In Paris sollte Pommer ursprünglich für Fox Europe auch das Musical „Music in the Air“ produzieren, für das er Wachsmann verpflichtet hatte. Aber es kam anders. Anfang 1934 gab die Fox die Einstellung ihrer europäischen Produktion bekannt und Pommer landete in Hollywood. Und so wurde der Film in Hollywood gedreht. Mit an Bord: Franz Wachsmann, der nun Waxman hieß. „Music in the Air“ wurde zum Flop. Aber Waxman hatte noch einen anderen „Fan“ gefunden, den Filmregisseur James Whale, der begeistert gewesen war von seinem „Liliom“-Score. Und der ihn unbedingt für sein nächstes Projekt haben wollte: „Bride of Frankenstein“. Der Film wurde zum Klassiker des Horrorfilms. Und Franz Waxman wurde zum Hollywood-Komponisten, dessen Konterfei 1999 sogar eine Briefmarke schmücken sollte.
Der Sound Hollywoods
Drei Jahrzehnte lang prägte Franz Waxman den Sound Hollywoods, meistens zusammen mit seinem treuen Hausorchestrator Leonid Raab. Einige ihrer gemeinsamen Arbeiten hat Zechner anhand der Soundtrack-Alben analysiert. Die Auswahl reicht von „Humoresque“ über Hitchcocks „The Paradine Case“ bis hin zu „Peyton Place“ und „Taras Bulba“. Der Titel des Kapitels beschreibt exakt das Thema ihrer Analyse: „Die intermediale Konstruktion von filmmusikalischer Werkhaftigkeit bei Franz Waxman durch das Soundtrack-Album der 1950er- und 1960er-Jahre.“
Franz Waxman wurde in den USA oft als „seriöser“ „composer-conductor“ bezeichnet. Ein Begriff, der in Deutschland (sehr) erklärungsbedürftig ist. Ein ideologisch aufgeladener Begriff, der seit den vierziger Jahren einen bemerkenswerten Bedeutungswandel durchlief. Als „composer-conductor“ wurden Filmkomponisten wie Erich Wolfgang Korngold genauso vermarktet wie Leonard Bernstein. Und um diesen Begriff kreisen auch Zechners Ausführungen zu Waxmans Beitrag zum Los Angeles Musical, das zum Aushängeschild für die amerikanische Kulturpolitik des Kalten Krieges wurde.
1959 fielen in einer ORF-Sendung über Franz Waxman folgende Sätze: „Das Jahr 1933 nahm ihm in Deutschland jede Berufschance. Waxman ging wie viele andere Künstler ins Ausland.“ Für Zechner liegt diese Feststellung „wohl näher an der historischen Realität als viele auf dem meist unreflektierten Flucht-Narrativ basierende Studien zum Thema. Die Chance als Filmkomponist beruflich in Deutschland reüssieren zu können, war aufgrund der bereits beschriebenen Rahmenbedingungen auf dem Arbeitsmarkt und der damit verbundenden Perspektivlosigkeit äußerst gering. Franz Waxmans Karriere der Jahre 1929 bis 1935 mag in diesem Sinne tatsächlich eine weitere Emigrantenkarriere in Hollywood sein, die sich in ihrer spezifischen Ausformung und ihren Perspektiven allerdings wesentlich von denen vieler deutscher Musiker, Juden oder Filmschaffender unterschied, aber dennoch in einer gewissen Weise als typisch für Filmkomponisten gelten kann, vor allem wenn man diese aus der Perspektive der historischen Netzwerkanalyse betrachtet.“ Was 1959 noch merkwürdig geklungen haben mag, bestätigt Zechner 2024 durch ihre gründliche Studie, die zu einem Standardwerk der deutschen Filmmusik- und Exilforschung werden könnte.