Michael Finnissy: Mississippi Hornpipes | Brett Dean: The Homage Etudes | Petros Leivadas: Nachtwachen | Walter Zimmermann: Voces Abandonadas | Johannes Maria Staud: Play Louder!

Neue Noten
Neue Noten 2025/03 – Vermischtes
1
Michael Finnissy: Mississippi Hornpipes (1982–97) für Violine und Klavier
Verlag Neue Musik Berlin. NM 4084 (Klavierpartitur und Stimme)
Stilrichtung, allgemeiner Charakter
Grundlage der Komposition ist ein komplexes Gewebe aus zunehmend kürzer werdenden Fragmenten amerikanischer Fiddle-Melodien. Die Synchronisation von Violine und Klavier wird hierbei allmählich zugunsten einer weitgehenden Unabhängigkeit der Instrumente aufgehoben.
Form, Struktur
Von einem zweistimmigen Tonsatz ausgehend, ist das einsätzige Stück durch Anwachsen von rhythmischer Komplexität und kontrapunktischer Dichte geprägt, was bis hin zu einer vollständigen Auflösung der Tempo- und Metrumrelationen zwischen den Stimmen führt.
Notation, Dauer, Schwierigkeit
Die rhythmische Notation bezieht zahlreiche irrationale Verschachtelungen mit ein; der Violinpart enthält vereinzelte Mikrointervalle; der Klavierpart ist gelegentlich nur in einem System notiert.
Dauer: ca. 10 Minuten
Schwierigkeitsgrad: sehr schwer
Kommentar
Neben einer rhythmisch korrekten Wiedergabe der Einzelstimmen liegt das Hauptaugenmerk bei der Wiedergabe auf der schwierigen Koordination von Violine und Klavier. Obgleich die Musik auf erweiterte Spieltechniken verzichtet, setzt sie erfahrene Interpreten voraus.
2
Brett Dean: The Homage Etudes (2009–23) für Klavier
Boosey & Hawkes - Bote & Bock, Berlin. BB 3574
Stilrichtung, allgemeiner Charakter
Die elf Etüden sind als Hommagen an Komponisten wie Johann Sebastian Bach, Johannes Brahms, Franz Liszt, Leoš Janáček oder György Kurtág konzipiert und setzen sich mit stilistischen Merkmalen und satztechnischen oder pianistischen Fragestellungen aus deren Musik auseinander.
Form, Struktur
Jedes Stück hat einen individuellen, aus der zugrundeliegenden Idee abgeleiteten Formverlauf. Die kompositorischen Verfahren reichen von der Choralbearbeitung („Hommage à Bach: II. Chorale“) bis zur Verarbeitung idiomatischer Eigenheiten eines Komponisten („Hommage à Kurtág“).
Notation, Dauer, Schwierigkeit
Neben der gelegentlichen Verwendung von drei oder vier Systemen und einer taktstrichlosen Etüde gibt es keinerlei Besonderheiten der Notation.
Dauer: ca. 30 Minuten Gesamtspielzeit
Schwierigkeitsgrad: schwer bis sehr schwer
Kommentar
Die Etüden lassen sich als vollständiger Zyklus aufführen, können aber auch in Form ausgewählter Stücke Eingang in Konzertprogramme finden. Besonders reizvoll ist in diesem Fall die Kombination einzelner Hommagen mit Originalwerken der entsprechenden Komponisten.
3
Petros Leivadas: Nachtwachen (2022) für Percussion-Quartett
Edition Gravis, Brühl. eg 3008, Reihe „Schlag>|<Art“ (4 Spielpartituren)
Stilrichtung, allgemeiner Charakter
Die Komposition befasst sich mit Phänomen des Übergangs und stellt das durch Veränderungen von Tonhöhen, Rhythmen und Klangfarbenmischungen vollzogene Fortschreiten zwischen genau umrissenen Situationen in den Mittelpunkt.
Form, Struktur
Drei durch ihre Titel in Bezug auf den musikalischen Charakter festgelegte Teile (I. „Spekulativ und mystisch“ – II. „Geheimnisvoll und stolz“ – III. „Mit unruhiger Ruhe“) werden durch prozesshafte Übergänge zu einem einsätzigen Formverlauf verbunden.
Notation, Dauer, Schwierigkeit
Die Partitur enthält keinerlei ungewöhnliche Notationssymbole.
Dauer: ca. 15 Minuten
Schwierigkeitsgrad: schwer
Kommentar
Unter assoziativem Bezug auf August Klingemanns Erzählung „Die Nachtwachen des Bonaventura“ komponiert, fordert das Stück die vier Ausführenden durch ständige klangliche Veränderungen und deren enge gegenseitige Verzahnungen.
4
Walter Zimmermann: Voces Abandonadas (2005–06) für Klavier
Verlag Neue Musik Berlin. NM 4033; auch als Aufführungspartitur ohne zugrundeliegende Texte (NM 4281)
Stilrichtung, allgemeiner Charakter
Die Komposition besteht aus einer Abfolge von zahlreichen individuell gestalteten musikalischen Situationen, mit denen Zimmermann die Sprache der 514 Sentenzen aus Antonio Porchias Buch „Voces Abandonadas“ in Musik zu übersetzen versucht.
Form, Struktur
Oft nur eintaktige Gebilde von unterschiedlicher klanglicher Beschaffenheit sind zu einer Großform verknüpft; musikalische Verbindungen zwischen einzelnen Abschnitten ergeben sich durch Verwendung ähnlicher kompositorischer Mittel bei sich wiederholenden Wortfeldern.
Notation, Dauer, Schwierigkeit
Die herkömmliche Notation ist durch zusätzliche Symbole für besondere Spieltechniken und Vortragsweisen angereichert.
Dauer: ca. 40 Minuten
Schwierigkeitsgrad: schwer bis sehr schwer
Kommentar
Der Abdruck der zugrundeliegenden Sentenzen über dem Notentext ermöglicht es, Einblicke in Zimmermanns Umgang mit dem literarischen Bezugspunkt zu gewinnen und seine Wahl spezifischer pianistischer Ausdrucksmittel besser nachvollziehen zu können.
5
Johannes Maria Staud: Play Louder! (2023) für Trompete und Klavier
Breitkopf & Härtel, Wiesbaden. Edition Breitkopf 9553 (Partitur und Stimme)
Stilrichtung, allgemeiner Charakter
Die Komposition ist als unermüdlich vorwärtstreibendes Lautstärkeduell konzipiert: Über akzentuiert und staccato gehämmerten Klavierakkorden erklimmt der Trompetenpart in mehreren, auf den Spitzentönen abreißenden Aufstiegen crescendierend das hohe Register.
Form, Struktur
In einer wellenartigen Verlaufsform wird die zu Beginn definierte klangliche Situation variiert und zu immer neuen dynamischen Extremen ausformuliert, bis beide Instrumente im äußersten Forte abbrechen, um danach gemeinsam kurz in Stille zu verharren.
Notation, Dauer, Schwierigkeit
Die dynamisch ausgefeilte Notation wird durch verbale Anweisungen sowie durch einfache Symbole für Cluster und Glissandi ergänzt.
Dauer: ca. 3 Minuten
Schwierigkeitsgrad: sehr schwer
Kommentar
Die effektvolle Komposition, Bearbeitung des zweiten Satzes aus „Jittering Directions II“ für Sopran und Klavier, fordert die beiden Mitwirkenden auf jeweils individuelle Weise und eignet sich hervorragend als Zugabestück.
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