Gudrun Schröfel, Peter Schnaus (Hg.): Die Stimme der Mädchen. 158 Seiten (über MädchenChor Hannover, Seelhorststr. 52, 30175 Hannover).
Gudrun Schröfel, Peter Schnaus (Hg.): Die Stimme der Mädchen. 158 Seiten (über MädchenChor Hannover, Seelhorststr. 52, 30175 Hannover). Ein Mädchenchor? Immerhin ist es der derzeit wohl Beste in Deutschland. Und wer ihn und auch seine derzeitige Leiterin Gudrun Schröfel kennt, der weiß, dass in dem halben Jahrhundert nichts von seinem Elan verloren gegangen ist. Eigenartiger Weise (oder in der männerdominierten Geschichte auch wiederum nicht) hat der Mädchenchor im Gegensatz zum Knabenchor eine nur sehr lückenhafte Geschichte. Es war also durchaus ein zukunftsträchtiger Schritt, als im Mai 1952 Heinz Henning den Chor gründete, der dann schon ab Herbst dieses Jahres von Ludwig Rutt geleitet wurde (es wurde eine Lebensaufgabe, Rutt stand dem Chor ganze 47 Jahre bis 1999 vor). Literatur musste gefunden werden und da es mit der Tradition ein wenig haperte (freilich konnte man vieles umschreiben), machte man schon bald das beste aus dieser Situation: Man beauftragte Zeitgenossen, neue Literatur zu schaffen.Auf diese Weise sind die Ansprüche und auch das Vertrauen in das eigene Können kontinuierlich gewachsen und schon bald wurden breitere Kreise auf den enormen Chor aufmerksam. Schon 1956 machte man die erste Konzertreise, damals noch im engeren Raum, 1961 betrat man zum ersten Mal ausländischen Boden (die Reise führte nach Dänemark). Immer weiter wurden die Kreise, immer anspruchsvoller die Programme, immer professioneller trat der Laienchor auf. Heute steht der Mädchenchor Hannover dafür, dass ernsthaftes musikalisches Bewusstsein immer noch keine Chimäre ist. Es ist eine schöne, erfahrungsintensive und reiche 50-jährige Geschichte. Komponisten wie zum Beispiel Alfred Koerppen, Tilo Medek, Wilhelm Killmayer, Einojuhani Rautavaara, Petr Eben, Veljo Tormis oder Arvo Pärt und viele andere arbeiteten mit dem Mädchenchor Hannover zusammen, forderten neue Techniken und lernten selbst durch das Miteinander.
Zum Geburtstag hat man sich auch ein Buch geschenkt, einen Dokumentationsband (die Geschichte der Mädchenchöre ist zu Beginn in einem kenntnisreichen Aufsatz von Susanne Rode-Breymann wiedergegeben). Aber das Buch ist mehr. Durch seine schöne Aufmachung (lebendig und zugleich ohne großen Layout-Schnickschnack) und durch liebevoll zusammengestellte, gehaltvolle Texte zeigt es auf, wie musikalische Arbeit auf glückliche Art funktionieren kann. Dass Musik und Singen intensive Arbeit und Vergnügen zugleich sind, vermittelt sich ganz unmittelbar. Hier ist kein tröger Band, der eine Geschichte zusammen trägt, zu der man selbst kaum mehr Bezug hat (oder gegenüber der ein schlechtes Beschönigungs-Gewissen herrscht), hier ist ein Band, der im Rückblick den fortwährenden Aufbruch mitdenkt. Hierin gibt er Beispiel. Je mehr ihm in der Intention folgen, umso besser.