitere Uraufführungen
- 01.11.: Karl Gottfried Brunotte, Trinitatis 365 nach Jean Paul, Leonhardskirche Frankfurt am Main
- 03.11.: Márton Illés, Ensemblewerk, Alte Oper Frankfurt
- 06.11.: Jan Müller-Wieland, 3. Streichquartett, Kasseler Musiktage
- 07.11.: Juliane Klein, „Allein“ Musiktheater, Festival Klangwerkstatt in der Brüdergemeinde Berlin Neukölln; Theo Brandmüller, Geheime Botschaften für Klarinettenquintett, GNM Mannheim
- 08.11.: Misato Mochizuki, Nirai für Orchester, Herkulessaal München; Osvaldo Budón, Las escaleras für Ensemble, ensemble aventure Freiburg
- 12.11.: Brian Ferneyhough, Finis Terrae für sechs Stimmen und Ensemble, Festival d’Automne Paris
- 11.11. Dieter Mack, Karya V, Musikschule Hildesheim
- 25.11.: Vadim Karassikov, The Absent für Flöte, Viola, Cello und Video, Festival rainy days Luxembourg