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Der Verdi der Armen: „Zaubernacht“ – das erste Bühnenwerk von Kurt Weill erstmals auf CD

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Man kann es ja kaum glauben, dass es sich hier tatsächlich um die erst 2006 in der Bibliothek der Yale University gefundenen neun Orchesterstimmen handelt. Bis dahin war von Kurt Weills Kinderpantomime „Zaubernacht“ nur ein Klavierauszug vorhanden. Und man wusste um die Entstehung des kleinen Werkes des 22-jährigen Komponisten, damals Schüler von Ferrucchio Busoni.

1922 wurde es am Berliner Theater am Kurfürstendamm erfolgreich uraufgeführt: Die Besetzung besteht aus Streichquartett, Kontrabass, Flöte, Fagott, Klavier und zwei Schlagzeuge. Und mit einem wunderbaren Schwung kommt nun die Interpretation des Arte Ensembles – Solisten des NDR Radiophilharmonie – daher und überzeugt von der Begabung des jungen Weill. „Mich hat nie der Unterschied zwischen ernster und leichter Musik interessiert. Es gibt nur gute und schlechte Musik“, was natürlich auch heißt, es gibt keine Kinder- und Erwachsenenmusik.

Die „Zaubernacht“ ist eine tänzerische Pantomime, in der nach einem initiierenden Lied Spielzeuge – Ball, Hampelmann, Pferdchen, ein Kochherd u.a. - im Kinderzimmer zum Leben erweckt werden: Anlass für einen immer neu sprudelnden Reichtum an Rhythmen, an Stimmungen, an Charakterstücken, an Tänzen, an enormen solistischen Anforderungen.

Der ganze Spuk weist auf berühmte „Kinderstücke“: „Children's Corner“ von Claude Debussy (1906-08), die geniale Oper „L'enfant et les sortilèges“ von Maurice Ravel (1925), aber auch auf ältere Werke wie die „Kinderszenen“ von Robert Schumann (1838) oder auch die „Kinderstube“ von Modest Mussorgski (1870). Es kommt einer Entdeckung gleich, dass die mitreißende, in weitestem Sinne neoklassizistische Musik des jungen Weill hier mühelos standhalten kann.

Wegen des Uraufführungserfolges stellte Weill 1923 eine „Orchestersuite aus der Kinderpantomime Zaubernacht“ op. 9 her, im Ton schon so ganz der spätere Weill mit seiner so besonderen Auffassung von Musik: „Wir wollten in unserer Musik den Menschen unsrer Zeit sprechen lassen, und er soll zu vielen sprechen“, erläuterte er zu „Mahagonny“ und sein Lehrer Busoni fragte ihn „Was wollen Sie werden – ein Verdi der Armen?“. Weill antwortete: „Nun, wäre das so schlimm?“

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