Paris - Starpianistin Hélène Grimaud (46) bringt an diesem Freitag ihr neues Album auf den Markt. Unter dem Titel «Water» interpretiert die französische Musikerin Stücke von Komponisten zum Thema Wasser. Neben Melodien von Berio, Ravel, Liszt, Debussy, Janacek und Albéniz sind auch zeitgenössische Klänge von Nitin Sawhney zu hören.
Im Hintergrund ein nächtlich beleuchtetes Wasserbecken, auf der Bühne zwei Mini-Aquarien mit Quallen und in der Mitte ein schwarzer Konzertflügel von Steinway & Sons. In diesem Ambiente in der Pariser Fondation Louis Vuitton gab Hélène Grimaud kürzlich schon einen Vorgeschmack auf ihr neues Album: Auf «Water» (Veröffentlichung: 29. Januar) vereint die 46-Jährige Stücke von Komponisten des 19. und 20. Jahrhunderts, denen die Faszination für das Element Wasser gemeinsam ist.
Dafür hat Grimaud den britischen Komponisten, Remixer und DJ Nitin Sawhney mit ins Boot geholt. Der 51-jährige Musiker indischer Herkunft, der das Album auch produziert hat, schuf die Übergänge zwischen den Stücken von Luciano Berio, Maurice Ravel, Franz Liszt, Claude Debussy, Leos Janacek oder Isaac Albéniz - Passagen mit teils psychedelischen, teils folkloristischen Elementen.
Wasser sprudelt, rinnt, fließt und rauscht. Ebenso wie die Stücke, die Grimaud virtuos interpretiert. Die Auseinandersetzung der Komponisten mit dem flüssigen Gold der Erde hat zu ganz unterschiedlichen Klang-Entfaltungen geführt: Die von Albéniz sei sinnlich, die von Janacek poetisch, sagte Grimaud der Deutschen Presse-Agentur in Paris. Am ehesten entspreche jedoch die Auslegung von Liszt ihrem Charakter. «Sie bringt den Begriff von Metamorphose, Transzendenz und den Zugang zum Mystischen zum Ausdruck.» Das fasziniere sie sehr.
Mit dem Album habe sie ein Projekt realisiert, das ihr schon lange am Herzen lag, sagte Grimaud zu Beginn des Pariser Launch-Events im Auditorium des Museumsbau von Frank Gehry. An dem Album habe sie über zwei Jahre lang gearbeitet. Mit «Water» beschreitet Grimaud neue Wege. Die Musikerin bleibt zwar ihrem klassischen Repertoire treu, holt aber mit Sawhney höchst zeitgenössische Klänge und musikalische Einflüsse aus aller Welt in ihr Universum. Seine Musik sei eine wunderbare Synthese verschiedenster Musiktraditionen, sagt sie.
Grimaud ist eine engagierte Künstlerin. Sie hat ein Zentrum für Umwelterziehung ins Leben gerufen und ist Mitglied der Organisation «Musicians for Human Rights». Auch ihr neues Album ist mehr nur als eine Interpretation großer Komponisten zum Thema Wasser. Ohne Wasser gäbe es kein Leben, Wasser sei eine knappe Ressource, zu der viele keinen Zugang hätten. «Vielleicht kann ich mit meiner Musik für dieses Problem mehr Sensibilisierung schaffen.»
Helene Grimaud: Water
Deutsche Grammophon (Universal Music)
«Ich will Neues ausprobieren», Interview: Sabine Glaubitz, dpa
Frage: In einem Interview haben Sie das neue Album als Ihr persönlichstes bezeichnet. Warum?
Antwort: Das Thema Wasser ist mir sehr wichtig. Es ist der Urquell des Lebens und gleichzeitig gefährdet und knapp. Zudem war der Entstehungsprozess intensiver und hat auch länger gedauert.
Frage: Könnte man Sie als eine engagierte Künstlerin bezeichnen?
Antwort: Das müssen andere entscheiden. Ich versuche auf meinem Niveau das umzusetzen, was mir als Künstlerin möglich ist. Das mag bescheiden sein, ist jedoch kein Grund, nichts zu tun. Als Künstler kann man die Menschen ermutigen und ihnen helfen, zu sich selbst zu finden. Wir können sensibilisieren und Bewusstsein schaffen.
Frage: Sie arbeiten erstmals mit Nitin Sawhney zusammen, dem preisgekrönten Komponisten, Remixer und DJ. Kann man sagen, dass «Water» auch Ihr experimentellstes Album ist?
Antwort: Zweifellos, ich wollte schon immer mit einem zeitgenössischen Komponisten zusammenarbeiten. Und in Nitin habe ich jemanden gefunden, dessen Musik eine Synthese unterschiedlichster Traditionen bildet.
Frage: Wollen Sie damit das klassische Repertoire verlassen?
Antwort: Ich will Neues ausprobieren, aber nicht mein Repertoire wechseln. Mich reizt die E-Musik. Doch das klassische Repertoire ist so reich, damit kann ich mich noch Jahre auseinandersetzen.
Frage: Sie spielen die Wasserinterpretationen von neun Komponisten. Welcher Musiker kommt Ihrem Gefühl und Ihrem Bild von Wasser am nächsten?
Antwort: Das ist schwer zu sagen. Liszt bringt Metamorphose, Transzendenz und den Zugang zu Mystischem zum Ausdruck, Albéniz Sinnlichkeit, Janacek die Poesie, obwohl ich kein poetischer Charakter bin. Ich habe eher etwas von einem Stier, der die Dinge in Angriff nimmt.
ZUR PERSON: Hélène Grimaud wurde am 7. November 1969 im südfranzösischen Aix-en-Provence geboren. Als Sechsjährige begann sie mit dem Klavierspiel, und nur zehn Jahre später brachte sie ihre erste Platte heraus. Im Jahr 1990 folgte ihr USA-Debüt. Seit 2005 lebt Grimaud in der Schweiz.