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Frank Martin: Messe für zwei vierstimmige Chöre a cappella. Herausgegeben von Michael Ostrzyga. Partitur. Bärenreiter BA 11315

Frank Martin: Messe für zwei vierstimmige Chöre a cappella. Herausgegeben von Michael Ostrzyga. Partitur. Bärenreiter BA 11315

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Angelegenheit zwischen Gott und Komponist

Untertitel
Chorwerke von Mendelssohn, Martin und Puccini in Neuausgaben
Vorspann / Teaser

Felix Mendelssohn Bartholdy: Lauda Sion [op. 73] MWV A 24 +++ Frank Martin: Messe für zwei vierstimmige Chöre a cappella +++ Giacomo Puccini: I figli d’Italia bella („Cessato il suon dell’ armi“). Kantate für Tenor, Chor und Orchester SC 3

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Text

Felix Mendelssohn Bartholdy: Lauda Sion [op. 73] MWV A 24. Urtext nach der Leipziger Mendelssohn-Gesamtausgabe herausgegeben von Clemens Harasim. Partitur. Breitkopf & Härtel PB 5648

Zwischen 1845 und 1846, im Umfeld seines Oratoriums „Elias“, schrieb Mendelssohn mit der Vertonung der Sequenz „Lauda Sion“ sein umfangreichstes Stück katholischer Kirchenmusik. Wie ernst er diesen Auftrag aus Lüttich nahm, wo 1246 an der Kirche St. Martin zum ersten Mal das Fronleichnamsfest begangen wurde, zeigen seine umfangreichen Studien zum Texthintergrund, die Herausgeber Clemens Harasim in seinem ausgezeichneten Vorwort dieser praktischen, auf dem entsprechenden Band (2014) der Leipziger Mendelssohn-Gesamtausgabe basierenden Edition beschreibt. 

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Felix Mendelssohn Bartholdy: Lauda Sion [op. 73] MWV A 24. Urtext nach der Leipziger Mendelssohn-Gesamtausgabe herausgegeben von Clemens Harasim. Partitur. Breitkopf & Härtel PB 5648

Felix Mendelssohn Bartholdy: Lauda Sion [op. 73] MWV A 24. Urtext nach der Leipziger Mendelssohn-Gesamtausgabe herausgegeben von Clemens Harasim. Partitur. Breitkopf & Härtel PB 5648

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Wie stark ihn die Sequenz dann inspirierte, zeigt sein mit etwa 30 Minuten Spielzeit recht umfangreiches Opus, mit dem er einfühlsam den liturgischen Kontext berücksichtigte und einen gleichsam lichtdurchfluteten, italianisierenden Tonfall anschlug. Zu den Höhepunkten des qualitätvollen Werkes zählen das innige Solo-Quartett „In hac mensa“, die Verarbeitung der originalen Choralmelodie im „Docti sacris institutis“ und die darauf aufbauende Fuge „Sub diversis speciebus“, die in der posthumen Erstausgabe noch fehlte, von der aber seit den 1950er Jahren bekannt ist, dass sie bei der Uraufführung als Nr. 6 erklang (siehe auch die Carus-Ausgabe von 1996). Das Werk, das naturgemäß im Schatten des „Elias“ steht, hätte größere Aufmerksamkeit verdient. Hoffentlich kann diese schöne Ausgabe das Interesse an einer der wenigen fast vollständigen Vertonungen des Textes von Thomas von Aquin wieder wecken.

Frank Martin: Messe für zwei vierstimmige Chöre a cappella. Herausgegeben von Michael Ostrzyga. Partitur. Bärenreiter BA 11315

Anfang der 1920er Jahre schrieb der gut dreißigjährige Frank Martin eine doppelchörige A-cappella-Messe. Einfach so, für sich, wie er später immer wieder betonte. Wir dürfen uns glücklich schätzen, dass der Komponist seine Einstellung, wonach die Messe nicht für die Öffentlichkeit bestimmt war (eine „Angelegenheit zwischen Gott und mir“ sei sie gewesen, sagte er gegen Ende seines Lebens), später revidierte: 1963 erfolgte (nach Einzelaufführungen des Agnus Dei) die Erstaufführung, 1972 die erste Publikation. Sonst wären wir um ein sakrales Meisterwerk ärmer. Die Klarheit der Anlage, die Sparsamkeit der Mittel bei gleichzeitig maximaler Intensität spirituellen Ausdrucks und Schönheit des Vokalklangs sucht in der Chorliteratur des 20. Jahrhunderts ihresgleichen. 

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Frank Martin: Messe für zwei vierstimmige Chöre a cappella. Herausgegeben von Michael Ostrzyga. Partitur. Bärenreiter BA 11315

Frank Martin: Messe für zwei vierstimmige Chöre a cappella. Herausgegeben von Michael Ostrzyga. Partitur. Bärenreiter BA 11315

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Wie die von Michael Ostrzyga herausgegebene, mit einem ausführlichen, auch biografisch ausholenden Vorwort (deutsch/englisch) versehene Bärenreiter-Partitur zeigt, war eine Neu­edition des wunderbaren Werks durch den Originalverlag (trotz einer zwischenzeitlichen zweiten Ausgabe 2014) durchaus angezeigt. Ostrzyga begründet seine Revisionen nicht nur ausführlich im Kritischen Bericht (englisch), sondern ergänzt diesen auch durch ein frei im Internet verfügbares Supplement, das unter anderem einige Facsimiles enthält und alle später von Martin zurückgenommenen Textverteilungsänderungen beim Wort „elei­son“ verzeichnet. Ebenfalls Teil des Supplements sind die beiden französischen Werkkommentare des Komponisten – Übersetzungen ins Deutsche und Englische wären noch schön gewesen.

Giacomo Puccini: I figli d’Italia bella („Cessato il suon dell’ armi“). Kantate für Tenor, Chor und Orchester SC 3. Herausgegeben von Virgilio Bernardoni, Vorwort von Gabriella Biagi Ravenni. Partitur. Carus 56.151

2003 tauchte zu einer bis dahin als verschollen geltenden Wettbewerbskantate des jungen Puccini ein unvollständiger Stimmensatz auf; eine (u.a. den kompletten Tenorpart) frei rekonstruierende Version schaffte es ein Jahr später auf eine von Riccardo Chailly geleitete CD mit „Puccini Discoveries“. 2019 wurde dann die komplette Handschrift entdeckt, sodass nun Puccinis knapp 10-minütiges Original von 1877 verfügbar ist, das zunächst in Band III.1. der „Edizione Nazionale“ erschien und nun in einer praktischen Ausgabe (mit Aufführungsmaterial) vorliegt. 

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Giacomo Puccini: I figli d’Italia bella („Cessato il suon dell’ armi“). Kantate für Tenor, Chor und Orchester SC 3. Herausgegeben von Virgilio Bernardoni, Vorwort von Gabriella Biagi Ravenni. Partitur. Carus 56.151

Giacomo Puccini: I figli d’Italia bella („Cessato il suon dell’ armi“). Kantate für Tenor, Chor und Orchester SC 3. Herausgegeben von Virgilio Bernardoni, Vorwort von Gabriella Biagi Ravenni. Partitur. Carus 56.151

Text

Das nach Trompetenfanfaren von einem durchaus geschmeidigen Tenorsolo eröffnete Werk mündet in einen Verdi-nahen marzialisch-schmissigen Chorsatz (obwohl der Waffenklang doch eigentlich schweigen sollte), in den sich am Ende auch der Tenorsolist wieder einklinkt. Eine Sensation ist das Ganze gewiss nicht, aber es ist gut, dass statt eine spekulativen nun ein veritables Jugendwerk Puccinis begutachtet werden kann.

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